…UND ICH SELBER MITTENDRIN…

ENDLOS – UNAUFHÖRLICH – documentanachlese

irgendwie bin ich hineingeraten in diese brennnesselwucht,
in dieses springkrautohnemacht. es ist nicht miteinander zu vergleichen und doch geht alles den weg des vergehens. die zeitliche abfolge ist nur verschieden und die art und weise. alles gleicht sich und ist doch so verschieden.

mein kompostloch kommt mir nun abhanden. die veränderungen von menschenhand haben begonnen. die platten sind weg, der steinberg und auch der kieshaufen. der regen der letzten tage hat dazu verholfen, an der stelle ein schlammloch zu hinterlassen. da bin ich hineingeraten bis an die knöchel.

nichts hielt mich davon ab, den weg durch die brennnesselwüste zu nehmen. es war mühsam, aber es gab mir auch das gefühl, mitten darin zu sein. die frage ist nur, wie komme ich da wieder raus.
brennnesseleinsicht in doppelter hinsicht – sie warten die jahreszeiten nicht ab. mit ihren rhizomen sind sie immer bereit neu auszutreiben. und hier auf der komposterde fällt ihnen das gar nicht schwer.

zwischen langen und grossen und neuen frischgrünen nesseln fühle ich mich gestärkt. nach einer gewissen zeit weiss ich aber auch, dass ich nicht ihresgleichen bin, nicht dazu gehöre. ich entferne mich wieder und es ist immer wie abschiednehmen. ich kann es kaum aushalten. mit meinen erinnerungsbildern tröste ich mich darüber hinweg und hoffe, dass die gärtner nicht alles niederwalzen werden.

DIE HÄNDE DER BÄUME…

Herbstwinde wehen durch das Gelände,

Die Hände der Bäume werden so schwach.

Wir sehen den gleitenden Blättern nach,

Des Sommers singende Häuser vergehen,

Wir schauen durch fallende Wände.



Auf leeren Wegen die Winde klagen,

Viel fortgetragen haben die Wege.

Und wo ich auch meine Wange hinlege,

Ich pflege nirgends der Ruhe mehr,

Wie der Baum ohne Blatt ist mein Tag luftleer. 


 

Max Dauthendey . 1867 – 1918



URBANE GARTENZWERGE IN XXL…

die
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG
schreibt am 1. november 2012:

Urbane Gartenzwerge in XXL
China organisiert in Kassel seine eigene «documenta»

Kunst und Architektur


foto
rosadora

Was nur gibt es da zu sehen, dass sich so viel Akrobatik lohnt? Eine Plastik von Mou Baiyan auf einer Leiter vor der Neuen Galerie.
Kurz nach dem Ende der 13. documenta bespielen neunzehn überwiegend etablierte Künstler aus dem Umfeld der Zentralen Pekinger Akademie der Künste den innerstädtischen Raum von Kassel.



Christian Saehrendt
Mit Ausstellungen, Symposien, Programmen des Kulturaustausches bemühen sich westliche Staaten, das Modell «moderne Kunst» in andere Weltregionen zu exportieren, auf diese Weise dort den eigenen Einfluss zu vergrössern. Doch mittlerweile wird der Westen selbst zum Ziel einer auswärtigen Kulturpolitik, mit der die aufstrebende Macht China ihre demokratischen Defizite und ihren ökonomischen Imperialismus zu kaschieren versucht. Zum Vierzig-Jahre-Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen finden derzeit 500 chinesische Kulturveranstaltungen in ganz Deutschland statt. Geschickt nutzt die Volksrepublik dabei den Nachhall der erfolgreichen «documenta 13», um in Kassel eine umfangreiche Schau von Installationen und Grossplastiken im öffentlichen Raum zu initiieren, die den vieldeutigen Namen trägt: «Alles unter dem Himmel gehört allen».

Kassel und chinesische Kunst – da werden viele Kunstfreunde an Ai Weiwei denken, den Star der «documenta 12», der nicht nur Hunderte von antiken Möbelstücken und alten Bauteilen aus China nach Kassel importierte, sondern auch 1001 seiner Landsleute, auf dass sie sich durch die exotische Atmosphäre Nordhessens inspirieren lassen könnten. Diesmal ist Ai nicht dabei. Stattdessen bespielen neunzehn überwiegend etablierte Künstler aus dem Umfeld der Zentralen Pekinger Akademie der Künste den innerstädtischen Raum quasi im direkten Anschluss an die «documenta». Treppenwitz der Geschichte: Für die «documenta» zeichnete die Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev verantwortlich, für die sich rasch das Kürzel «CCB» einbürgerte. Nun ist die zweitgrösste Bank Chinas in Kassel engagiert, der Etat der Schau wird von der staatlichen China Construction Bank gestemmt, kurz: CCB.

Erinnern wir uns: Vor Beginn der «documenta» schimpfte der Bildhauer Gregor Schneider, dessen Ausstellung in der Kasseler Karlskirche durch eine Intervention von Christov-Bakargiev verhindert worden war, die «documenta» sei so autoritär, sie solle besser gleich «in einer chinesischen Kleinstadt» stattfinden. Nun ist es so weit: Kassel selbst hat sich in eine chinesische Kleinstadt verwandelt. Doch ungeachtet der etwas merkwürdigen, allzu diskreten Anbahnung dieses kulturpolitischen Projekts stellt sich die Frage nach der künstlerischen Qualität der Arbeiten. Die Schau bietet einen gefälligen Mix aus glänzenden Oberflächen, Materialspielereien und optischen Verblüffungseffekten. Der fette, nackte Mann auf der Leiter, der ins Museum hineinspäht, die patriotische Terminatorfigur «Guang Gong», hergestellt aus LKW-Teilen, die bereit scheint, die City leerzufegen, die buntschillernden, Jeff-Koons-artigen Edelstahllöwen und Ameisenplastiken in der Fussgängerzone – all dies sind Elemente eines niederschwelligen Kulturangebotes, es ist Kunst, die auf den Beifall beiläufiger Passanten aus ist, grellbunte Stadtmöblierung, legitimiert durch trendige Themen wie Umweltschutz, Gartenkunst, Arbeitsmigration oder erneuerbare Energien – alles Dinge, von denen man glaubt, dass sie beim deutschen Publikum gut ankommen. Summa summarum wirken die Plastiken wie bunte Gartenzwerge in XXL, und man beginnt bei ihrem Anblick die Schrotthaufen und Unkrautbeete der vergangenen «documenta» bereits schmerzlich zu vermissen.

Zudem konnten politische Missklänge nicht vermieden werden. Kassels Oberbürgermeister von der SPD brüskierte den anwesenden chinesischen Botschafter, indem er demonstrativ einem Aktivisten die Hand schüttelte, der Protestplakate gegen die Schikanierung Ais trug. Kritische Flugblätter kursierten, auch liess die Standsicherheit der Kunstwerke zu wünschen übrig. Bleibt am Ende die Frage, ob die Volksrepublik mit dieser Ausstellung ihr Image verbessern konnte. Die Kasseler Schau könnte sich in dieser Hinsicht als Nullsummenspiel erweisen.

an rosmarie in der schweiz

erstaunt
einen so objektiven artikel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG
zu finden
fast hält er mich ab
der chinakunst weiter nachzugehen

ich frage mich auch
ist das kunst
besonders die metallig glänzenden löwen und ameisen
und anderes getier

mir kam die idee dazu
die chinesen holen die kunst im februar nicht wieder ab
und müllen uns schnell viel zu schnell mit weiteren dingen zu
tun sie ja jetzt schon…………

HALLOHALLOHALLOWEEN…

In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November ist Halloween, das kürbisfest schlechthin. der alte name VON HALLOWEEN lautet SAMHAIN kam im keltischen Jahreszyklus unserem Silvester gleich.
Zu Jahresbeginn bieten sich immer neue Vorsätze an, z.B. auf eine vegane Lebensweise umzusteigen – zumal am 1. November seit gut fünf Jahrzehnten auch noch der Weltvegantag begangen wird. Ein Umstieg ohne kulinarischen Verzicht, wohlgemerkt. Den Tieren, der Umwelt und nicht zuletzt dem eigenen Gaumen zuliebe.

rosadoras HALLOWEEN-Rezept zum WELTVEGANTAG

MARONENGEMÜSE

500 g maronen (geschält)
1 karotte
1 pastinake
1/4 sellerieknolle
1 gr. gemüsezwiebel
brühe
salz

maronen kreuzweise einschneiden
15 minuten kochen
abschütten
im sehr warmen zustand schälen

die zwiebel schneiden und glasig braten
karotte, pastinake und sellerie schneiden und dazugeben
mit brühe und salz garen
maronen hinzufügen und kurz ziehen lassen

UNBEIRRT HIMMELBLAU…


kompostloch gestern, 25. oktober 2012

warum mutet uns der anblick von vergehendem so traurig und trostlos an. näher betrachtet ist alles sehr lebendig, weil in verwandlung begriffen, und farbig obendrein. die farbskala verändert sich, nichts ist mehr überwiegend bunt. das sanfte überwiegt und leuchtet doch auf durch eine intensität des morbiden.
morbide wird übersetzt mit „brüchig, im Verfall begriffen, krank, marode, morsch, von Zerfall gekennzeichnet“ und ist doch auch weit mehr. das morbide wagt sich in unseren gefühlsbereich. es lässt uns aufmerksamer werden, rührt an unsere seele, die das laute und bunte eher abstösst.
ich mag diese morbiden klänge, sage klänge, weil da wirklich ein singen und klingen enthalten ist in dem morbiden.
mich einhüllen in diese farben, in diesen klang – das ist vielleicht eine altersfrage. überhaupt hat wahrnehmung mit alter zu tun. immer mehr, immer besser lerne ich sehen und begreifen, immer mehr verstehe ich die zusammenhänge von den dingen und der welt. und dazwischen wir, die menschen.

den kreislauf im kompostloch habe ich von anfang an, also vom beginn der documenta und pierre huyghes kunstwerk verfolgt und in bildern eingefangen. im april schliesst sich dann der kreislauf und bis dahin werde ich immer wieder vorbeischaun und mir ein bild machen.

es gibt da dinge, die mich beeindrucken. die starke brennnessel z. b., wenn alles sich dem ende nähert, wagt sie einen neuanfang. ihr sattes grün fällt besonders auf zwischen den beige- und brauntönen. ich werde beobachten, was sie unter der schneedecke sich einfallen lässt. mit ihren rhizomen ist sie ja so gut wie nicht ausrottbar. sie lassen sie immer neu austreiben.
im kompostloch halten sie die hoffnung wach, dass alles wieder neu beginnt.

boretsch ist fast unirritierbar, hält sich in seiner form und blüht unbeirrt und himmelblau. ausserdem bringt er jetzt im spätherbst neue pflänzchen hervor. auf dem kompost gedeihen sie prächtig.

die vielen, vielen samen des springkrautes halten es etwas vorsichtiger. nichts verrät, wo sie sich verbergen in dieser jahreszeit. umso intensiver werden sie sich hervor wagen, wenn es zeit für sie ist.
im moment verzaubern mich die vielen verwandlungskünste der niedergestreckten stengel. sie zeigen mir bruchstellen, verbindungen und das geschehenlassen in grossem urvertrauen. keine form widerstrebt ihm, und grazie und formschönheit finde ich in jedem stadium.

ich lerne verstehen. fast bis zum letzten wird mir verständnis zuteil – fast…

FRÜHER GRUSS…

ich kann nicht sagen
warum ich so gerührt war von dieser geste am frühen morgen

es war ausser mir noch niemand unterwegs
die löwenburg im nebel
das war mein sinnen

eine zärtliche geste
durch das liebevolle sträusschen
knöterich vielleicht

erst zuhause fiel mir die doppelte botschaft auf
rauchen kann tödlich sein

trotzdem hat es auch heute noch etwas anrührendes
verführerisch
wenn ich eine raucherin wäre
hätte ich nicht widerstehen können

LAUTER LETZTE TAGE…

so viel schönheit macht sprachlos
es gibt keine passenden worte dafür
schweigend geniessen

und zu wissen
dass es einer der letzten schönen tage war
macht wehmütig

der trost
dass andere schöne tage kommen werden
kalt und nass und frostig
aber doch auch zu bewundern
muss reichen

ich wollte nebel fangen
und habe sonne bekommen
was besseres konnte mir gar nicht geschehen
nebel wird noch oft kommen
aber goldene herbsttage nicht