EINSCHULUNG 1945 und 2007

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Nein, es gab keine schultüte. Woher hätte die kommen sollen, wo es doch so gut wie nichts gab, Nicht einmal einen laden in dem dorf, in dem wir evakuiert waren. Meine mutter hätte die sicher ‚zaubern’ können (sie ‚zauberte’ so manches aus dem ärmel), wenn ich heute auch nicht sagen könnte, aus was –papier – pappe – naja, aber das gab es ja alles nicht.
Einen schulranzen – ach, ich bitte dich…. Eine tafel, griffel, hefte füller oder bleistifte – fehlanzeige.aber was ich hatte, war nicht wenig – einen mantel, strümpfe, schuhe – dank dem organisationstalent und der geschickten fähigkeiten meiner mutter. Den mantel nähte sie aus mantel- oder deckenstoff, die von den soldaten nach dem ende des krieges einkassiert worden waren. Woher sie einen weissen kragen und litze und knöpfe hatte – das muss ich sie mal fragen. Mutter wird 90 und das weiss sie mit sicherheit noch.
Die schuhe, mit haken und ösen, als wolle ich aufs feld und nicht in die schule, waren viel zu gross, also musste ich söckchen über die langen strümpfe tragen. Strümpfe, die waren an einem ‚leibchen’ umständlich festgemacht.(niemand weiss heute mehr, was ein ‚leibchen’ ist). Die schuhe, die ja nicht neu waren, wurden mit schuhcreme und bürste auf glanz gebracht, so gut es ging.
An was ich mich erinnere, wenn ich an den ersten schultag denke – dass meine strümpfe kratzten wie verrückt – nicht zum aushalten. Dass ich mich für das foto hinter den strich aus kartoffelstroh stellen musste, und dass wir insgesamt vier kinder waren, die ‚eingeschult’ wurden. das erste bis achte schuljahr – alle passten in einen klassenraum, und unser lehrer war weit über 80 jahre alt. aber ich freute mich auf die schule, weil ich da noch glaubte etwas lernen zu können, was auch immer…und dass ich froh war, dass eine brandbombe das schulhaus nur gestreift hatte und ich jetzt in die schule gehen konnte.
Nie fehlen durfte die schleife (schluppe, wie man auf dörfisch sagte) auf dem kopf. Meine freundin ilse, die in dem dorf geboren wurde, hatte bald auch eine schleife. Das verband uns einige jahre in unserer kinderzeit.

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Vor ein paar tagen ist meine enkelin clara eingeschult worden.

Alles gestaltete sich wie ganz selbstverständlich ganz anders. Zuhause und in der schule ein fest.
Die erstklässlerInnen bekamen jede/r eine sonnenblume. Die zweitklässler empfingen und begrüssten sie mit einem eingeübten märchen – die sieben geislein. Einen schulranzen – ziemlich mächtig für die kleinen schultern – hatte jede/r und auch eine schultüte. Und fotografiert wurde, was das zeug herhielt. Statt einem foto 250…
Ob der lehrinhalt auch um ein so vielfältiges gesteigert ist – ich weiss nicht…
Und auch den satz ‚nicht für die schule, für das leben lernen wir’, ist mir fragwürdig geworden. Ich habe ein wenig einsicht in die lernmethoden und das zu erlernende. Enkelsohn paul kam nun schon in die 4. klasse.

3 thoughts on “EINSCHULUNG 1945 und 2007

  1. Hallo, Rosadora
    ich bin Jahrgang 1942 und schreibe gerade für meine Enkel in einen „Fragebuch an Oma und Opa“. Weil ich einen Ranzen aus dieser Zeit mit Schwamm und Lappen im Internet gesucht habe, bin ich auf Ihre Seite mit ihrer Einschulung gekommen. Es hat auch bei mir wieder viele Erinnerungen geweckt. Heute schmunzelt man bei bestimmten Dingen (kratzende Strümpfe usw.), aber für uns war es schon manchmal recht traurig, wenn man an die vielen Entbehrungen und die Not zurückdenkt.
    Viele Grüße
    Helga

  2. mir ist dein artikel durchgeflutscht… sorry
    dass ich unter den entbehrungen gelitten hätte kann ich nicht sagen
    ich lebte gern auf dem dorf und das sieben jahre
    es war eher spannend und aufregend
    und achgottachgott an die dicke bäuerin erinnere ich mich noch heute
    sie ist längst tot
    aber auf dem dorf war ich dieser tage mal wegen der erinnerungen
    doch nun ist alles ganz anders und sooo ordentlich und langweilig
    danke für dein interesse
    rosoadora

  3. Hallo.ich.bin.jahrgang.1939.und.haette.also.1945.normalerweise.eingeschult.werden.muessen.allerdings.kann.ich.mich.an.so.gut.wie.nichts.mehr.erinnern..auch.weiss.ich.nichts.mehr.von.meinen.mitschuelern.und.wo.die.schule.war.wir.wohnten.zu.der.zeit.im.sogen.reichbzahndirektions_gebaeuden.mich.wuerde.es.sehr.interessieren.ob.es.noch.aus.dieser.zeit.schueler.gibt.die.sich.mehr.als.ich.erinnern.koennen.und.die.damaligen.gegebenheiten.besser.beschreiben.kpennen..danke.im.voraus!!

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