NOVEMBER-BIOTOP…

… AM ALTEN BAHNHOF

NOVEMBER-BIOTOP BAHNHOF…

der klälteeinbruch, der auf sich warten läßt, spielt auf meinem biotop eine wunderbare rolle – einige blüten schmücken den streifen längs der bahnhlinie noch. verschiedene, die nicht unbedingt von der kälte abhängig sind, sondern ihre zeit abgelaufen ist aus anderen gründen, ziehen sich zurück, fast möchte ich sagen – in sich zurück – und versuchen sich in den brauntönen.
ich werde beobachten, welche im nächsten jahr wieder erscheinen und welche einmalblüher/innen sind. sicher kommen auch noch neue hinzu, die es diesmal nicht gleich bis ans licht gebracht haben.
ich erfreue mich an allen, den kommenden und den gehenden. die abwechslung läßt mich auf der lauer liegen.

ns
dies ist mein TAGEBUCH und die wiederholungen zeigen die veränderungen auf….

BAHNHOF LADESTRASSE…

DEM ENDE ENTGEGEN…

es schreit zum steinerweichen – hält die ohren steif – und dotzt mit aller kraft die großen brocken klein. die werden verladen und weggeschafft zum recycling. der wegschlepper hat eine nummer aus dem kasseler raum.

der kasseler hauptbahnhof, der längst nur noch die nähere umgebung bedient, ist noch immer als hauptbahnhof beschildert. die unterkellerung muß noch dran glauben, dann ists gut – für was auch immer.
immer wieder reizvoll die freigelegten zerreiß- und abbruchbrocken vor dem nun freiwerdenden blick. ich halte jede kleine veränderung fest. das erinnern ist jetzt schon nicht ganz leicht.

ein einziger arbeiter baggert sich durch den bruch, lädt schaufel für schaufel alles auf einen riesigen lastwagen, eigens für solche transporte vorgesehen.
mir geht es noch nicht wieder so gut, als dass ich ihm oder ihnen, es sind zwei riesenteile, nachfahren könnte, um zu sehen, wo alles receycelt wird. frage demnächst einfach, wo sie abbleiben mit dem zeugs…
was mit dem freigeräumten platz passiert, weiß ich auch noch nicht.

BAHNHOF LADESTRASSE II…

achja: DIE BUDE IST WEG…

habe ich ja auch noch nicht – also, die bude ist weg. gelauert habe ich eine ganze lange weile und zum schluß noch am boden gesessen und gefilmt, wollte zeugin sein für das, was war und das, was nun nicht mehr ist. ich nenne sie buden an der ladestraße.
2014 wurde die andere seite abgerissen – also der zoll- und verladebahnhof – nun der rest.
lange standen sie leer – die buden – lange liegt es brach – das abgerissene land, auf dem fraunhofer bauen will. gut ding will ja weile haben – aber da ist sicher nicht die wartezeit – also die leere zeit – gemeint.

der vordere, weiß angestrichene, teil der buden soll stehen bleiben. wozu denn das – ich bin neugierig. niemand weiß von was, auch die bahnhleute nicht. der abgerissene teil war wie ein schutzwall – schall- und sichtmäßig. waren es seinerzeit die autos, die waren brachten und holten, sind es jetzt die kvg-busse, die am ende der ladestraße ihren rast- und wendeplatz haben. mit einem höllentempo fahren sie ein und wieder aus und teilweise im minutentakt. gar nicht so fraunhofer-like und mir gefällt das auch nicht.
am freitag ist die abrissfirma nicht da – da könnte ich… aber ich liege schmerzgeplagt auf meinem sofa – ischias hat mich im griff. laufen war nicht und sitzen war nicht und somit schreiben war auch nicht und erst heute…
wenigstens habe ich das letzte mäuerchen, das letzte fenster, den letzten stein noch im bild festhalten können. wenn sie wüßten, diese dinge, dass ich sie gebannt habe für immer, wären sie vielleicht nicht so traurig und eher neugierig auf das, was nun kommt, zwar voneinander gegtrennt, aber wer weiß…

BAHNHOF LADESTRASSE II…

WEG VOM FENSTER…

hier müßte es eher heißen: die fenster sind weg. als ich die bilder machte, waren sie noch da – nun sind nicht nur die fenster weg, die ganze bude ist weg…

etwas festhalten, wie es war – die erinnerungen unterstützen. und ich sage mir – das ist kunst. im bild sind sie schöner als in wirklichkeit – die fenster. die erinnerung sagt noch einmal etwas anderes – die verblasst eher. nicht unbedingt – sie kann auch schönreden. was ist schon erinnerung – und warum sollen wir uns an so etwas erinnern – fenster in den hallen der ladestraße… bleibt – warum sollen wir uns überhaupt erinnern – sollen wir das?

BAHNHOF_LADESTRASSE II…

ZWISCHENBERICHT…

dass es der zweite teil des BAHNHOFS der VERSCHWUNDEN IST und den anschluß von 2014 ist, macht es mir wichtig, dass ich auch diesen teil fotografisch festhalte. LADESTRASSE II heißt, dass es der gegenüberliegende gebäudezug war vom ZOLL- UND VERLADEBAHNHOF.

BAHNHOF_LADESTR5ASSEII_BAGGEREI_ABRISS_13.111BAHNHOF_LADESTR5ASSEII_BAGGER II IM GEGENLICHT_13.113war kann ich nun sagen, fast ist er ganz verschwunden bis auf einen rest der heute nicht mehr entsorgt werden kann, weil die telekom den strom noch nicht abgeschaltet hat, wie mir der aufsichtsmensch von der firma bock erzählt. auch wissen sie noch nicht, wo sie den bauschutt endlagern können.
na, das sind ja keine kleinen probleme. ich erwische grad noch kurz vor 12 uhr ein paar fotos, denn glockenschlag zwölf, nein fünf minuten vor zwölf, macht sich der baggermensch auf in die mittagspause.

BAHNHOF LADESTR. II_GÖTTIN IN STEIN_P1700220 BAHNHOF_LADESTR5ASSEII_STEINKUNST_13.11 BAHNHOF_LADESTR5ASSEII_STEINRESTE MIT HINTERGRUND_13.112ich fahre später noch mal vorbei, schlage mich auf die kunstseite – STEINBROCKEN könnte ichs nennen – traue mich mal wieder nicht auf die rückseite der abrissstelle, denn da darf ich ja auch nicht hin. vielleicht kommt meine zeit noch, wenn die gefahr der herabstürzenden hausteile gebannt ist.
weil ich ja eigentlich nur mal vorbeischauen wollte und nun doch ein paar passable fotos gefangen habe, bin ich ganz zufrieden.
BAHNHOF_LADESTR. II_FENSTERREST_P1700291 BAHNHOF_LADESTR. II_GITTERGLASFENSTER_P1700289

LADESTRASSE II_ABBRUCH 2017…

ALTER HAUPTBAHNHOF NORD…

BAHNHOF LADESTRASSE II_vorwärts mitte rückwärts_07.11nicht so spektakulär wie der abbruch des ersten teiles der ladestraße 2014 – zoll- und verladebahnhof – ist der übriggebliebene. die besitzverhältnisse erschwerten und erschweren das vorankommen und  das nichtvorhandene geld – stadt, bahn, fraunhofer – teilen sich diese verwegene gegend.

BAHNHOF LADESTRASSE II_BACKER_07.112 BAHNHOF LADESTRASSE II_ROTER BACKSTEIN_07.111erledigte die abräumarbeiten 2014 eine hiesige firma – denis schnittger – ist die vergabe diesmal an eine auswärtige firma gefallen – stock, hünfeld.
vier wochen soll das ganze dauern – erzählte mir der bauleiter der firma. ganz schön schnell vorangekommen ist der abreissbagger. nicht so aufreisserisch wie bei schnittger auf dem doch viel größeren gelände, mit den vielen tätigkeitsfeldern, ist dieser teil.

BAHNHOF LADESTRASSE II_HAUSREST MIT HALBEM DACH_07.113BAHNHOF LADESTRASSE II_DEFEKTES BAGGERMAUL_07.115das ganze zu dokumentieren und mein eigener anspruch, meine kunst auch noch zu bedienen, ist ganz schön verwegen. genauer gucken, geduldiger gucken, fantasievolles blicken – naja, irgendwie ist das zu machen und mit jedem besuch wird es spezieller. die ästhetik ist ja immer vorhanden, aber sie aufzuspüren ist jeweils wieder eine neue herausforderung. auch der geringste abfall hat noch seinen reiz und auch seine ästhetik, wenn ich ihn ins rechte licht rücke. ich schenke ihm meine aufmerksamkeit und registriere die veränderungen, das ist eine enorme anstrengung.

BAHNHOF LADESTRASSE II_RÜCKSEITE_07.114BAHNHOF LADESTRASSE II_KUNST_STEINRESTE_07.116die veränderungen erzählen spannende geschichten und mein geist hüpft hin und her, um sie zu finden.
die liebe zum detail und die überzeugung, dass es nichts geringfügiges gibt, dass alles seinen stellenwert hat, vermag das. das ist eine innere einstellung – meine.

ABBAU BAHNHOF LADESTRASSE…

ZWEITER TEIL…

als hätte ich es gerochen – etwas treibt mich an diesen ort. der zuständige – wie gerufen – erklärt mir, was passieren wird und wie lange es dauern kann. der bagger kommt heute nachmittag.

BAHNHOF LADESTRAßE II_ABBRUCH_P1690730 LADESTRAßE II_ABBRUCH_P1690733 LADESTRAßE II_ABBRUCH_P1690737

die arbeiter sind dabei, das ganze zu entkernen – sagt man wohl. ich sichere den iststand und fotografiere einmal um den bau herum. in einen der räume wage ich mich hinein. die tür ist nur mit einem stein gesichert. viel zeugs liegt herum – zu viel. und asbest – ist das nicht sonderabfall…

BAHNHOF_LADESTRASSE II_ABBAU_wieder einmal bin ich auf einer rampe in mäßigem abstand – fotoabstand. am abschluß eine kleine mit brombeerranken umwundene treppe. zwei autos von der bahn – mannsbesetzt. ich frage nach dem stand der dinge. sie sind verantwortlich für die sicherheit, passen auf, dass sich niemand zwischen die bautätigkeiten verirrt, sitzen in ihren autos – ein bißchen langweilig ist das schon – sagt einer. morgen wirds besser.
nein, hinter die absperrung und in die räume darf ich nicht.

BAHNHOF_LADESTRASSE II_ABBAU_1 BAHNHOF_LADESTRASSE II_ABBAU_3ich schaue mir noch das biotop auf der gegenüberliegenden seite an und fotografiere. der baubeginn von fraunhofer ist noch nicht imgange, obwohl der spatenstich auf dem sandberglein schon eine weile her ist – warum gehts wohl nicht los.

die ersten baugeräte treffen ein und ich mache mich für heute vom acker. der offizielle abbruch beginnt ja erst morgen – also am 26. oktober 2017. eine lange, lange lücke, wie ich finde, seit 2014 und dem abbruch des zoll- und verladebahnhofs…

BEREIT ZUM ABSCHIED SEIN UND NEUBEGINNE…

ROSADORAS FILM
von christina ecknigk OK
SÄCKE_P1240275_bearbeitet-1

finissage

kein müdes lächeln
lautes klatschen

herr h. von fraunhofer
hatte sich den film schon
dreimal im netz angeschaut
wollte ihn – hier zur finissage –
aber noch einmal sehen

ein paar bilder
nicht die ganze ausstellung
aber den film –
das könnte er sich vorstellen
für den neubau

Ein wirklich guter Film.
Gut in Bild und Ton.
Er müsste eigentlich im hr abends laufen.

schreibt hermann-josef rapp
jupp – ein freund
wald- und urwaldspezialist
der schon zahlreiche bücher geschrieben
und immer wieder filme über ihn

anrührend
stellt elke fest
nun bin auch ich gerührt
ich sage oft
dass ich mir aus lob nichts mache
und dann ist es doch
an- und auftrieb für neues

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

h. hesse

SACKWEISE…

EIN BAHNHOF VERSCHWINDET…

der bahnhof ist verschwunden – die film- und fotoausstellung auch – 3 monate – immerhin.

zur finissage der auftritt der weißen säcke – SACKWEISE – reihenweise, vereinzelt, verbunden auch – ein kunststück, wie mir die kunst nicht nur sack- sondern auch haufenweise – auch vereinzelt – zwischen meinen film- und fotoarbeiten auf dem bahnhofs-abbruchgelände begegnete – nicht unbeachtet – mir im nachhinein noch gedanken entlockend, mich ergreifend – eben wie sahnetörtchen.

die schau ist aus – es beginne die schau…

SACKWEISE

sackbahnhof eh
am ende der welt
mitten in deutschland
abgehängt
den zoll- und verlade
ganz und gar beglichen

auf freiem acker
erdmassen
verfeinert mit kalk
säcke
aneinandergelehnt
wie ein chor
ich lausche
ich schaue
begeistert
fange ich bilder
lasse sie tönen
singen auch
und freundlich schaun
ohne himmel
stehn sie geerdet
wolken
ziehn sie nach oben
regen löscht
nebel vertuscht
schmeichelsonne
lässt sie leuchten
in weißem weiß
mal blau
mal rot
mal grün gefaßt
auch ganz weiß
mein lieblingsmodell

an den schleifen
nein
nicht getragen
vom aufspießbagger
verhoben und versetzt

die säcke
sie schmücken
sie locken auch
fordern mich heraus
ein bild zu machen
dazu noch
schön in pose gesetzt
wie stars am nebelhimmel
wie geduckte im regen
und strahlende
mit der sonne um die wette

fotogen sind sie
zwischen den erden
die einzig leuchtenden
aufmerksamkeiterheischenden
und
verführbar ich
ein guter ausschnitt
läßt mich erweichen
fügt foto an foto
und da ist sie
die erinnerung
festgehalten
zum erstaunen
und nachsinnen

am flüssig-erden-terminal
kein kalk
carbofill E2
so weiß
wie der kalk
nicht zu unterscheiden
sie waren die ersten
die mich verblendeten
mit ihrem weißen weiß
schön angelehnt
mit verlockendem
hintergrund
an grüner brandkasse
sackähnlich
gegen blauen himmel
zauberfarben
wie sie sich mischen
mich bildschaffend
locken und begleiten

gegen schlamm
nicht minder schön
als gegen erdberge
plötzlich überall
tauchen sie auf
wie sahneschäumchen
auf dunklem grund
ermuntern
in diesen massen
aufbau
und es wird wieder werden

wie puderzucker
auf braunen erdhügeln
weißer zauber
das erbraun mildernd
wie schneebedeckt
die täuschung
ist gelungen
weißbraune kunst
das bild zeigt sie
effekt nicht nachprüfbar
es ist nur
was du siehst

ich liebe sie
diese weißen blickfänger
liebe sie mehr
als sahnetörtchen
streichle sie auch
im vorübergehn
mir wird warm
sie sind aufgeladen
vor werdensfreude
genießen
für einige tage
den tagtraum
bevor man
den kalk den weißen
einbringt
in dunkelstes dunkel
erdvermischt
zur anreicherung
fruchtbringender erden

nach 3 jahren noch
gehen sie mir nicht
aus dem sinn
der kalk über den acker
wie puderzucker
und wohin die leeren säcke

rosadora

EIN BAHNHOF VERSCHWINDET…

FINISSAGE…

am montag, 28. august um 18 uhr – die künstlerin ist anwesend –  wird die bahnhofsausstellung beendet.
juni – juli – august – für 3 monate erinnerten sich viele kasseläner/innen an einen der ausstellungsorte der documenta 13. auch documenta-besucher/Innen der d14 ließen sich durch die ausstellung führen und lauschten gern den damit verbundenen geschichten.

der film – ein portrait der künstlerin rosadora für den zeitraum des abbaues
des zoll- und verladebahnhofs – fand großes interesse. er wurde am mittwoch dieser woche noch einmal im fernsehen des offenen kanals gezeigt. außerdem ist er abrufbar im netz unter:

http://www.mediathek-hessen.de/index.php?ka=1&ska=suche&suchwort=ein+bahnhof+verschwindet

das STADTMUSEUM KASSEL übernimmt die gesamte ausstellung. eine große ehre für die künstlerin – kasselänerin  – in kassel geboren – in kassel studiert.
die abbauarbeiten der firma dennis schnittger werden in szene gesetzt, den arbeitern als denkmal.
mit den bildern wird der zoll- und verladebahnhof und damit ein teil stadtgeschichte in erinnerung bleiben.