R O S E N Z A U B E R….
Category Archives: gedichte
MEHR ALS EINE ROSE….
BOTANISCHER GARTEN KASSEL…
der dichter RAINER MARIA RILKE ging in der zeit seines pariser aufenthaltes regelmäßig über einen platz, an dem eine bettlerin saß, die um geld anhielt. ohne je aufzublicken, ohne ein zeichen des bittens oder dankens zu äußern, saß die frau immer am selben ort. rilke gab nie etwas – seine französische begleiterin warf ihr häufig ein geldstück hin. eines tages fragte die französin verwundert, warum er nichts gebe. rilke antwortete: „wir müssen ihrem herzen schenken, nicht ihrer hand.“
wenige tage später brachte rilke eine eben aufgeblühte weiße rose mit, legte sie in die offene, abgezehrte hand der bettlerin und wollte weitergehen. da geschah das unerwartete: die bettlerin blickte auf, sah den geber, erhob sich mühsam von der erde, tastete nach der hand des fremden mannes, küßte sie und ging mit der rose davon. eine woche lang war die alte verschwunden. der platz, an dem sie vorher gebettelt hatte, blieb leer. nach acht tagen saß sie plötzlich wieder an der gewohnten stelle. sie war stumm wie damals, wiederum nur ihre bedürftigkeit zeigend durch die ausgestreckte hand.
„aber wovon hat sie denn in all den tagen gelebt?“ fragte die französin.
rilke antwortete: „von der rose…“
josef bill
´HERZ, DU VERLIERST SEHR VIEL, WENN DU NICHTS AUSHÄLTST´…
AUCH DU BIST SEHR LEICHT…
HILDE DOMIN…
lege den finger auf den mund
rufe nicht
bleibe stehen
am wegrand
vielleicht solltest du dich hinlegen
in den staub
dann siehst du in den himmel
und bist eins mit der strasse
und wer sich umdreht nach dir
kann gehen
als lasse er niemand zurück
es geht sich leichter fort
wenn du liegst als wenn du stehst
wenn du schweigst als wenn du rufst
sieh die wolken ziehn
sei bescheiden
halte nichts fest
sie lösen sich auf
auch du bist sehr leicht
auch du wirst nicht dauern
es lohnt sich nicht angst zu haben
vor verlassenheit
wenn schon der wind steigt
der die wolke verweht
die angst nach verlassenheit ist etwas, das uns ständig begleitet. es ist nicht leicht,
diese angst aus der palette der gefühle zu streichen.
vielleicht, ja vielleicht löst sie sich auf in anbetracht dessen, dass ‚schon der wind steigt’, vielleicht noch gepaart mit der sehnsucht, wie eine wolke zu verwehn.
sich so klein zu machen, sich so flach an den boden anzuschmiegen, dass jemand gehen kann, so als lasse er niemand zurück – das ist ein schönes bild. es liegt auch eine weisheit darin. aber wir wollen ja immer, dass wir nicht vergessen werden, dass etwas von uns bleibt.
Mir weht der wind schon manchmal um den kopf, aber zu registrieren, wann er ‚steigt’, das ist ein weiteres.
im zen gibt es einen spruch
WENN DU ETWAS GUT MACHST
HINTERLÄSST DU KEINE SPUR
auf unser leben angewendet gibt mir das eine ungeheure erleichterung.
alle anstrengungen, bedeutung zu erlangen, fallen da weg. ich kann tun, was ich tue, nur um es zu tun.
lange gespräche könnten sich anschliessen – vielleicht ergeben sie sich ja – vielleicht im allee cafè…
rosadora
älterer beitrag – er ist mir heute vor die füsse gefallen – irgendwie passend
WORT UM WORT neu …
ich suche
die worte in mir
hexe und engel
liegen sich
in den haaren
die eine spricht
mir den weisen teil zu
der andere trägt
ihn mir wieder fort
spricht segen und frieden
und ähnliche verheissungen
hexe mahnt
misstraue
mischt hinzu
ein quentchen lebefroh
eine brise bittersüss
ich rühre
und fische
wort um wort
neu
LEBEN SORTIEREN…
LEBEN – LIEBE – TOD
die welt
wandert aus
in ein zukünftiges
du bleibst zurück
sortierst
dein leben
wort für wort
die lösung
will nicht erscheinen
alle bedeutenden worte
bestehn aus wenigen
buchstaben
leben
liebe
tod
rosadora
N E U E S J A H R . . .
2020 – ein NEUES JAHR
wenn ich etwas will – bekomme ich garnichts
will ich aber nichts – liegt alles – wie ausgebreitet vor mir
so geht es mir mit diesem text
der etwas wll und soll
er soll das NEUE JAHR mit allen guten wünschen versehen
da es aber lange her ist und peter handke schon in
ALS DAS WÜNSCHEN NOCH GEHOLFEN HAT
das wünschen infrage stellte
mache ich gar nicht erst den versuch
das NEUE JAHR zu verklären
claudia sagt – es ist wie es ist
und ich sage – es kommt, wie es kommen muß
ich mache mir auch nicht die mühe
herauszufinden – wer das beeinflusst
wenn ich da auch so einen verdacht habe
und der satz JEDER IST SEINES GLÜCKES SCHMIED
stimmt nur so lange – wie der schmied selbst noch schmieden kann
und auch das WÜNSCHEN – so scheint mir –
hat an kraft und einfluss verloren
so schraube ich die hoffnungen und erwartungen nicht all zu hoch
und strenge mich an – mich nicht selbst zu enttäuschen
alles in allem also – es kommt, wie es kommen muß
oder auch ganz anders…
rosadora
DIE ERDE DIE SCHÜTZENSWERTE…
HERAUSFORDERN…
friedhof hamburg-nienstetten
foto: rosadora
mit deutlicher gebärde
der welt sagen
was sie verletzt
mehr und mehr
verlangt es
sie zu retten
herausfordern
die menschen
aus ihrem
lauten schlaf
ihnen die augen öffnen
und die ohren
damit sie sehen
die erde
die schützenswerte
die geschöpfe
die die chance hätten
menschen zu werden
rosadora
I N A …
04.02.1942 – 07.12.18
INA RÖSING
im grenzbereich
treffen wir uns
du und ich
werfen uns schattenbälle zu
setzen uns lichtkronen auf
mit unseren efeustimmen singen wir
ein halleluja auf den tod
ein halleluja auf das leben
verschmelzen
zu einem einzigen gesang
rosadora
DAS VIBRIEREN…
das vibrieren
der welt
das kommen und gehen
der jahreszeiten
das überspringen
des erwarteten
das wechseln
des lichtes
die verwandlung
im ganzen
die zuversicht
im kommen und gehen