ROBERT-WALSER-SOMMER

der dritte robert-walser-sommer ist eröffnet…

am 15. april (robert walsers geburtstag) wurde im cinétreff in herisau der film
DER VORMUND UND SEIN DICHTER von percy adlon (frei nach carl seeligs ‚wanderungen mit robert walser’) gezeigt.
die filmmatinée war – ungeachtet des ostersamstags – ausverkauft bis auf den letzten platz. ich war erstaunt und überrascht gleichermassen über so viel interesse. zum teil hatte ich den film, der 2003 bei sat 3 zu sehen war, schon gesehen. die originalschauplätze, an dem der film 1978 auf 16 mm agfa negativfilm aufgenommen wurde, kenne ich zum grossen teil. ich werde sie mir mit wanderungen durch das jahr wieder in erinnerung rufen, vor allem die sommerliche landschaft. (der film wurde, aus kostenersparnis, ausschliesslich im winter gemacht.) robert walser und carl seelig waren ja nicht nur, wie im film, im winter unterwegs.

rolf illig, der den walser spielt, erscheint in den ersten einstellungen viel zu riesig. ich stelle mir robert walser eher klein und schmächtig , vor allem hager vor. im laufe des filmes vermischt mir fast das gesicht des schauspielers mit dem des dichters.

ich schliesse die augen hin und wieder, damit mir das zu kräftige gesicht und die zu übertriebenen bewegungen des illig nicht so nachlaufen. versuche (meine) wirklichkeit ins spiel zu bringen. es wird tage dauern, bis ich alles wieder dahin kriege, wo es hingehört.
es ist im film (für mich) eher wie ein letztes jahr mit letzten spaziergängen, denen alle anderen innehaften. sein todestag liegt im winter, am 25. dezember, und der schnee steht für ‚letzte tage’ als symbol des sterbens.

robert walsers ‚eigenarten’, die im film gezeigten und nachgestellten, reizten die leute zum lachen. ich fand die szenen nicht so sehr ‚komisch’. aber sie lachen ja auch über einen verrückten, der ihnen in der wirklichkeit begegnet aus unwissenheit und fehlendem einfühl¬vermögen. der ‚veranstaltung’ tats trotzdem gut. so waren die menschen noch frei für eine anschliessende kleine geburtsttagsfeier im herisauer museum.

man traf sich beim apéro. man stand und sass und sprach. erst nachdem fast alle gegangen waren, vertiefte sich mir ein gespräch mit einem jungen mann, von dem mich interessierte, wie er denn an robert walser herangekommen ist. er war mit seinem vater da, aber er selbst interessiere sich schon für robert walser und er schreibe auch und kenne das gefühl des ‚komischen kautzes’, der man ist, sofern das geschriebene vom herkömmlichen abweicht.
zuletzt platzierte (so sagt man schweizerisch) sich noch ein älterer mann zu mir an den tisch. das mittagessen bei seiner frau hatte er abbestellt. wir unterhielten uns angeregt, eher aber über kunst und über moderne architekten, wie frank o’ gehry, der entwerfer für bilbao. er kenne noch modernere entwürfe, des finnen alvar aalto z. b., mit dem klaren unverkennbaren finnischen stil, und einen schweizerischen, der ein schulgebäude aus glas im entwurf hat, der die klarheit im baustil prägen wird.
wir hätten wohl tagelang noch so weiterreden können.
ich bin neugierig auf all die anderen begegnungen im rahmen des robert-walser-sommers.

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