ART ZU FINDEN…

JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL…

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meine augen tanzen – im regenlicht – im lichtregen – und dann im sonnenschein – zwischen den steinen – die steine schmunzeln – sie blinzeln mir zu – foppen – mal sitzt ein scheinchen auf der kante – winkt und ist auch schon wieder weg – mal sitzt eines auf dem gipfel – bleibt etwas länger.
dieses ausnehmende gucken macht ganz kirre – wie besoffen – mir schwindelt. die gefühle sind irritiert – sie machen mit – finden es aufreizend und amüsant. ich berühige sie mit normalen bildern zwischendrin.

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eine heimelich anmutende szenerie zwischen den steinen im regensonnenlicht.

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KUNSTFÄNGERIN…

DIE LANGSAMKEIT ENTDECKEN…

JÜD. FRIEDHOF KS_KUNST_GEKLEBTES_20.10 JÜD. FRIEDHOF KS_KUNST_LOCH IM STEIN_23.101es ist das sehen das sich verändert wenn ich einen ort immerwieder aufsuche. ich habe mir die aufgabe gestellt das abstrakte das sich zwischen dem aussergewöhnlichen versteckt aufzufinden – nähe und distanz in besonderer weise zu fordern und mir behilflich zu sein ausgefallene bilder zu erzeugen und zu finden. die kamera spielt mit flüstert sie mir zu und hat freude daran so wie ich.

JÜD. FRIEDHOF KS_KUNST_STEILES_23.10 JÜD. FRIEDHOF KS_SCHW.WEIß_20.101immer spielt das licht eine große rolle – die sonne oder eben nicht – läßt aufleuchten oder untergehn. das hin-und-her ist absolut für den herbst. es fordert meine geduld beim schauen und warten und oft schnellstes entscheiden ehe das erhaschte sich mir wieder entzieht.
ich kann nicht hüpfen meide schnelle bewegungen und sitze ab – da kommen mir die grabzwischenraumplätze sehr entgegen. eine neue art zu fotografieren und das zulassen von langsamkeit…

VERGANGENHEIT UND GEGENWART ZUGLEICH…

JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL I …
JÜD. FRIEDHOF KS_2_I_P1580523
heute gehe ich über den älteren teil des friedhofs. das licht ist gut, obwohl es sich dann noch einmal auftut, was fürs fotografieren nicht so dienlich ist.
heute bin ich nicht alleine. a., die tante, und l., die 11 jährige nichte, schließen sich mir an. es gibt lange gespräche, teils über die gräber, die hier im unteren teil liegen.
und – nein, sie sind nicht umgefallen die stelen. es war der besondere stil der portogiesischen juden.

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in der zwischenzeit hat sich das licht zu meinen gunsten verändert. die späte nachmittagssonne taucht die szenerie in ein mildes licht und das verändert auch meine sichtweise und bilder.
heute kann ich nicht alleine sein. ein paar – blanka aus prag – haben fragen an mich.
irgendwie scheine ich den gräbern zu entsteigen und informationen mitzubringen…
nein auf dem prager friedhof war ich noch nie. ich klappere die friedhöfe nicht ab – ich muß eine bestimmte beziehung zu ihnen haben. zu prag habe ich das nur aus der ferne und über fremde beschreibungen und fotos.
dann doch noch eine kleine alleinstrecke. ich kann kaum noch laufen – aber das licht – das licht verführt mich. auch ist es nicht gar zu kahl gemäht – die schneebeeren leuchten und machen die stimmung etwas feierlich. mal wieder breche ich in eine grabkuhle mit meinem linken fuß – der herzseite – ein und denke es geschieht dir ganz recht. in das allzu feierliche und sorglose darf ich mich nicht einschwingen.

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die zahl 1774 bringt mich zurück in das vergangene – in das – woran ich mich erinnern will.
unter einem baum links und rechts mehrere stelen übereinandergestapelt. ich denke – es schaut aus  wie der lebensbaum und unter ihm die gesetzestafeln moses. einige der grabsteine liegen oder stehn da wie persönlichkeiten. andere am boden liegende überstrahlen sie noch durch geschickte anordnung etwa mit einem geduldeten (nicht entfernte) schneebeerenzweig die eine kecke umrahmung zaubert.

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ich setze mich mal hier mal da ab und schaue genau und in verschiedene richtungen. oft entschuldige ich mich dass ich mich respektlos auf einem grabstein niederlasse. aber ich denke – mir wird verziehen ob meines alters und meiner morschen knochen.
ganz nahe bin ich den toten nicht die sich heute etwas zurückhalten weil ich nicht allein bin. doch dann wagen sie doch noch kontakt zu mir und ich bin hier dem tod ferner als andernorts. ihre lebendigkeit macht mich fast froh. froh bin ich auch dass mich mein weg heute doch noch hierher gelenkt hat.

ICH SCHLAFE – MEINE SEELE WACHT…

JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL II…
JÜD. FRIEDHOF KS_I_P1580343heute ist die totenruhe fast gewährleistet – keine arbeiter zugange – ein rotkehlchen begrüßt mich. elstern mußten ihr leben lassen – ihre totenruhe ist  nur fragmentarisch gewährleistet – die federn zeugen davon. der wesentliche teil der vögel ist in den himmel entfleucht.
JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_II_12.10 JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_III_12.101ich atme auf – für die verhältnisse üppiges grün. der nieselregen hält das grün und mich frisch. keine sonne – trübes feuchtes herbstwetter. es drückt mich nicht raus aus der szenerie sondern zieht mich mit hinein. die lebenden toten reden mit mir – weisen mir den weg. ich habe freude an ihnen und sie an mir. alte bekannte schmunzeln – ach du mal wieder. lange war ich nicht hier und vor ein paar wochen war ich im unteren teil des friedhofs. da sprach niemand mit mir. es war zu hell und grell und licht und schatten trieben ihr spiel. das blendete sie und mich.
ich werde den gang wiederholen.

JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_IV_12.102 JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_IX_12.107 JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_V_12.103heute also die aufrechten – im unteren teil liegen alle am boden versammelt – sie sind dem schlaf näher als dem lebenden und lassen sich von einem grünen bodendecker überwachsen. das ruhe sanft ist hier erfüllt.
die aufrechten zeigen große unterschiede – teils in der ornamentik – wenn ich das mal so nennen darf – und in der beschriftung. ich kann sie besser verstehen – die ornamentik – die beschriftung – und die toten. sie sind ja zeitlich auch näher als die flachliegenden.
der nieselregen macht den efeu frisch – lässt das grüne aufleuchten und auch das gras – das grade mal wieder gemäht ist…

JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_VI_12.104 JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_VII_12.105 JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_VIII_12.106 JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL_X_12.108ich denke gern an die zeit zurück da die friedhöfe noch nicht unter den vorschriften des kulterdenkmalschutz betreut wurden. da kroch ich im ohlsdorfer friedhof unter büschen auf allen vieren zu den kindergräbern. das war mühevoll. aber das morbide mir sehr zugetane ambiente der jüdischen friedhöfe der damaligen zeit entsprach eher den jüdischen ordnungsvorschriften.

auf dem bettenhäuser friedhof kann ich mühelos zwischen den grabsteinen gehen um meine fotos zu machen. auch komme ich besser mit den lebendigen toten in berührung. ich sitze zwischen den steinen – die hier am hang in terassenlage sich fügen – und bin von ihnen umrankt. wir reden lange und sind vom nieselregen ganz begeistert – das verbindet…

Veröffentlicht am von

UNSTERBLICH IST DIE LIEBE

jüdischer friedhof kassel

88 Seiten auf fotopapier
paperback 17,90 EURO
ISBN 978-3-8391-8183-6

zu bestellen in jeder buchhandlung
oder bei mir

754075_Cover

jüdische friedhöfe geben anschauliche zeugnisse jüdischer geschichte, sind vergangenheit und zukunft gleichzeitig. israelische glaubengrundsätze, zu denen die unantastbarkeit der totenruhe gehört, gewähren den gräbern und grabmalen ein ewigkeitsrecht.

in die ewigkeit ‚wachsen’ können die jüdischen friedhöfe auf diese weise, sofern ihnen in der konfrontation mit verschiedenen geisteswelten nicht das zerstörerische ansinnen anderer widerfährt – was in vielen jahrhunderten der fall war (nicht nur während der hitlerzeit). die ethnologie sagt uns, dass die kultur eines volkes im verhalten zu seinen toten und dem tod am deutlichsten wird.

diese geschichte schwingt zwischen leben und tod, zwischen den gräbern auch. sie rührt an tiefere schichten, auch wo sie in leichteren tönen schwelgt.

UNSTERBLICH IST DIE LIEBE…

MEIN NEUES BUCH IST DA – NEUE AUFLAGE

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in die ewigkeit ‚wachsen’ können die jüdischen friedhöfe auf diese weise, sofern ihnen in der konfrontation mit verschiedenen geisteswelten nicht das zerstörerische ansinnen anderer widerfährt – was in vielen jahrhunderten der fall war (nicht nur während der hitlerzeit). die ethnologie sagt uns, dass die kultur eines volkes im verhalten zu seinen toten und dem tod am deutlichsten wird.

diese geschichte schwingt zwischen leben und tod, zwischen den gräbern auch. sie rührt an tiefere schichten, auch wo sie in leichteren tönen schwelgt.

DIE ORDNUNG AUF JÜDISCHEN FRIEDHÖFEN…

und die auf dem jüdischen friedhof kassel

israelische glaubengrundsätze, zu denen die unantastbarkeit der totenruhe gehört, gewähren den gräbern und grabmalen ein ewigkeitsrecht. in die ewigkeit ‚wachsen’ können die jüdischen friedhöfe auf diese weise.

DIE GRÄBER AM 25. APRIL 2010

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dass das auf dem kasseler jüdischen friedhof nicht der fall ist, musste ich gestern schmerzlich in augenschein nehmen.
gräber, die auf idyllische weise mit efeu umrankt waren, sind nun kahl, der boden umgegraben und gras eingesät. es hat mir das herz umgedreht – diese ordnungsliebenden und verordnungswilligen menschen.
von unantastbarkeit und ewigkeitsrecht nichts zu spüren. wer dies beschliesst und verordnet toleriert die gepflogenheit der juden nicht, nimmt die verfolgung auf über den tod hinaus.
die ausführenden können nichts dafür. aber unwissenheit und gehorsam ist schon immer das übel in der welt gewesen und wird es immer sein.

DIE GRÄBER AM 31. AUGUST 2010

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und dieses wegreissen des gewachsenen ist nicht das einzige. da sind zwei grabstätten hergerichtet worden, in schwarzem marmor, so glänzend gold beschriftet, dass es mir übel wird. auf diesem friedhof wird schon seit vielen jahren niemand mehr beigesetzt. dafür gibt es den neuen friedhof seit 1932.

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endlich unantastbarkeit wünsche ich mir für diese toten, die für mich lebendiges zeugnis ablegen.

UNSTERBLICH IST DIE LIEBE – WIE DAS LICHT… neu

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€ 70, 90 *inkl. MwSt.
UNSTERBLICH IST DIE LIEBE – WIE DAS LICHT
jüdischer friedhof kasssel

Klappentext des Buches
jüdische friedhöfe geben anschauliche zeugnisse jüdischer geschichte, sind vergangenheit und zukunft gleichzeitig. israelische glaubengrundsätze, zu denen die unantastbarkeit der totenruhe gehört, gewähren den gräbern und grabmalen ein ewigkeitsrecht. in die ewigkeit ‚wachsen’ können die jüdischen friedhöfe auf diese weise, sofern ihnen in der konfrontation mit verschiedenen geisteswelten nicht das zerstörerische ansinnen anderer widerfährt – was in vielen jahrhunderten der fall war (nicht nur während der hitlerzeit). die ethnologie sagt uns, dass die kultur eines volkes im verhalten zu seinen toten und dem tod am deutlichsten wird.

diese geschichte schwingt zwischen leben und tod, zwischen den gräbern auch. sie rührt an tiefere schichten, auch wo sie in leichteren tönen schwelgt.

Hardcover, 124 Seiten

zu bestellen bei mir
– rosadora g. trümper tuschick
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