in der Gegenwart der Dinge
im göttlichen Aufblühen dieses Frühlings
aber die Willenlosigkeit in jenem Stück Holz
schafft Verunsicherung…
etel adnan in JAHRESZEITEN
JEN RAY
HITS
noch bis zum sonntag
der kasseler kunstverein zeigt noch bis zum 16. märz 2014 die arbeiten der in berlin lebenden new yorker künstlerin JEN RAY
sie zeigt ihre grossformatigen aquarellierten beeindruckenden zeichnungen
in ihren surreal inszenierten welten treffen sich unterschiedlichste motive in wunderbar leichter weise
in ihren motiven zeigt sie stile verschiedener epochen
sie ist eine meisterin geistreichen und humorvollen collagierens
jen ray widmet sich auch immer stärker öffentlichen performences die sie im rahmen ihrer ausstellungen inszeniert und filmt
Malwida von Meysenbug (1816 – 1903)
„Noch sah ich meinen Weg nicht klar, wusste noch nicht, wie ich verwirklichen sollte, was sich in meinen Gedanken bewegte, aber ich fühlte, dass das Ziel meines Lebens hinfort sein werde, an der Emanzipation der Frauen von den engen Grenzen, welche die Gesellschaft ihrer Entwicklung gesteckt hat, und von den Kleinlichkeiten und der Unwissenheit, welche die Folgen davon waren, arbeiten zu helfen.“ Malwida von Meysenbug, 1905
die kasseler Heinrich-Schütz-Schule trug zwischen 1930 und 1940 deinen namen
dann benannten die nationalsozialisten sie um
du warst ihnen zu emanzipiert – ob man das wort damals schon kannte – zu demokratisch gesinnt
aus malwida-von-meysnebug-schule wurde die heinrich-schütz-schule
sie heisst auch heute noch so
dir hat man einen anbau gewidmet der nun seit über zwei jahren deinen namen trägt
ich überlege ob dir das recht gewesen wäre mit dieser einschränkung
vielleicht ist diese daheraus entstanden dass du ja n u r die ersten 15 jahre deines lebens in kassel verbracht – deine berühmtheit erst in späteren jahren erlangt hast – wenn überhaupt
zu deiner zeit war es ja sehr ungewöhnlich dass eine frau einen eigenen willen entwickelte und pädagogische und politische fähigkeiten zu ihrem lebensinhalt machte
die eine oder andere weiss das heute zu schätzen – und ich sage das absichtlich so – weil es wirklich nur die eine oder andere ist die deinen lebenslauf und dein lebenswerk kennt
am heutigen weltfrauentag – der für die meisten frauen keine bedeutung hat – leider – gebe ich dir die ehre – meine persönliche – und wünschte du kämst heute auf den opernplatz einfach so dahergeschneit und würdest deine meinung zur weltfrauenlage deutlich machen
deine weitsicht – schon damals – weit über kassel hinaus – hätte tragweite und überzeugungskraft genug um klarzumachen dass es nicht nur um das eigene wohl sondern auch um das derer die in unterdrückung und armut und anderen heute noch herrrrschenden machenschaften leben und leiden geht
ich nähme dir dein beklemmendes kopftuch ab mit dem man dich allzugern zeigt öffnte dir dein haar und mit flatterhosen machtest du eindruck fähig mit deinem innen und aussen eine vorbildfunktion zu erfüllen – achja vorbilder die fehlen gänzlich
vielleicht überzeugen die frauen von heute deshalb nicht
wir schauten uns das heutige kassel an – du wärest enttäuscht denke ich mir – wie zum einen ein krieg die stadt zerstörte und zum anderen der wiederaufbau zum zweitenmal und keine wirklich städtebaulich eindrucksvolle stadt hinterlassen hat
von dem haus in dem du gewohnt hast kann man auch heute noch über die karlsaue schauen
– wagt man sich nur in die oberen stockwerke
das leben hat sich auch da sehr verändert – abgesehen von den documentas die immer wieder stattfinden – die einen besonderen kunstflair entfaltet – man spaziert nicht mehr gemächlichen schrittes man rennt und joggt in eile durch das grüne juwel der stadt rennt vor sich selbst weg und vor vielem anderen auch – in hektik hetzt man den neuen idolen geld und erfolg hinterher – und der schönheit frönend
ich spazierte gerne mit dir am küchengraben entlang bis zum aueteich und drumherum und am hirschgraben wieder herunter – vor der orangerie verweilend von wo aus du dich ohne dass ich es merkte davon machst wie ein flügelwesen durch die lüfte…
IN MEMORIAM
handgeschrieben für mich
gefunden im
BIS AN DEN RAND DER ROSEN UND DER DORNEN…
rosemarie stüdemann
fläming verlag
widmung
– duschenka –
…und bis an das ende aller tage…
rosmarie 20.7.93
am 28.3.1999 waren unsere gemeinsamen tage zuende
rosemarie lebte in hamburg
sie war meine freundin in der ferne
original des gedichtes
ich liebe diese zerbrochenen und gesprungenen töne
die in zwischenräumen ausserhalb von linien sich bewegen
ich liebe diese zarten süssen traurigkeiten
die sich um schrille dissonanzen schützend legen
ich liebe diese perlend klaren töne
die losgelöst nach fester form sich sehnen
ich liebe diesen mächtigen akkord
ich liebe dich
sie liebte die liebe
und ging daran zugrunde
ETEL ADNAN
‚ich werde mir flügel wachsen lassen und fliegen‘
botschaften senden aus dem all fallen die gedanken auf die strassen haben ihren sinn verloren sind die menschen ohne den druck der engel verblassendes weiss verblendet sie haben fremderen wesen ihr vertrauen ist grenzenlos abgewirtschaftet werden die felder keine müde mark ist ihnen geblieben sind sie in alten bahnen verläuft es von meeresküste zu meeresküste sind sie gezogen wird immer nur das weisse an den rändern gibt ihnen zu denken brauchen sie nicht in den abgründen befindet sich eine ungeheure menge an glaubwürdigkeiten wird es mangelt ihnen an diesem und jenem sind sie nicht mehr interessiert gehen sie von einem ort zum nächsten zufallsprodukt werden sie gezwungenermassen haben sie einen grösseren radius müssen sie erst noch in ihrer wahrnehmung haben längst sind die verschiedensten ideen lassen sich nicht in das gehirn ist eine breite nervenmasse schwirrt ihnen vor augen haben sie immer nur das eine ist weiss ganz weiss…
rosadora
11.4.2013
nach auffassung von claire pentecost sind künstlerinnen und künstler diejenigen, die sich bereiterklären, in der öffentlichkeit zu lernen und das wissen selbst in der kulturellen sphäre der auseinandersetzung über werte zu befragen.
rosmarie aus der schweiz wurde schon ganz ‚krapplig‘ bei dem wort VERWEGENHEIT
und schreibt dazu:
liebste RosaDora
du kannst dir mutmasslich sehr wohl vorstellen, dass mir deine verwegene
tier-collage total spass macht. einmal habe ich bilder gerne, die ich frei
interpretieren darf, zum andern macht mich das wort VERWEGENHEIT
ganz krapplig:
noch immer suche ich in unserer verworrenen aktuellen welt
nach guten worten, welche die energie der drachin auszudrücken
vermögen.
das wort WEG in verwegenheit appeliert für mich ganz deutlich an die
eigenverantwortung in unsern entscheiden und gleichzeitig lächelt es
spitzfindig mit der chance des guten zufalls …. mutig in die zukunft
schreiten.
was sie wohl erst zu dem satz von claire pentecost
die diesen satz auf der dOCUMENTA 13 äusserte
sagen wird
die uns auffordert in der auseinandersetzung über WERTE das wissen in der kulturellen sphäre zu befragen
was schätzen wir als WERT
was ist uns wert zu leben
wo müssen wir sie suchen
und geht es um innere oder auch um äussere werte
wert anundfürsich hat noch keine aussage –
vielleicht auch keine bedeutung
kann KUNST dazu einen beitrag leisten
das wort WERTSCHÄTZUNG fällt mir ein…
kaum ein wort…
im sommergefährt
durch die landschaft
das wär´s
gasgeben oder auch nicht
fahren oder stehenbleiben
den wind um die nase
auch wenn mal keiner weht
wo ich so ein ding wohl bekomme
und wie heisst es denn
die sonne steht in ihrer vollen lichtkraft
gegenüber den 12 rauhnächten liegen die 12 nächte des mittsommers
unsere pläne und wunschvorstellungen die wir in den 12 rauhnächten gesponnen haben sind kurz vor ihrer erfüllung
noch können wir alle unsere energie dahingehend verwenden die letzten schliffe anzubringen ehe wir ernten
höhepunkte werden ersehnt im äusseren tun wie im inneren gestalten
ebenso werden sie gefürchtet weil die zeit abläuft uns weiter nichts bleibt als zu schauen ob uns dies und das gelungen ist
ob wir die gelegenheit erwischt haben oder ob wir sie haben verstreichen lassen versetzt uns in grössere spannungen
die teilerfolge stimmen uns nicht glücklich obwohl es in allem so ist dass etwas gelingt und anderes nicht und dass das der natürliche lauf der dinge ist
wir wollen immer alles
die sonnenwende ist die nahtstelle zwischen den welten
da tanzen göttinnen und allerlei hexenfrauen mit
die frauen brauten einst starkbier und versetzten dies mit kräutern
es hatte eine berauschende und aphrodisierende wirkung
es wurde getanzt bis zum ver-rücktwerden
die alltagsgedanken konnten sich nicht mehr durchsetzen
ins feuer könnten wir unsere bedenken werfen und unsere nicht erfüllten wünsche und sie umwandeln lassen zu mehr gelassenheit
gelassenheit – ein wort das sehr viel von uns verlangt
es stellt eine ständige anforderung an uns
wenn unser rhythmus ein kleinwenig fester gelegt wäre so wie die sonne ihre bahnen zieht die erde sich dreht die bäume blühen und verwelken hätten wir es leichter
die ansprüche hätten keinen platz mehr zur entfaltung und die unzufriedenheit würden wir nicht kennen
aber da wir unser schicksal hin und herschieben können (oder auch nicht) müssen wir weiter durchs feuer uns läutern und reinigen bis wir ganz klein und zu asche werden
heute lodern die feuer – hier und da und dort – und es ist nicht an schlafen zu denken und nicht an schatten und nicht an misslungenes
heute feiern und tanzen wir und singen
‚SONNE, DU FEUERKRAFT, WIR FEIERN DEINE FÜLLE, LICHT SEI IN UNS.’
lied: arunga heiden
das mittsommerfest – ein fest der freude und des dankes…
BRIEF VON ROSMARIE aus der schweiz
antwort auf BLÜHEN UND WELKEN
liebe RosaDora
ja, wie recht du hast, die angst oder gar trauer anzusprechen
hat wirklich zu tun mit unsern erfahrungen des sterblichen seins,
BLÜHEN UND WELKEN
BLÜTENPRACHT UND SAMENWUCHT
GENAUES HINSCHAUEN
WIR WISSEN NICHT WAS DAS NICHTS IST
WENN RAUM UND ZEIT UND MATERIE
FÜR UNS WEGFALLEN
AUCH DER SAMEN MACHT DIE VORSTELLUNG
DES NICHTS NICHT DEUTLICHER, DOCH
DER SAMEN GEHÖRT ZUM SCHÖPFUNGSLIED.
DER SAMEN IST NICHT BELANGLOS,
ER ZEIGT UND WEIST AUF, DASS ES EINEN
NEUANFANG GIBT.
BUDDHISTEN FINDEN DARIN IHREN WEG-
CHARAKTER – AUCH DIE MENSCHEN, WELCHE
AN DIE WIEDERGEBURT GLAUBEN
MEINEN REALITÄTSGEHALT SUCHE ICH IMMER
NOCH IN DER SCHÖNHEIT UNSERES LEBENS,
HALT EBEN IN DER LIEBE ZUM SCHAUEN
VON BLÜHEN UND WELKEN UND BLÜHEN UND ….
VOM MITSCHAUEN DÜRFEN
darum,
was sprichst du denn von einem suchen eines
dankes für mich??
deine botschaften in wort und bild sind für
mich lebensklänge der besten ART
eine innige umarmung
rosmarie
die poesie
tanz und gesang auch
ist eine elementare form der kunst
du drückst nicht nur funktionale dinge aus
nein du willst es ausdrücken
das sich beinahe unmöglich sagen lässt
also sagen wir es poetisch
wir schreiben ein gedicht
etel adnan
schriftstellerin und malerin
unterrichtete geisteswissenschaften
und philosophie
in san rafael, kalifornien
war feuilletonredakteurin
in beirut
u. u. u….