DIE ORDNUNG AUF JÜDISCHEN FRIEDHÖFEN…

und die auf dem jüdischen friedhof kassel

israelische glaubengrundsätze, zu denen die unantastbarkeit der totenruhe gehört, gewähren den gräbern und grabmalen ein ewigkeitsrecht. in die ewigkeit ‚wachsen’ können die jüdischen friedhöfe auf diese weise.

DIE GRÄBER AM 25. APRIL 2010

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dass das auf dem kasseler jüdischen friedhof nicht der fall ist, musste ich gestern schmerzlich in augenschein nehmen.
gräber, die auf idyllische weise mit efeu umrankt waren, sind nun kahl, der boden umgegraben und gras eingesät. es hat mir das herz umgedreht – diese ordnungsliebenden und verordnungswilligen menschen.
von unantastbarkeit und ewigkeitsrecht nichts zu spüren. wer dies beschliesst und verordnet toleriert die gepflogenheit der juden nicht, nimmt die verfolgung auf über den tod hinaus.
die ausführenden können nichts dafür. aber unwissenheit und gehorsam ist schon immer das übel in der welt gewesen und wird es immer sein.

DIE GRÄBER AM 31. AUGUST 2010

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und dieses wegreissen des gewachsenen ist nicht das einzige. da sind zwei grabstätten hergerichtet worden, in schwarzem marmor, so glänzend gold beschriftet, dass es mir übel wird. auf diesem friedhof wird schon seit vielen jahren niemand mehr beigesetzt. dafür gibt es den neuen friedhof seit 1932.

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endlich unantastbarkeit wünsche ich mir für diese toten, die für mich lebendiges zeugnis ablegen.

11 thoughts on “DIE ORDNUNG AUF JÜDISCHEN FRIEDHÖFEN…

  1. Ach, wie schrecklich. Das anzugucken, tut mir in der Seele weh. Wir haben hier einen ganz kleinen, schon lange geschlossenen Friedhof, dessen Zauber gerade darin liegt, dass alles wächst, wie es will. Ich verstehe das bei euch sowieso nicht, denn soviel ich weiß, ist es nicht erlaubt, so einen Kahlschlag zu veranstalten. Wieviel Unwissenheit!

  2. Kaum zu glauben, was du uns da zeigst. Hier in Kiel ist ein kleiner jüdischer Friedhof auch nicht zugängig.
    Hab noch einen angenehmen Tag. LG von Gabriele

  3. dazu mal das von luisa francia, passt überaus:

    natürlich habe ich mir gestern die 3sat sendung über ordnung und schlamperei angeschaut. es war echt witzig. der mann, der als die ordnung selbst dargestellt war, erschien mir am chaotischsten. er führte über jeden flötenton buch und in urlaub fährt er mit seiner frau nur noch mit plastikkisten, weil man die so gut stapeln kann. ein ordnungsspezialist, dessen namen ich sofort verdrängt habe, weil ich ihn so gruselig fand, bekommt 1500 euro dafür dass er den leuten sagt, sie sollen die schubladen nicht von links nach rechts aufräumen sondern ausleeren und aussortieren. er behauptet auch, nur wer ordentlich ist, kann grosses schaffen. bullshit. schaut euch mal die häuser/ateliers von louise bourgeois, francis bacon, picasso, brancusi oder alexandra david-neel an – chaos total, aber kreativ, unangepasst. die sehr ordentliche virginia woolf hat zwar grosses geschaffen, sich aber umgebracht. natürlich will ich damit nicht sagen, dass sie sich wegen ihrer ordentlichkeit umgebracht hat. ich glaube aber, dass menschen, die mit ihrer kreativität in balance sind äußere ordnung nicht so brauchen.
    mein hauptargument gegen akribische ordnung und pedantische auflisterei ist die judenverfolgung der nazis. sie haben alle namen von ermordeten dokumentiert, alle brillen auf einen haufen, alle gebisse auf einen haufen, die leichen ordentlich entsorgt.
    ordnung mag ja irgendwie wichtig sein, aber der wilde geist ist doch das wesentliche.
    sowieso hat die ganze problematik damit angefangen dass wir nicht mehr beweglich sind. als nomadInnen konnten wir nicht viel anhäufen. wir mussten uns bewegen, trugen unsere schätze am körper. so gehts mir heute noch: seit fast vierzig jahren fülle ich zwar mühelos wohnungen mit 140 oder 160 quadratmetern, doch wenn ich reise habe ich nur eine kleine handgepäckstasche.

  4. Nachvollziehbar ist diese kahlschlagmässige Aufräumaktion jedenfalls nicht. Wie schade um die frühere Dornröschenstille…

    Ich kann verstehen, dass dir das Herz blutet.

    Liebe Grüsse,
    Brigitte

  5. es liesse sich natürlich auch alles von einem anderen standpunkt aus betrachten.
    sogar eine gewisse fürsorge liesse sich argumentieren.
    aber sie achtet nicht die jüdischen friedhofsgesetze.

    danke euch, dass ihr trotzdem gewagt habt, hinzuschauen.

    rosadora

  6. Wahrlich erschütternd, was du uns da zeigst, liebe Rosadora. Wen stört das Gewachsene, Idyllische und das Zeugnis aus einer anderen Zeit? Zumal, wie du schreibst, dort niemand mehr begraben wird?
    Ein Ort des Freidens und der letzten Ruhe wird behandelt wie ein neues Baugrundstück!

  7. die menschen könnens nicht lassen, der natur immerwieder ins werk zupfuschen. im urwald stelle ich das ebenso fest. da wird geräumt und gesägt und und und…

    danke anna-lena
    rosadora

  8. nicht nur auf Friedhöfen ist es so. Bei uns gibt es Gärten da bearbeiten die Besitzer täglich ihren Rasen und jedes Pflänzchen und Blümlein wird vernichtet. Grauenvoll. !!!
    Dann wundern sich die Menschen wenn sie keine Bienen, Schmetterlinge u.s.w. sehen.
    Zum Glück lebe ich umgeben von nachbaren die ebenso einen *Naturgarten* haben wie ich.
    liebe Grüße,
    Karl

  9. du bist ja früh zugange…
    die aussen die ordnung so lieben, kümmern sich oft um ihre innere nicht so sehr.
    die meisten wildwachsenden pflanzen sind heilpflanzen, wie z. b. der girsch und das gänseblümchen u.u.u. das wissen ist verloren gegangen schon vor generationen.
    heute kennt ja kaum noch jemand eine pflanze, einen baum oder gar spezielleres.

    danke karl
    und liebe grüsse
    rosadora

  10. Diese Fotoserie habe ich mir mehrmals angeschaut.
    Eine beeindruckende Dokumentation.
    Vielen Dank dafür!
    Liebe Grüße
    von Rosie

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