FRAUNHOFER NEUBAU KASSEL…

…UND EIN VERDAMMT GUTES TEAM

8 uhr. sufian wird mich heute über das baugelände begleiten. ich habe ein wenig schiss, weil ich längere strecken nicht laufen kann. sufian hat eine idee. er trägt für mich den papiereimer mit. auf dem kann ich umgedreht sitzen und pausieren. er ist der geduldigste mensch, den ich kenne.
wege gibt es nicht. sufian geht schon mal vor und testet, ob da ein durchkommen ist.
die zisterne ist mir völlig neu. dahin kam ich bisher nicht, weil die kampfmittelbeseitigung ein nichtfotografiertwerden forderte.
es ist ein riesiges ding. auch reinhold ist plötzlich bei uns. er erklärt, wie die zisterne funktioniert. hier wird regenwasser von den dächern gesammelt und wieder zurück in die gebäude geleitet. die räume werden durch verdunsten von regenwasser gekühlt. leitungswasser ist dafür zu kalkhaltig und müsste erst aufwendig aufgearbeitet werden. als bauleiter kennt reinhold die allerintimsten vorgänge. das ist umfangreich bei so einer riesenbaustelle – erfordert wissen hoch drei.
sufian führt mich bis ans andere ende der baustelle – allein hätte ich mich das nicht getraut – von wegen – ich kann nicht mehr. im westl. teil sind wir aufgebrochen – im östlichen teil sind wir gelandet. doch nun gehen wir über die strasse zurück. über die baustelle wäre für mich zu anstrengend.

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und die kunst…

FRAUNHOFER NEUBAU…

KEIN PARTHENON…

aber es erinnert mich schon an marta sinujins riesengebilde mit den verbotenen büchern auf der d 14. hier sind keine bücher – eher klettergestelle und der durchblick eine verwirrung. ein nicht unerhebliches fotomodell – ich schaue und sortiere und sehe und finde.

der kunst von marta s. macht es konkurrenz. ich vermisse auch die bücher gar nicht. es steht ja geschrieben rapidobat und die farben sind auch harmonisch.

sogar die noch zu verbauenden materialien sind eindrucksvoll gestapelt…

beton – jede menge beton. die arbeiter verteilen ihn am boden – es war zu viel… mit ihren gelben joppen geben sie die farbe ins bild.

FRAUNHOFER BAUSTELLE…

DEM HIMMEL SO NAH…

sie wollen mitspielen – die wolken – sind so neugierig wie ich. halten den regen zurück, damit ja nichts den bach runter gehe. das farben spiel ist auch wieder perfekt – nichts plärrt heraus. und ich bewundere die ordnung, die in all dem chaos sich zeigt – meisterleistung.

und wenn die klobigen bauarbeiterhände dem eisenstabbündel die umhüllung wie ein strümpfchen überstülpen, dann muß ich da solange hinschauen, bis ich die gewissheit habe, ob das alles auch ja klappt – es klappt…

mein mittelpunkt ist dieser erste bauabschnitt, der bis 2020 fertiggestellt sein soll. und wenn erst das dach drauf ist – so es denn eines gibt – atme ich erstmal auf. halbzeit oder viertelzeit oder…

um 14 uhr kommen die arbeiter vom essen – wirkungsvolle pause, um mit erneuten kräften die arbeiten weiter zu schaffen. ZÜBLIN und STRABAG – ich denke immer an straff und stramm – sind die vorwiegenden firmen vor ort. ich kenne sie vom ersten tag des aufbaus…

und mein lieblingsobjekt – der kran in allen möglichen drehungen und wendungen. diesmal die beine des kranführers – sie beweisen ausdauer und feinfühligkeit. wahrscheinlich ist es auf die dauer da oben nicht so romantisch, wie ich es mir vorstelle. ich werde ihn fragen – den kranführer…

FRAUNHOFER BAUSTELLE…

IMMER HÖHER HÖHER HÖHER…

zügig geht es voran. das farbenspiel reizt mich – grüne schlangen vor blauem himmel – als mittelpunkt der fahrstuhlklotz mit rotem aufzug. und der gelbe kran – 20 – 25 meter hoch und immer in bewegung. der kranfahrer bestimmt schwindelfrei und er muß durchhalten, den ganzen tag – so ohne weiteres kann er da nicht runter.

farbenprächtig die holzbrücke, die schutzhelme, die dicke walze und viele der anderen fahrzeuge. nein, jeder der arbeiter kann die nicht fahren. sie müssen eine bestimmte ausbildung dafür haben – eben facharbeiter – bauarbeiter – tiefbau und hochbau – meine bewunderung…

bald sind alle verbaut – diese wände – wie schrankwände in regalform. für mich alles neu und wie ein wunder – einfach wunderbar…

und da ist er – mein lieblingswahrzeichen – der einstmals milchfabrik-TURM… er schafft die verbindung – von unten nach oben – von der erde zum himmel – himmlisch schön…

immer neue ausblicke, ständig neue draufsichten… ich bin ziemlich wacklig und dulladulla im kopf – kann nicht so ausführlich schauen, wie ich möchte… naja, es muß auch so reichen.

alle wände fliegen hoch… der kran birgt ungeahnte kräfte, ist wendig und schnell, bringt die größten teile an ihren vorbestimmten ort. jemand nimmt sie entgegen – nicht ganz ungefährlich. auch hier ist wissen und können gefragt.

gerne würde ich weiterschauen – aber….

BEUYS-BÄUME GERETTET…

joseph beuys bäume am alten hauptbahnhof gerettet…

nach der großen hitze fiel mir auf, dass die eichen vertrockneten. das stadtgartenamt verständigt und chr. schn. leitete meine meldung schnell weiter.

zwei tage später wurden die bäume mit wassersäcken versehen, um den schaden noch abzuwenden. eine woche später zeigen die bäume bereits erstarkte blätter.
dank an alle beteiligten.
rosadora

HIMMLISCHE FAHRT…

FRAUNHOFER NEUBAU…

noch ist er nicht fertig – der fahrstuhl – und zur zeit geht seine fahrt direkt in den himmel, denn über ihm kein dach, drumherum keine wand, nur blaue luft. die ihn ummäntelnden teile kommen herbei im flug und surren und schnurren durch den äther. blaue stunde, heiße stunde – ein arbeiter verhängt sich seinen kopf, um nicht zu verschmelzen. für sie – die arbeiter am bau – ist das nicht neu – die hitze – aber dennoch.

der kranblick – zwei kräne kreuzen sich, berühren sich, mir wird ganz schwindelig, und wenn sie…. naja, es passiert dann doch nicht. die hitze macht den schwung – sie wollen fertig werden. wie es sich anfühlt bei 30 grad im kranführerhäuschen… vielleicht kühl der wind da oben – aber es ist kein wind – windstill heute. faszinierend diese kransilhouette.

VERSTÄNDIGUNG…

FRAUNHOFER BAUSTELLE…

nicht unbedingt von völkerverständigung zu sprechen. aber einige ethnien kommen hier schon zusammen – serbien – bulgarien – rumänien – russen – polen.
senko kommt aus serbien – er spricht deutsch und serbisch.
er begrüßt mich mit handschlag und freundlichem lächeln und erklärt mir, dass er etwas laut werden mußte. seinen arbeitern muß er sagen, was zu machen ist. von wegen der arbeitsmoral… er ist hier der bauleiter des projektes. am morgen hat er 13 eingestellt und nun, am nachmittag, sind es noch 8. die anderen sind einfach gegangen. sie mußten angeblich etwas erledigen. die arbeitsmoral ist noch thema unseres gesprächs.
einer der arbeiter winkt, bändelt an – das ist mein bruder und der andere ein schwager, sagt senko.
ich winke zurück. sie wollen wahrgenommen werden.


später ist ein arbeiten um mich und legt es darauf an, fotografiert zu werden. ein anderer ruft ihm zu – jetzt kommst du in die bildzeitung.

letztens war es die gelbe decke, nun wird sie mit einem eisenstahlgitter verkleidet, worauf dann morgen der flüssigbeton kommt. mich erinnerts an die twin towers mit dem vielen beton und dem eisenstahl.

auch der lange gang, der später den zugang zu den installationen ermöglicht, ist mit gelbem holz bedeckt auf die dann der beton kommt. das geländer mit seiner roten warnfarbe ist auch zackig und schmückend, setzt in seiner länge eine blickrichtung.

UND NOCH DAS WAHRZEICHEN…
der schornstein der ehemaligen molkerei, die keine mehr ist, ist auf allen bildern zu sehen, die in diese richtung weisen. und mir ist er fast schon ein model, das sich nicht zur schau stellt, sondern beständigkeit aufweist. ich spiele mit seiner anwesenheit, nehme ihn mal zwischen zwei objekte, wie etwa lastwagen, oder zoome ihn mir heran und verleihe dem bild einen kick. und für einen kick ist er allemal gut. nah heran sieht man, wie er zur zeit genutzt wird mit sendern und ähnlichem. er bleibt, weil der abriss zu teuer wäre. hab ich ein glück und immer einen mittelpunkt auf dem riesen baugelände…

es ist heiß und ich muß unbedingt den platz verlassen. das sehen und fotografieren strengt an auf so einem riesigen gelände und ich könnte noch stundenlang schauen.
senko ruft mir zu, daß sie morgen die betondecke gießen und dass sie damit fertig werden wollen. ich sage, dann komme ich wieder und senko ruft HERZLICH WILLKOMMEN. das ehrt mich und ich nehme mir vor, die hitze zu ignorieren.

AUSSTELLUNG BESONDERER ART…

FRAUNHOFER NEUBAU…

an ai weiweis STRAIGHT (gerade biegen) in der düsseldorfer momentanen ausstellung erinnert mich all dies gestänge. nur dass es schon gerade ist oder gewollt krumm und nicht in kästen wie särgen liegt. an die 164 tonnen stahl, die dort gebündelt liegen, dürfte es im endefekt bestimmt heranreichen.

stahl und beton – die beiden vorrangigen baumaterialien – erstmal. ich versuche eine ordnung in die sicher vorhandene unordnung zu bringen, eine für mich sichtbare und annehmbare. dass bauen eine kunst ist – ist klar – und ob es meine fotografie auch ist – weiß ich nicht – in vielen teilen sicher.

ein durchblick – ein unauffälliger – er gibt dem material eine nicht beabsichtigte aufmerksamkeit.
gestapeltes silbernes wirkt wie heizkörper im offenen raum.

gestreift, kariert, sogar gedüppeltes – im viereck, im quadrat, gestapelt, gefächert – im rechten mass oder ganz wirr – du hast die wahl – du mußt es nur betrachten, als ob…

der rabe schafft es bis ganz hoch auf das führerhaus des kranes, da, wo ich so gerne hin möchte, wegen der besseren sicht und der mulmigen gefühle – aber rabe möchte ich deshalb nicht sein.

ROBERT TANZT…

FRAUNHOFER NEUBAU…

einen besonderen stil hat er – leicht und schwungvoll auf der betonbühne. wenn er sich dessen bewußt wäre, würde er aus seinem hohen stand abstürzen. also, besser nicht…

in sekundenschnell muß er umschwenken, dann muß er den flüssigbeton aus seinem fahrmischer in den behälter einbringen und zusehen, dass er ihn mit hilfe des mannes in dem sehr hohen kran an die richtige stelle hievt.


dass der beton nun eine gröbere steinbeimischung hat, erklärt mir robert. 0/8 oder 0/16 und zeigt mir ein steinchen, das der größe ungefähr entspricht.
bei ihm fühlt sich alles so leicht an, während es mir einfach zu heiß ist und ich mit meinen erkundungen aufhöre.


es ist ein käfig – für was auch immer – ich weiß es nicht und das ist gut. so habe ich große freiheit für meine fantasien, die ich hier nicht weiter ausbreiten will, dann bleiben dir deine auch noch. nur so viel – ein käfig auf einem eisspeicher – das hüpft und springt mächtig herum…

und das rohr – es ist nicht einfach nur rohr – es ist viel mehr. vom digerido abgeleitet vielleicht… es tönt über das ganze grundstück und liegt mir beim anschaun jetzt noch in den ohren…


nach dem krassen grün das flutsche gelb. es sind hauchdünne holzpaneelen. was man damit macht – decken, wände, böden verkleiden – ach, denk dir selbst was aus. bau dir eine hütte oder ein haus, oder ein fantasiegebilde – einfach drauflos…


die kleinen gestapelten dreiecke – herausgeschaut aus einem stapel. für mich wars wieder mal kunst – dieses nicht erkennbare, nicht deutbare – die klare form wahrende.


alles wahrt hier seine form, wenn auch nicht unbedingt vom anfang her erkennbar. irgendwann wird es seine form sichtbar und deutlich machen. und ich bin soooo gespannt…