INSEL SIEBENBERGEN…

EIN TAG AUF DER INSEL…

es ist ein hochgenuss
von blüten farben und düften umgeben
der duft berauscht mich
die blüten mit ihren mannigfaltigen farben verführen mich zum schauen und fotografieren

schön und fantasievoll angelegt sind die beete und erfreuen mich in ihrer vielfalt
die bäume begrüssen mich und von hell- bis dunkelgrün und rotbraun sind alle farbnuancen vertreten
die fadenblättrige buche hat jetzt ihre prächtigste und klarste form
ihre stattliche erscheinung beeindruckt

blumen pflanzen und bäume haben ihre schönste zeit
ein mairundgang
reich beschenkt und beglückt – ein tag von seltener schönheit

BÄUME REDEN…

weisst du, dass die bäume rede?
ja sie reden.
sie sprechen miteinander,
und sie sprechen zu dir, wenn du zuhörst.
aber die weissen menschen hören nicht zu.
sie haben es nie der mühe wert gefunden,
uns indianer anzuhören,
und ich fürchte,
sie werden auch auf die anderen stimmen
der natur nicht hören.

ich selbst habe viel von den bäumen erfahren:
manchmal etwas über das wetter,
manchmal über tiere,
manchmal über den grossen geist.

Tatanga Mani

aus:
WEISST DU, DASS DIE BÄUME REDEN?
Weisheit der Indianer
herder

BAUMLEIDENSCHAFT…

abende gleiten vorüber gehen nirgendwohin
bäume sind der leidenschaft fähig
die aprikose und die maulbeere
lassen kein auge voneinander
sie reisen zu zweit
und geben angeregte uralte laute von sich
wenn sie sich paaren
die nacht zerreissen
nicht anders als blitze

etel adnan
aus: jahreszeiten

schriftstellerin und malerin
geb. 1925 in beirut
teilnehmerin der dOCUMENTA 13

DAS CHAOS UMKREISEN…

bäume haben viel leben
dank ihres zusammenstosses
jahr für jahr
mit dem frühling
sie sind im boden verwurzelt
im gegensatz zu den tieren
ihre seelen sind leichter
dem vergessenen ursprung näher
sie kennen jeden der kommt
und wissen
dasein heisst
das chaos zu umkreisen

etel adnan
aus: jahreszeiten

schriftstellerin und malerin
geb. 1925 in beirut
teilnehmerin der dOCUMENTA 13

GESCHLOSSENE FARNDECKE…

sehr eindrücklich ist mir diese geschlossene farndecke
dieses bild fehlt mir noch bei meinen farnbeobachtungen
wie ein lebendiges leichentuch überdeckt es die erde für kurze zeit ehe es selbst zur erde wird

nachschauen will ich in meinem urwald wie es denn so geht
und was sich verändert hat
die jahreszeitlichen veränderungen gehen schnell müssen schnell gehen weil sich ja schon neues vorbereitet
aber auch die veränderungen des lebens der bäume zeigt sich rasant und oft ruckartig
meine fotos aus den vergangenen jahren lassen es vergleichend deutlich werden


diesen baum der nun nicht mehr so zu nennen ist
besuche ich oft
vor vier jahren stand er noch aufrecht
und kein wink dass es bald nicht mehr so sein würde
an seiner augenblicklichen lage gefällt mir
dass er mir so deutlich zeigt wie leben in sterben gleitet
wie jede phase seine bedeutung hat und ich darin lesen kann
manchmal möchte ich hinein kriechen in den offenen stamm
als mein grab wäre es eine wunderbare vorstellung
so ein ästhetisches vergehen und ein wunderbarer duft
entsteigt dem zerfall und dem wechsel in erde
der geruch oder gar duft ist das was sich mitverwandelt
wie lange diese rindenhülle sich noch so hält werde ich mitverfolgen
noch kann ich hindurchsehen
dieser durchgang sagt mir dass es weitergeht – danach

auch das sehr grüne moos im überschwang lässt hoffen
grün – die farbe der hoffnung und des lebens

merkwürdig undruhig ist es heute im unterholz
oder bin ich es die unruhig ist nach so langer besuchspause
ungewöhnlich das plätschernde wasser

auffallend die grossen kuhlen welche die wildschweine gegraben haben
seltsam das knacken im gehölz und ich horche auf
ein rabenvogel verkündet meine anwesenheit

alles im wald hat sich verändert und zeigt sich mir ganz neu
wieder einmal
wieder einmal alles ganz neu
und ich muss neu gucken
immer neu gucken

das leben – immer neu