PLATT GEMACHT…

platt gemacht ist hier nun bald alles
heute kam der riesenbagger und hat alles niedergemacht

dass er den robinienhang wegkriegen würde
habe ich nicht gedacht
umgeschuppst und beiseite gezerrt
ich habe mich so geschämt vor sie hin zu treten
ein wenig geblüht hatte schon die eine oder andere
und samenschoten herausgebracht
wie abgeschlachtet lagen sie da
die wurzeln wie gespreizte zehen in die luft gestreckt

ein holler gleich daneben
der war voller holunderbeeren – fast reife
keine rücksicht – alles musste weg

der beuysbaum an die seite gezerrt
zum schreddern
keine beachtung mehr
die männer wissen nicht einmal seine bedeutung

auf die erdhaufen bin ich noch geklettert
aber es war nicht das gleiche wie zwischen den
pflanzen herumzuschlängeln zu d13-zeiten
am liebsten hätte ich mich wie eine decke darüber gebreitet
und geschrieen – jetzt reichts
aber da war schon alles vergeblich

ich kann gar nicht begreifen
wie man all die pflanzen plötzlich so rückhaltlos
vernichten kann
und damit sie ja keine chance haben
nochmal aufzukeimen
wird die erde erhitzt um die keime abzutöten
abgetötet…
keine chance für ein wiedererscheinen
keine aussicht auf wiederbegegnung

KOMPOSTLOCH ADE…

nun sind sie angerückt die grossen maschinen und lastwagen
sie scharren und sieben und schaffen die gesiebte erde weg

bald wird hier alles platt sein
dann wird es eingerichtet und dem park zugeschlagen
das war gestern
heute müssen sie erst eine maschine besorgen
welche die bäume wegrafft
die gehen nicht in die rüttelmaschine
die ohnehin die falsche ist und für steine und erde gedacht ist
die lobelien haben in den zwei jahren eine stattliche grösse erlangt
sie können nicht umgepflanzt werden und müssen weg
das erdreich ist zu locker in denen sie wachsen
es geht langsam
die männer stellen sich die frage
ob die firma stundenweise oder pauschal abrechnen wird
keinem tut es leid
es muss gemacht werden
die ordnung im park ist vorrangig

ich werde heute und solange wieder hin gehen
bis ich sehen kann
was aus meinem kompstloch geworden ist

KLEINSTE DINGE…

Rainer Maria Rilke 1875-1926

Die meisten Menschen
wissen gar nicht, wie schön die Welt ist
und wie viel Pracht in den kleinsten Dingen,
in irgendeiner Blume, einem Stein,
einer Baumrinde oder
einem Birkenblatt sich offenbart.

Die erwachsenen Menschen,
die Geschäfte und Sorgen haben
und sich mit lauter Kleinigkeiten quälen,
verlieren allmählich ganz den Blick
für diese Reichtümer,
welche die Kinder,
wenn sie aufmerksam und gut sind,
bald bemerken
und mit dem ganzen Herzen lieben

NATUR-KUNST-KOMPOSTLOCH…

mit einem dankritual verabschiede ich mich von meinem kompostloch

dank dem ort der mir so wunderbare aufschlüsse und erklärungen geschenkt hat

dank den pflanzen die mich überraschten weil ich sie in der vielzahl hier nicht erwartet hatte
ganz besonderen dank dem springkraut das mich auch heute wieder umduftet und betört

ich wage zwei blütenstiele zu entwenden und stelle sie in eine vase
meine ganze wohnung duftet und hält die erinnerung noch etwas in die länge gedehnt wach
auch in der vase
bilsenkraut fenchel sumpfknöterich und hühnerhirse
sie stehen für alle anderen im kompostloch

dank allen kräften der natur die mich ein ganzes jahr lang begleitet haben
es war das aufregendste und schönste kunstjahr in meinem leben

SCHRECKENSNACHRICHT…

nur noch kompostloch

noch klingen mir die worte von gärtner mike im ohr
das kompostloch bleibt unangetastet
da wird nichts mehr gemacht
und nun aus paris die nachricht
es ist alles abgemäht
ich kann es nicht glauben und schaue nach
es ist abgemäht
und warum

kurzsichtig würde ich das nennen
wäre die d13 nicht ein grund gewesen
diesen ort zu lassen
einfach zu lassen um zu schauen
was daraus wird
die pflanzen waren doch stille zeugen
zeugen eines prächtigen auftritts
der mit hochachtung gefeiert wurde

doch nun dies
100 tage – und keinen tag länger
so ist es vorgeschrieben…

da hatte ich ja glück
noch weitere dreihundertdreiunddreissig tage
dazugeschenkt zu bekommen
ohne dass was verändert worden wäre
und dennoch ist meine enttäuschung und trauer
riesengross

für mein kunstwerk hatte ich keine bestimmte vorstellung
wie lange es dauern sollte
und dass es mit dem abmähen nicht beendet ist
ist sicher

der poetische raum ist auch weiterhin geöffnet

BOTANISCHER GARTEN V

SEIDENBLUME…

die seidenblume verrät durch nichts so schnell weshalb sie den namen trägt
erstmal erkannte ich sie nicht weil ich auf sie im vergangenen jahr durch ihre balgfrüchte aufmerksam geworden war

die blätter sind lederartig erinnern an gummibaumblätter
die blüten kugelförmig – d. h. viele kleine blüten stehen zu einer kugel zusammen
als sie dann welkte hing sie schlapp herunter und verriet nichts

erst als sich die balgfrüchte zeigte ging mir ein licht auf
nochmal suchte ich nach dem namensschild und fand auch eines – seidenblume also
ich erinnere den platz vom vergangenen jahr
dass die aufgeplatzten früchte dann das seidige offenbaren
konnte ich an den pflanzen nicht nachvollziehen
die balgfrüchte wurden schon vorher entwendet


wikipedia

aber auf einem foto bei wikipedia fand ich die herrliche seidenpracht
wie der schleier einer fee – leicht gewillt zu fliegen
und die samen dem wind preiszugeben

SOMMERAUSKLANG…

….
Hat je ein Duft wie Abendphlox geduftet?
Blaut´ je ein Tag so tief wie Eisenhut?
Sind nun die Sinne wurzelhaft entgruftet
Und trinken, vollmondgleich, aus reifster Flut?

Erfüllte Zeit! Wir opfern deiner Fülle,
Die uns mit Nächten ohne Stern umschwarzt.
Doch bald macht uns des Herbstes große Stille
Um so viel reicher, als du ärmer wardst.

(Carl Zuckmayer. In “Und strömt und ruht”. Gedichte und Bilder. Heinrich Pleticha. Daniela Kulot. Thienemann Verlag)
heute gefunden bei sonja
http://wildgans.wordpress.com/


WEISNICH

der ausklingende sommer bringt noch einmal eine unverschämt farbenprächtige seite von sich zum ausdruck
jetzt wo es nicht mehr so heiss ist
umschmeicheln mich die unterschiedlichsten düfte
war es bei der hitze nur ein einziger dumpfsüsser duftschwall
kann ich sie jetzt differenzierter wahrnehmen
der phloxduft in seiner süsse
die tomaten sehr viel herber
dill und kamille schleichen sich ein
ich sitze auf einer taunassen bank und geniesse

und das gras nicht vergessen
zauberhaft in jeder form und seinen poetischen bildern

MARLON UND YUMA GEHEN NACH PARIS…

abschied im kompostgarten


ich will hier in meinem kompostloch bleiben
schliesslich ist das mein zuhause – oder so ähnlich…


nun komm – mach schon…

YUMA ist aufgeregt und rennt quer durch pflanzen und büsche und bäume
marlon macht es ähnlich nur in gemässigterem tempo
ich bin hippelig als würde ich mich verabschieden
tue ich ja auch von marlon und human
mir bleibt das kompostloch

gern ginge ich mit nach paris
dort zeigt pierre huyghe der künstler von „untilled“ zur d13
ab 25. september 2013 seine retrospektive im centre georges pompidou
also auch das „untilled“
YUMA und MARLON werden wir dort wiedertreffen

wann sie und ob sie danach wieder nach kassel kommen ist ungewiss
irgendwann bestimmt einmal
aber das kann noch sehr lange dauern

BOTANISCHER GARTEN IV…

brüder grimm-festival

in diesem jahr werden die menschen mit ROTKÄPPCHEN in die aufführung gelockt
die erwachsenen sind in der überzahl
märchen erinnern bei vielen an die kindheit
als meine kinder im märchenalter waren waren märchen verpönt
zu krass die bilder zu grausam
man war der meinung dass der weg zum guten nicht über das böse führt


im kleinen schwarzen ins kindermärchen

sie kommen auf jeden fall – die menschen
mögen das ins lächerliche und manchmal vulgäre gezogene mit moderner musik untermalte
super war es – und – wir kommen nächstes jahr wieder
da gibt es dann ein anderes märchen
und die bühne wird eine etage weiter unten angesiedelt werden

die schauspielerinnen und schauspieler geben ihr bestes
bei grosser hitze muss es der horror gewesen sein in den warmen kleidern
und im regen – für die zuschauerinnen und zuschauer gibt es regencapes
ich habe nur von draussen geguckt und gelauscht

die imbissbude wird gut angenommen – wie man so sagt
geselligkeit stellt sich nicht ein
die leut trinken ihre cola und sind schnell wieder weg

ich denke
alles geschäftemacherei
und überlege was die grimms wohl dazu sagen würden

BOTANISCHER GARTEN III …

VIOLETTE WUCHT…
im botanischen garten kassel

wochenlang beglückt er mich nun schon mit seiner blütenwucht
mit seinen aufblühenden und verblühenden blumen und pflanzen

im lauf einer woche hat sich die gartenverbene grosse flächen erobert
begeistert mit seiner violetten pracht die spielerisch mit anderen farben prachtvolle bilder zaubert
im abendlichen gegenlicht ist die zauberei vollkommen
ein ehepaar – sie sagt – wir fahren gar nicht mehr weg
wir sind hier so glücklich
eine andere frau bemerkt
so viele menschen waren sonst nie hier
nein der garten war aber auch noch nie so schön wie in diesem jahr
das spricht sich rum

cosmea und verbene
sie spielen miteinander
führen einen sommertanz auf
sie umschmeicheln sich und mich mit ihren zarten formen
auf galanten beinen wiegen sie sich im wind
inbegriff des sommers
hindenken an den sprotte-garten auf sylt
dessen frau cosmea hiess

karden
ich liebe sie in ihrem aufrechten stand
und fotografiere sie gern im gegenlicht
dann kommt in ihrem stacheligen wesen das
leichte und beschwingte hervor