E L K E E R B – immerhin…

immerhin
fast derselbe jahrgang und auch wassermann – wasserfrau
nicht ich bin es, sondern der text ist es, der etwas will. der unterschied: ich WILL meine texte nicht altersdichtung heißen.
klar schiff machen.
im alter steckt sie wie ich – wir beide noch immer dieser wahnsinns-haarschnitt verdeckte stirn, wo sie doch immer stirn zeigt
….. ich zeige meine stirn – sie zeigt ihre stirn, keine altersmilde – sagt sie…

17./18.09.1999 frauenfelder lyriktage

ich kaufe ein buch bei ihr MENSCHS SEIN, NICHT… beim signieren fragt sie „für wen denn“ ich antworte „für DUSCHENKA“. einen moment des nachdenkens und dann: sie lacht und sagt, dann müßte ich ja ELKCHEN SAGEN. sie ist des russischen mächtig. dusché ist seele – duschenka – kosewort.

nachja, nachdenken ist ihres – nachdenken auch meines. bis zu dem zeitpunkt war ich tanzfrau und schlank, da passte das wort irgendwie. aber nun, da ich nicht mehr tanze, und vor allem nicht mehr zart wie eine elfe, muß etwas anderes her. ich verkürze – der mädchenname meiner großmutter ist rosalie – daher ROSA – der name einer großtante DORA – also zusammengenommen ROSADORA. nachgedacht vieles mehr…  elke erb bracht mir dies in meine denkräume ein. dafür bin ich ihr noch heute dankbar.

für ihr werk sind andere zuständig. ich kenne mich gut, aber nicht sehr gut genug aus, um hier eine gültige aussage machen zu können. ich denke an sie in diesen tagen und irgendwie wird sie mir auch fehlen beim gültigen nachdenken, damit das bild sich rundet…

rosadora

MARGOT FRIEDLÄNDER …

undefinedm. f. bei einer lesung des Anne Frank tagebuches 12. june 2012  autor

 

am 5. november wurde margot friedländer 102 jahre. seit dem sie MENSCHgeworden ist, (wie sie selbst sagt), berichtet sie aus vergangenen tagen, in denen sie so unmenschliches von den nazis erfahren hat, insbesondere in schulen, damit junge menschen an ihrem schicksal erkennen, dass so etwas nie mehr passieren darf. dass das fast nicht genügt, erfahren wir in jüngster zeit. das muß für sie besonders schwer zu ertragen sein.            101 jahre, das ist mehr als ein ganzes leben. vielleicht geht es darum, verlorene zeit einzuholen. als sie erfuhr, das ihr bruder und ihre mutter von den nazis abgeholt worden sind, übermittelten ihr Nachbarn die nachricht und dass die mutter für sie noch hinterlassen hatte, sie SOLLE VERSUCHEN, IHR LEBEN ZU MACHEN.                        noch heute berichtet sie, dass sie sich ein lebenlang daran gehalten habe.                   viele  jüdische menschen, die den holocaust überstanden haben, erlangen ein hohes alter, so als würde ihnen verlorene zeit geschenkt.

ich bewundere sie sehr und weiß nicht recht, ob ich zu dem hohen alter gratulieren soll – gnade oder fluch. in diesem falle sicher die große chance, aufzuklären, damit gleiches nicht noch einmal passiert.

vom WÜRZELCHEN zur WURZEL zum WURZELWUNDER…

WURZELWERK IM KOMPOSTLOCH…

Weltretter Wurzel: Das Wunder unter der Erde

aus: Wissen & Ratgeber

Lange vernachlässigt, werden besondere Kräfte von Wurzeln jetzt in der Wissenschaft erforscht: Sie helfen, Probleme des Klimawandels, der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung und des Umweltschutzes zu bewältigen. Sogar seltene Erden können sie aus der Tiefe fördern. Ein Wunderwerk der Natur.

Pflanzen müssen Dürre- und Hitzeperioden aushalten und Überschwemmungen überstehen. Wurzeln sind dabei von entscheidender Bedeutung. Sie suchen im Boden aktiv nach Nährstoffen und wehren Gefahren wie Krankheitserreger und Gifte ab. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungszentrum des Helmholtz-Instituts in Jülich untersuchen das Wurzelwachstum mit Hightech-Verfahren – und schauen ihnen so erstmals direkt beim Wachsen zu. Das Ziel: stressresistente Samen für Pflanzen mit robusten Wurzeln zu züchten. In Schweden wird an einer mehrjährigen Weizensorte geforscht, die bodenschonend für höhere Erträge sorgen soll. Und an den Küsten Hollands sind Wurzeln Retter in der Not. Küstenökologen pflanzen spezielle Gräser vor den Deichen: Es entstehen Salzwiesen, die wie ein natürlicher Wellenbrecher wirken. Und mit dem sogenannten «Phyto Mining» will man nutzen, dass Pflanzen auch Metalle wie Germanium oder Seltene Erden aus dem Boden fördern können. Kann daraus gar ein neuer, umweltfreundlicher Industriezweig entstehen, der Importabhängigkeiten lösen könnte?

beim herausreissen der eingebrachten kunstteile – auch fremde pflanzen – nach der documenta 15 passierte, dass eine große wurzelwand hängen blieb. das war und ist für mich der eigentliche kunstteil – ein wunderwerk der natur.
menschen orientieren sich schon lange an den gegebenheiten der natur – und menschen haben durch falsche sichtweisen und behauptungen verhindert, die pflanzenwelt als das zu sehen, was sie ist und dass sie in der schöpfungsgeschichte die erste stelle einnimmt. wir kommen erst ganz hinten an…
dass die pflanzen uns weisheiten vermitteln (medizin u. a.) wissen wir eigentlich schon lange. nur unser verhalten danach auszurichten fällt uns nicht ein. unser größenwahnsinn läßt das nicht zu. doch nun scheint der punkt gekommen, wo menschen ohne die hilfe der pflanzen nicht weiterkommen – nicht weiterleben können. und wenn sie sich nicht sputen und nicht über die grenzen springen, sehen sie ganz blass aus – und dann erst das ende…

KOMPOSTLOCH …

… HIER BEGINNT DIE WELT
aus BIOTOP KOMPOSTLOCH (BUCH) 8/2015

hier
beginnt die welt
hier
am rande der erde
aus furchen
schleichen sie sich
hervor
man nennt sie gewächse
das wachsen
zu entziffern
gelingt
uns wohl nie

rosadora

und…
der philosoph und anthropologe MAX SCHELER bemerkt: „man sieht die pflanzen atmen, wachsen und sterben. der natürliche eindruck, die pflanze sei unbeseelt, verschwindet vollständig. man schaut die ganze dramatik des lebens – die unerhörten anstrengungen.“ sagte dies nachdem er den film DAS BLUMENWUNDER von MAX REICHMANN GESEHEN HATTE. 1926
darin: PFLANZEN HABEN EINEN PULS WIE DER MENSCH, SIE LEBEN. sie haben fähigkeiten, WELCHE DIE DES MENSCHEN NOCH ÜBERTREFFEN.
und… wir haben 5 sinne, die pflanzen haben noch 15 weitere…

www. grüne moderne.de

hier im kompostloch sind die beobachtungsmöglichkeiten durch das ständige überlagern der schon eingebrachten pflanzen immens. die einen kommen neu hinzu, während die anderen schon versucht haben, sich neu zu etablieren und fuß zu fassen.


dem AMPFER blieb genügend zeit, seine ganze kraft in ein neues wachsen und blühen (valven) fließen zu lassen und sich zu vermehren.

den WINDEN im documenta-arial, die sich prächtig über einen ganzen hügel gelegt hatten, haben sie den garaus gemacht. wie er sich blühend in szene gesetzt hätte, habe ich sehnlichst erwartet.

hier sind BLÜHEN und VERGEHEN dicht beieinander, weil fast das ganze jahr über immer wieder abfälle von der insel siebenbergen eingebracht werden.

nun warte ich und bin gespannt, wie das ganze weitergeht.

WENN DIE WELT DICH RUFT…

Wenn die Welt dich ruft…

Wenn die Welt dich ruft, musst du gehen. Tief hinein musst du gehen in die Welt. Dich verabschieden von weichen Polstern und heimischen Gepflogenheiten. Hast du ihn vernommen, den Ruf, so musst du folgen. Es gibt kein Entweichen. Du musst die Beine nehmen, am besten in die Hand, und rennen. Es wird dich treiben von einem Ort zum anderen, so sehr treiben, dass du am Schluss nicht mehr weißt, wo du gewesen bist. Ein Innehalten wäre nicht gerechtfertigt. Es ruft dich ja. Wenn du innehälst, entfernt sich der Ruf von dir, bis du ihn dann vielleicht nie mehr hörst.

Zu hören, dass die Welt dich ruft, ist eine Gnade, ist ein Fluch. Es hängt von deiner Entscheidung ab, ob du am Rufen erkennen kannst, dass die Welt dich meint, oder ob sie nur zufällig bei dir vorbei gekommen ist, sie eigentlich immer ruft und jeden. Das Grösste wäre, sie hätte einen Auftrag für dich, einen den du erfüllen kannst. Sicher könnte das eine andere auch. Das willst du aber nicht wahrhaben. Ich meine, dass du ersetzbar bist und bleibst – bei all deiner Einmaligkeit, die auch im Gespräch bleiben muss.

Es ist ein gutes Gefühl gerufen zu werden. Daher liegst du ständig auf der Lauer, um das Rufen zu hören. Hinausgehen in die Welt. Das würdest du gern, die anderen hinter dir lassen. Du brauchtest nicht zu erklären, dass der Auftrag gar nicht so wichtig war, und du gut auf deinen Polstern hättest bleiben können. Aber das wäre nicht so bedeutsam.

Man wird dich fragen, was machst du denn in der Welt. Und du müsstest überlegen, wieso Welt. Ich sitze hier und halte die Fäden in den Händen. Und du weisst deinen Auftrag dann nicht mehr so genau und müsstest überlegen, was dich veranlasst hat, ihn so wichtig zu finden. Es wird dir nichts einfallen, was deine Anwesenheit in der Welt rechtfertigt. Du wirst dir einreden, dass du gerade nach neuen Möglichkeiten suchst. Welche das sein könnten, weißt du nicht. Beim Hinterfragen kommst du dir selbst auf die Schliche. Davor hast du am meisten Angst. Du könntest erkennen, dass du, ob du dem Weltenruf folgst oder nicht, immer Dieselbe sein wirst. Dass du nur aus dir selbst bestehst und alles andere drumherum nur Atrappen. Noch dazu welche, die dir nicht immer angenehm sind, und die du nicht von dir schütteln kannst – so, wie du das manchmal möchtest.

Du kommst zu dem Schluss, dass augenblicklich eine günstige Gelegenheit ist, dich umzuorientieren. Im Neuen Jahr würde es nicht so sehr auffallen, dass du etwas ganz anderes machst.

Das Jahr läuft säuselnd an. Vor Ostern ist kein Familienfest mehr, wo du dich vielleicht erklären müsstest, und in den Osterferien, die du dann bei deinen neuen Tätigkeiten haben wirst, wie viele andere, bist du ohnehin nicht zugegen. Wären also Sommer und Herbst. Da entwickeln die Menschen so viele Freizeitaktivitäten, dass sie an dich keinen Gedanken verschwenden, wenn du sie nicht offiziell einlädtst. Aber wozu. es gibt ja keinen Anlass. Und an Weihnachten sind die pompösesten Geschenke Mittel-punkt und nicht, was du tust. Also, du wagst es.
Bis du ihnen wieder begegnest, wirst du dann so viel von deinem Neuerworbenen zu erzählen haben, dass die Fragen nach dem Warum und Wieso ausbleiben.

rosadora

DAS FREMDE IST NICHT FREMD…

rosadora zum

HOLOCAUST UND…


foto: rosadora

ich weiß nicht, was ich schreiben soll. so stelle ich überlegungen an, wann meine sympathie für das andere, das fremde begonnen hat.
irgendwie habe ich den verdacht, dass das schon früh in der zeit war, in der wir auf dem dorf evakuiert waren. da zog es mich in die nähe von einem wohnwagen, in dem eine zigeunerfamilie hauste. wohnen kann ich nicht sagen nach heutigen verhältnissen, denn sie waren eine große familie mit 5 kindern. später wohnten sie dann im dorfgemeinschaftshaus.
sie machten musik und waren lebendig, wie es mir doch sehr gefiel.
und obwohl mir einer der jungs eine scherbe an den kopf warf, als ich den aschenkasten auf dem misthaufen auskippte, lies ich mich nicht irritieren. wir hatten weiterhin ein prickelndes verhältnis, wie es nur unter kindern sein kann.
auch erinnere ich mich an einen juden, wie man da sagte, der ins dorf kam und stoffe anbot. das war für meine mutter ein segen, denn sie nähte alle sachen für uns und so mußte sie 113einmal weniger aus altem zeugs , das z. t. aus abgelegten armeeklamotten bestand, kleider für uns nähen. sie hat sie dann auch noch bestickt und mit knöpfchen verziert – wer weiß, wo sie die derzeit erstehen konnte. aus kopfschützern von soldaten, die diese nicht mehr brauchten, nähte sie unterhosen, die höllisch kratzten.

der sprung wird dann größer – der erinnerungssprung – ich muß es auch alles erst sortieren und zusammenkriegen. die erinnerung ist, dass ich einen umweg ging, um zu mir selbst zu finden.
mit 14 liess ich mich taufen – kurz gesagt – gegen den willen meines vaters, der mich bis dahin belogen hatte, dass ich zuhause getauft sei – lutherisch – er betonte es auf dem – e –
mit 17 hörte ich auf zu glauben. in der gewerkschaftsjugend sah ich – ich war vielleicht 17 – heimliche filme vom holocaust, wo menschen auf die grausamste weise umgebracht und damit eine ganze etnie – sprich juden, ausgerottet werden sollten. für mich einfach etwas menschenunmöglliches, etwas bestienhaftes und das mich schockte über alle massen. es hörte dann nicht mehr auf mit dem schocken. bis heute kann ich mich nicht beruhigen.

als ich dann verheiratet war und meine tochter emilie-rose nicht in dieser welt leben wollte, wußte ich genau weshalb sie meine abscheu gegen diese menschen in sich hineingenommen hatte.
auf einem jüdischen friedhof, genaugenommen dem jüdischen friedhof in kassel-bettenhausen, fiel mir dann zu, dass ich dachte, ich brauche kein grab für mein kind – ich kann auf jeden friedhof gehen.
dass es ein jüdischer friedhof war, war sicher kein zufall. von da an waren jüdische friedhöfe große anziehungspunkte und ich entwickelte eine zuversicht und zuneigung zu den jüdischen toten. mit der zeit wurden sie für mich immer lebendiger und ich empfand sie, die toten, als äußerst lebendig. sie sprachen mit mir und halfen mir bei wichtigen lebensfragen.
diese zeit hielt ich in einem buch fest: UNSTERBLICH IST DIE LIEBE…
„diese geschichte schwingt zwischen leben und tod, zwischen den gräbern auch. sie rührt an tiefere schichten, auch wo sie in leichteren tönen schwelgt.“
von da an interessierte ich mich für JÜDISCHE FRIEDHÖFE immer mehr und hielt die geschichte der jeweiligen gräber in bildern fest. nach dem jüdischen friedhof in kassel, der JÜDISCHE FRIEDHOF OHLSDORF und als ich für 10 jahre in die schweiz ging, entwickelte sich daraus ein riesenprojekt.

die geschichten, die irgendwie anders waren, aber dazugehörten, war die beziehung und liebesbeziehung zu dem jüdischen arzt YAAKOV BEN KANAAN, der in kassel lyrik-lesungen
veranstaltete. so auch von ROSE AUSLÄNDER, bei der er mich herauspickte aus der zuhörermenge und sagte, er habe es gleich gewußt, dass ich mit der rose bekannt sei.
mit mir gemeinsam plante er eine lesung über ELSE LASKER-SCHÜLER, einer anderen jüdischen lyrikerin.
er besuchte mich und brachte mir den gedichteband mit. aus der lesung ist nie etwas geworden. aber es entwickelte sich dann eine sehr intensive freundschaft – einen momentlang auch eine liebe.
er telefonierte jeden morgen mit mir und schrieb täglich die schönsten briefe. ich besuchte ihn in seiner klinik und er mich bei mir zuhause.
er machte ein bißchen zu viel druck. weil er herzkrank war sagte er zu mir, er hätte vielleicht nicht mehr lange zu leben. das kam nicht gut bei mir an.

er kam mir irgendwie sehr verloren auf dieser welt vor. bei einem speziergang über die dönche sagte er zu mir, „dies ist dein land“ mit einer wehmut, die mir fast das herz brach, und es tröstete ihn nicht, dass ich zu ihm sagte, dass es sein land ebenso sei wie meins und dass ein land doch niemandem gehören kann.
nach langer zeit ging er mit seiner frau ursula nach berlin. aus YAAKOV wurde JUDITH und nach jahren erhielt ich post von ihm und quicklebendig…
ursula war gestorben und er sagte: „nun bin ich wirklich ganz allein“.

ROSE AUSLÄNDER war eine von mir sehr geschätzte und umworbene jüdische lyrikerin. in düsseldorf besuchte ich sie einige male im nelly-sachs-haus.
sie hatte eine ganz persönliche betreuerin – CLAUDIA KASTER – die 15 jahre jünger war als sie selbst. die umsorgte sie tagtäglich. sie fand auch ROSES gedichte, beim aufräumen eines schrankes. die hatte sie auf kleinen teebeuteltäschchen geschrieben.
nachdem sie gestürzt war und sich den oberschenkel verletzte hatte, blieb sie einfach im bett und stand nicht wieder auf. das stimmt nicht ganz. claudia erzähle mir, dass sie doch sehr gelenkig sei und nachts über die absperrung, die sie sich erbeten hatte, kletterte. wie sonst sollten die teebeutelgedichte in den wäschekorb im schrank gekommen sein.
sie grenzte sich ab. hatte sie die fenster in ihrer wohnung zugehängt, so waren jetzt die gitter ein selbstgwählter schutz. ein ganz normales leben war nach diesen horrorerlebnissen einfach nicht möglich.
mit claudia unterhielt ich einen persönlichen schriftwechsel, in dem ich jede kleinigkeit der ROSE erfuhr. so konnte ich sie auch im nelly-sachs-haus besuchen. ich wollte eigentlich ein paar eindrucksvolle fotos machen. ein fotograf hatte sie abgelichtet mir einem haarumhang, was so lächerlich aussah und sie wirklich nicht ins rechte licht rückte, dass ich beschloß, das zu ändern. obwohl claudia mich zu ihr vor liess, kam es nicht dazu – das gebot des helmut braun galt.
rose liess mich nicht so nah an sich heran, ich meine gedanklich – da hatte ihr der HELMUT BRAUN, ihr verwalter sozusagen, schon den umgang mit menschen verboten, weil sie ein paar unberechenbare verhaltensweise hatte, die ihrem WERK hätten schaden können. von CLAUDIA KASTER wußte ich alles haarklein und genau.
von scherzer
zu ausländer
zu hecht
zu braun
als hätte sie die bedeutung der namen nicht unter naziverdacht sehen können – und im verlaufe der wiederholung nicht durchschaut.

die beiden frauen führten eine hassliebe, die sie ungeheuer intensiv auslebten. dass sie dabei die claudia kaster so sehr schikanierte, tat mir nicht nur leid, tat sie doch einfach alles für rose , sorgte so sehr dafür, dass es ihr gut ging. rose schwankte in ihren gefühlen hin und her – das war kaum auszuhalten. dass sie das auch bei ihren besucherinnen und besuchern hätte herauslassen können, befürchtete helmut braun und unterband die besuch eben einfach.

irgendwann fuhr claudia in urlaub, entgegen dem gezeeter der rose. da passierte ein mißgeschick. claudia erzählte es mir so: man hatte ihre medikamente verändert. das war mehr als fahrlässig und völlig unverständlich. was dann passierte, führte zu ihrem ende.
sie starb am 3. januar 1988.

17. januar 2022

KUNST IST LEBEN…

…SPRACHE IST KUNST

als mein vater aus dem krieg kam, war ich zehn jahre alt. wir hatten auf ihn gewartet und gewartet und gewartet – so lang kann man eigentlich gar nicht warten – und dann dies.
mäjen, din fadder is heim gekummen. und ich rannte und rannte und dann stand da dieser verwahrloste dreckige typ, den ich nicht kannte. meine enttäuschung war groß – so groß.

nachdem er sich nackt ausgezogen und in unserer zinkbadewanne geschrubbt hatte, war er das familienoberhaupt, basta.
er entpuppte sich als der große verhinderer und despot. er war furchterregend durch knallharte ansagen und verbote, war laut und gewalttätig.
hatten wir bisher versucht, die sprache der dorfbewohner zu erlernen, kam er nun und polterte sein kasseler platt. ich fuhr jedesmal zusammen, wenn sein kasernenhofton erklang.
unsere mutter sprach mit uns ihr nicht sehr ausgeprägtes hohes deutsch.

an den tag und den ort kann ich mich noch erinnern als ich beschloss, nicht so zu sprechen wie mein vater, den wir vati nannten. erstmal versuchte ich den slang meiner jungen lehrerin nachzuplappern – so etwas wie frankfurterisch. später dann entschloss ich mich, hochdeutsch zu erlernen – aber woher. in kassel wurde kein hochdeutsch gesprochen. an was ich mich orientierte, kann ich heute gar nicht mehr sagen. es war ein langsames herantasten, ein bröckchen hier, ein bröckchen da, und niemand konnte sagen, woher ich komme.

zwischenzeitlich muß es ziemlich geheimnisvoll geklungen haben. und meinen vater trieb es auf die palme, brachte ihn zur weißglut. er unterstellte mir, ich wolle etwas besseres sein. auf jedenfall wollte ich nicht in seinen tonfall einstimmen. das wurmte ihn – ja, ja, ich sollte ja ein junge sein und war nur ein mädchen. deshalb hatte er mich auch von der schule genommen mit der begründung – mädchen heiraten ja doch.

spät erst, nachdem ich alle bildungseinrichtungen genutzt hatte, die mir offen standen, studierte ich grafik design mir schwerpunkt fotografie. danach reizte ich die möglichkeiten der germanistik aus – mit schwerpunkt ästhetische kommunikation. im kurs für ausländische studierende war ich diesjenige, die die korrekte aussprache hersagen durfte. erst da wurde mir bewußt, dass ich die leiter des hochdeutschen wohl aus eigenen kräften erklettert haben mußte.

heute früh im bett, wo mich immer mal wieder lichtblicke, denkbänder, blitzschläge oder grübelmonster heimsuchen, erinnerte ich mich an einen vorfall im st. gallener kunstmuseum.

ein seminar oder vortrag
ZUR ENTWICKLUNG UND EINSCHÄTZUNG VON BILDHAFTEM

ist bildhaftes, im pc erstelltes, KUNST

ich nahm mir das wort
war stolz auf mich
vor all den schweizer/innenn zu sprechen
und gab ein statement
von dem ich selbst nicht die geringste
ahnung hatte
also
ja
die entwicklung wird dahin gehen
dass kunst aus dem pc einmal als kunst
anerkannt wird usw. usw.

danach kamen zwei weissgekleidete frauen zu mir
lobten meine aussprache und den warmen klang
meiner stimme

schweizerinnen
die kunst machten
so stellten sie sich mir vor
ganz in weiss
also alles was sie umgab war weiss
sie erzählten von ihrem zuhause
wo alles weiß war
vom tisch bis zum schrank bis zur kaffeetasse
sie waren künstlerinnen, wie sie sagten

ich habe sie nie besucht
und wohl auch kein großes interesse gezeigt

aber geschmeichelt hat es mir doch
meine klanghafte stimme gerühmt zu hören

ich wagte mich auch an lesungen heran
rose ausländer z.b.
in der schweiz und in deutschland

sprechen ist nichts selbstverständliches
wenn doch, ist es geplapper

rosadora 09.08.2020

GEORGIA O´KEEFFE AUF GHOST RANCH…

„Ich denke mehr über morgen nach als über heute oder gestern. Ich gehöre nicht zu denen, die dem Gewesenen nachtrauern. Ich glaube, ich könnte in einem Gefängnis leben, solange ich nur ein Stück blauen Himmel sehe.
Aber das hier ist meine Welt. Was man in den Städten sieht… nun ja, da ist mir der Blick aus dem Fenster auf Salbeibeete doch lieber.“

nun ja, GHOST RANCH ist alles andere als ein gefängnis. sie ist die GROSSE WEITE WELT im besonderen, befreiend und beängstigend zugleich, und wie geschaffen für eine künstlerin mit so viel fantasie und ausdruckskraft und starkem willen.

JOHN LOENGARD
GEORGIA O´KEEFFE AUF GHOST RANCH
SCHIRMER/MOSEL
2016

…….

https://www.fondationbeyeler.ch/ausstellungen/georgia-okeeffe
in der fondation beyeler/basel schweiz
ist noch bis zum juni eine ausstellung von GEORGIA O.KEEFFE
zu sehen
beyeler ist ein wunderbar geeigneter raum unf einfach
übersichtlicher als zwischen vielen anderen bildern in großen
galerieen..