traumfetzen
sonnengeblendet
das licht
durchschauende
geschichten eingezurrt
schnürfest
sagenhafte muster
zeit eingeschweisst
bis an den rand
rosadora
traumfetzen
sonnengeblendet
das licht
durchschauende
geschichten eingezurrt
schnürfest
sagenhafte muster
zeit eingeschweisst
bis an den rand
rosadora
wie die felder jetzt so leer sind, denke ich – zuerst. doch als ich nach meinem sonnenblumenfeld schaue, sehe, dass es noch nicht abgeräumt ist – ich hatte es fast vermutet – steigt freude auf. auch das wiedersehen eines sonnenblumenfeldes vermag es, mich in meinem tiefsten anzurühren.
diesmal hat es sich stark verändert. dass es mal ein feld mit leuchtenden sonnenblumen gewesen ist, weiss ich nur, weil ich es begleitet habe in seiner verwandlung. die beige farbe leuchtet das morbide bild aus. einzig der ewige kohl setzt nun seine grünen leuchter auf. in seinem robusten gestänge scheint er sogar noch den winter zu überdauern.
das gras konkurriert mit dem grün des kohls. beige und grün – das ist eine wunderbare farbkombination.
die knochen des kopfes eines rehböckchens liegen dazwischen und sehen aus wie pflanzenwuchs. wer es wohl zur strecke gebracht hat. ich mache mir so meine gedanken, wie das gewesen sein könnte und dass es ja sicher kein ganz kleines tier gewesen sein kann, das ihm zum verhängnis wurde. ich trage es wie eine trophäe mit mir und werde ihm einen ehrenplatz bei mir geben. vielleicht sind wir uns im herbst ja schon einmal begegnet.
die strünke der sonnenblume ohne kopf sehen aus wie lange hanfstengel. gegen die sonne bilden sie die reinsten trotzstangen. irgend etwas muss sie noch aufrecht halten. überhaupt haben die sonnenblumen für mich eine besondere haltung. mit festem stand trotzen sie allen wettern, bis zuletzt.
die langen disteln nun schön gefaltet am boden. die malven lassen sich auch nicht unterkriegen. einige stehen schon wieder in den startlöchern und treiben neu aus. etwas zu früh wie ich finde. aber natur nützt jede wetterlücke.
ein erdbau von einem nicht ganz kleinen tier, daneben noch einer.
mehr als erahnt ist ein ökofeld nahrung und raum für viele tiere.
viele der trockenen pflanzen weiss ich nicht mehr einzuordnen in ihrer veränderten form. in der farbäusserung haben sie sich sehr angeglichen. das merkmal der jeweiligen farbe fehlt und macht mir ein erkennen schwer.
ich bleibe an ihnen mit meinen füssen hängen und entschuldige mich, dass ich hier so herumstolpere. sie nehmens hin und mir scheint, dass sie lächeln über meine sorge.
das arrangement von einem grasbüschel und einer geknickten und vertrockneten sonnenblume locken sich auf ein foto.
manche sonnenblume hält noch einen leckerbissen für die tiere bereit – dicke, eingeweichte sonnenblumenkerne.
zum abschied pflücke ich noch ein paar kohlblätter und bin nicht sicher, ob ich mich traue sie zu essen.
er vermag sich in schönstes goldgelb zu verwandeln.
meine neugier, wie lange das sonnenblumenfeld noch seiner verwandlung erliegen darf, ist gross. ich hoffe, dass es sich im frühjahr wieder selbst aussämen darf und in ganz anderer weise erblühen wird.
in der KÜNSTLER-NEKROPOLE KASSEL
wurde heute das GRABMAHL von GUNTER DEMNIG eingeweiht und der öffentlichkeit übergeben.
CIRCUITUS
bedeutet u. a. kreislauf. die skulptur ist in anlehnung einer wasserpumpe gedacht, die in dem lebensspendenden wasser die vorstellung von leben und vergehen birgt.
in der künstler-nekropole harry kramers sind es somit 9 grabmale, die von den künstlerinnen und künstlern selbst gestaltet wurden. nach ihrem tod wird ihre asche dem jeweiligen mal beigegeben.
die künstlerinnen und künstler setzen sich damit bewusst mit ihrem eigenen tod auseinander.
im künstlerischen gestalten des eigenen grabmals beginnt eine annäherung an das thema tod.
bis sie gedankliche und seelische dimensionen erreicht, muss eine ungeheure öffnung geschehen für das, was uns bis zuletzt verborgen bleibt.
die grabmalkunst, die mit ende des 17. jahrhunderts zuende ging, gewinnt hier in der nekropole harry kramers seine künstlerische bedeutung wieder. die individuelle gestaltung des eigenen grabmals ist nicht nur die wiederbelebung der grabkultur, sondern die kultur eines volkes erlangt eine wertschätzung in der beschäftigung mit dem tod.
gunter demnig hat eine skulptur geschaffen von ungeheurer klarheit.
dass sie am ufer des blauen sees ihren ort hat, stellt eine symbolische verbindung zwischen stele und wasser her. der platz ist mit grosser besonnenheit gewählt – das wasser in seiner tiefe – die bäume, die bis in den himmel reichen – verbundenheit zwischen profanem und transzendenz.
zu den die skulptur umgebenden pflastersteinen sehe ich die parallele zu gunter demnigs projekt
STOLPERSTEINE. seit 2000 verlegt er steine vor häusern, in denen vom naziregime verfolgte und ermordete menschen gewohnt haben. er gibt ihnen ihre namen wieder und trägt damit zum nichtvergessen bei.
hier in der nekropole sind die steine wieder namenlos, wechseln die ins bewusstsein gerufenen auf eine ebene, gehen ein in die grosse weltenseele, aus der wir kommen.
alles bewegt sich, alles schwingt mit – es ist tod im leben – es ist leben im tod.
ergänzende erklärung von gunter demnig:
Liebe rosadora;— das mit der Wasserpumpe stimmt so denn doch nicht;— das Prinzip geht zurück auf die Zeitmessung
der Völker vor der Erfindung und Berechnung der Sonnenuhr von den Griechen. Wassersysteme wurden auch zur Zeitmessung eingesetzt.
In meinem Fall ist diese Arbeit allerdings in gewissem Sinne doch statisch; sie bleibt unbeweglich im höchsten Stand während meiner Lebenszeit; wenn die Urne drin ist, wird der sog. Schwimmer abgesenkt und schaut dann nur noch
ca. 12cm über die ‚Wanne‘ hinaus. Die Zeitmessung ist symbolisch gemeint. Es ist allerdings das Prinzip einer EinlaufWasserUhr.
zu GUNTER DEMNIG
www.stolpersteine.com/
ewiger kohl
mal wieder musste ich nachschaun, was mit meinem sonnenblumenfeld passiert ist.
es ist ihm nichts geschehen. unbeeinträchtigt darf wachsen, blühen und vergehen was und wie es will.
ganz gut scheint es dem ewigen kohl zu gehen. dass es kohl ist wusste ich, dass es ewiger kohl ist, der geniessbar ist, habe ich erst jetzt erfahren. sogar rezepte gibt es, wie man ihn herrichten kann.
versucht habe ich, den istzustand, wie schon zwei-dreimal, zu dokumentieren. interessant finde ich, wie viele pflanzen sich dort breit gemacht haben. ich zähle auf:
ewiger kohl
kratzdistel und
ackerkratzdistel
acker- od. gsrtenmalve
boretsch
roggen
ringelblume
koriander
kamille
brennessel
ackersenf
phaselia
gras
hafer
und einige vertrocknete, die ich nicht erkennen kann.
ein reh, und noch eines, springen aufgeschreckt durch das noch immer dichtbewachsene feld. wobei ich denke, kohl ist nicht das beste für rehe, macht blähungen. doch ringsherum die felder und wiesen sind so aufgeräumt, dass nicht viel übrig bleibt für hungrige tiere.
nun muss ich wohl noch ein weiteres mal schauen, was mit meinem feld passiert und ob sie es in diesem jahr platt machen und umpflügen. die bauern bekommen ja bezahlt, dass sie es für erkundungen und die tierwelt liegen lassen. wie lange diese beobachtungsphase geht, weiss ich nicht.
da legt sich nun
dicht blatt an blatt
und als ein teppich
decken sie die erde
zu der sie
werden wollen
fest schmiegen
sie sich an
und lauschen
nun wird sich wandeln
die ganze blattwelt
fällt in tiefen schlaf
eigentlich kann ich den bildern mit worten keine grössere bedeutung beimessen.
sie zeigen die 3 ginkgos in ihrer ganzen grösse und stärke und schönheit.
so golden, wo alles gold der anderen bäume längst verschwunden ist.
so strahlend, dass mir mein herz vor freude springt.
noch einmal farbenfroh – das war vor drei tagen – und ist heute nicht mehr so.
der herbst rüttelt mächtig das bunte laub ins gras. und weil sonntag ist,
sind die laubbläser nicht unterwegs. aber spätestens nächste woche ist auch
das herbstlaub weggeblasen – wie nicht gewesen.
es beginnen kältere tage…
baumsein
ausgesetzt
dem lärm der strassen
der unaufmerksamkeit der menschen
kraftstrotzend trotz alledem
5. OKTOBER 2011
22. OKTOBER 2011
27. OKTOBER 2011
Eiche,
Du fassest Wurzeln
Und stehst.
Uns aber treibt
Ein Unruh
Und Verlangen
Von hier nach dort.
Mir ruft die Höhe,
Mir ruft die Tiefe,
Der Engel der Mitte
Begnadet mich nicht.
Zerrissen, zerrissen,
Ich fasse am Ende
Die knochigen Hände
Des fraulichen Tods.
Aus meinem Grabe
Die Säfte sie steigen
In deine Wurzeln,
Beständige Eiche.
So finde ich Ruhe
Und Stärke
In dir.
(Alfred Henschke) Klabund
Aus der Sammlung Gedichte
…doch der schrecklichste der schrecken
ist:
den herkules am po zu lecken,
denn
er hat grünspan dran…
das erwähnte der vater so häufig, dass es mir bis heute nicht entfallen ist.
dass er jemals mit uns am herkules gewesen ist – daran kann ich mich nicht erinnern.
als kind bin ich noch bis in die keule gestiegen.
wie weit man heute steigen kann, werde ich nach der vollständigen renovierung sehen.
renoviert wird schon seit jahren.