13.01.2000

den kleinen freuden
auf die sprünge helfen
und mit ihnen eine weile tanzen
die grossen kommen und gehen
ganz wie sie wollen

wenige besteigen einen hohen kirchturm
noch weniger die türme der gedanken

die menschen
fühlen sich in grossen räumen nicht wohl
sie lieben
kleine und übersehbare zimmer

wie du nichts kaufst
was du nicht brauchst
so halte es auch
mit deinen gedanken

den steinen zumuten
dass sie dich tragen
und nicht umgekehrt

die gedanken wachsen lassen
ihnen das austreiben gestatten
damit sie kleine kronen aufsetzen
gedankenblüten spriessen
die früchte sind erst viel später dran

rosadora

14.01.2000

der schatten wechselt
wie das licht
der schatten des todes
wechselt in das
licht des lebens

gnade zu empfangen
und gnade zu erteilen
das ist nicht das gleiche

es ist januar
und das wetter wechselt
wie im april
auch die menschen sind launisch

die wolken
verteilen sich über den ganzen himmel
sie halten den sternenhimmel verdeckt
den sternen ist’s recht

der fuchs beisst die gans
die gans beisst die katz
den letzten beissen die hunde

den tanz des lebens
du musst ihn tanzen
kannst nur hin und wider
eine pause machen

es sind immer die gleichen muster
die durchlaufen werden müssen
aber mit immer neuen menschen

ein berg verbirgt schätze
wenn du sie heben willst
hilft es nicht
ihn zu besteigen
du musst ihn durchdringen

männer marschieren
frauen tanzen
sie tanzen den tanz des lebens
männer wollen die welt
besiegen
darin liegt die gefahr

mich einschneien lassen
mit meinen gedanken
und mich auftauen lassen
es trägt zur besseren durchblutung bei

den lauf der sonne anhalten
wer das könnte
der könnte die menschen
zum frieden anhalten

rosadora

17.01.2000

der dompfaff
singt sein klagendes lied
lass dich nicht irritieren
er singt es
bei gutem wie bei schlechtem wetter

den träumen der kinder folgen
noch nahe dem ursprung
sind sie ohne falsch und zweifel
kinderträume
zu unseren visionen machen
das hätte eine zukunft

7. dezember 2000 22 uhr
15 grad celsius und föhn
selten hat ein frühlinsbeginnen
so viele warme aufschwünge
die natur die menschen die tiere
irritiert wie sonst selten

gehen auf schmalen füssen sieht graziös aus
gehen auf breiten füssen weniger
aber du hast einen besseren stand
gehen

wenn es nicht schreibt
das ist zum ausdemfensterspringen
aber ich springe nicht
die wolken machen an und aus das licht
an und aus und an

frag nicht was es soll – es soll ja gar nicht
alles soll so wie du es willst
in deinen willen befohlen dein leben

geh aus dem haus
auch wenn du nicht willst
es geschehen noch zeichen und wunder

der gärtner hat alle büsche geschnitten
jetzt schaut mich der verrostete drahtzaun an
was soll mich daran inspirieren

der himmel lockt die kleinen vögel
sie sitzen in den hohen bäumen
ganz oben

der tag kommt und der tag geht
du kannst es beobachten
wenn du es nicht eilig hast

die gärten liegen in einem beruhigenden braunton
als schliefen sie
welch eine täuschung

manchmal sind die berge weit und manchmal ganz nah
wettergefärbte optik

die geräusche anderer menschen
für mich nervenfressender lärm

weihnachten – das ist die zeit
wo die menschen sich am meisten etwas vormachen
ihre liebe ist wie ihre geschenke
selten passend

nicht alle klopfzeichen sind gesendete botschaften
die arbeiter über mir schlagen drauf und drauf
und haben nicht die kleinste taktische anlehnung

das telefon – es läutet nicht
aber es lauert wie eine katze auf ihre beute
ach hätte ich doch kein telefon

ich weiss dass ich nichts weiss
was ist es dann
was sich schreibend nach aussen drängt

das grösste glück versteckt sich in der sekunde
dauert es länger und du beginnst darüber nachzudenken
ist dein glück schon unterbrochen
‚glückssträhnen‘ sind eine sache der inneren einstellung
es gäbe soviel ‚glücksmomente‘
wenn wir nicht allzu vieles als selbstverständlich nähmen
unser täglich brot zum beispiel

immer der kalte schnee soll die weihnachtlichen gefühle anheizen
15.12.00 tanzende schneeflocken versuchen ihr bestes

manchmal werden gebete erhört
obwohl sie nicht gebetet wurden

rosadora

17.01.2000

in den neuen tönen
nicht die alten klänge
suchen
neue lieder singen
nach alten noten

über die brücke gehen
nicht um auf die andere seite zu gelangen
sondern
um über die brücke zu gehen

den blickwinkel neu bestimmen
mit den alten augen
neu schauen

die alten und die neuen bilder
nicht miteinander vergleichen
das verbindende ist auch immer das trennende

gegen die spur im bild gehen
neue sichtweisen zulassen

höre nicht auf die
die schon wissen
sie haben keine fragen mehr

nicht die wissenden
treiben den weltfortgang an
sondern die fragenden

mich in meiner wüste verlaufen
und doch wissen
hier bin ich zuhause

dem nichtort
einen standpunkt einräumen
wohnen im wortort

von wort zu wort schreiten
so als wäre jedes für dich neu

das interesse des habens
auf das interess zu sein lenken

abendland
in deinen untergängen
finde ich mich
im morgenland
wieder

manch ein stern
den wir anbeten
ist längst untergegangen
und wir mit ihm

der bedauerliche zustand
unserer verfassung
bringt mich aus der fassung

beim zählen der maschen
lasse ich hin und wider eine fallen
so ungefähr denke ich mir
halte ich es auch
mit meiner vergangenheit

jedes lied seinen eigenen klang
jeder mensch sein eigenes lied
würde ich wünschen

die gewalt bei männern
fängt schon sehr früh an
jetzt erschiessen schon 6 jährige
ihr lehrerinnen

rosadora