KOMPO…

KOMPOSTGNOM
ODER DER MIT DEN VIELEN GESICHTERN

anfang april sah ich ihn an einem baum lehnen so als würde er auf mich warten
in den vergangenen monaten fiel er mir schon auf
auch zur dOCUMENTA 13 war er anwesend
seine neugier ließ aus seinem kopf einen zweiten wachsen
und nun muss er den mit seinem arm abstützen
fast hätte es ihn auseinandergerissen
so viel war es was in ihn eindrang und was er zu hören und zu sehen bekam

ein ganzes jahr ist es her dass die ersten arbeiten für die dOCUMENTA 13 begonnen haben
dieser einjährige hat so viel erlebt dass er beschlossen hat
es müsse für sein ganzes leben reichen
zu hektisch
zu aufregend und laut
zu viel gerede
das gerede wird in zukunft unterbleiben
soviel steht fest
aber ob die bagger und bulldoggen ihn verschonen werden
das ist nicht sicher
auch die gärtnerinnen und gärtner mit ihrem spitzen gerät
könnten an ihm schaden nehmen und ihn werfen
wohin immer sie wollen

dass ich ihn mitnahm kam ihm gerade recht
ich klemmte ihn mir unter den arm und fotografierte noch dies und das
wechselte ihn mal von links nach rechts
gab ihn dann marlon damit er ihn mir trage bis ich fertig
wäre mit meiner arbeit

human die weisse dOCUMENTA-podenco-hündin
schnupperte an dem gnomenkerlchen
wäre fast der täuschung erlegen dass es ein knochen sei
stellte aber schnell den irrtum fest

zuhause legte ich ihn erstmal zum trocknen in mein büro
wo findus mein stubenkater die gleiche erfahrung machte wie human
nach ein paar tagen duschte ich ihn mit härterem strahl ab
veränderungen treten ein nach wasser und trockenheit
immer sind sie überraschend

heute dann war er mein fotomodell
aber das gesicht das ich so deutlich sah
wollte sich nach der dusche nicht mehr so deutlich zeigen
sehen und sehenwollen sind zwei ganz verschiedene dinge
dass er verschiedene gesichter hat ist sicher
und dass sich mir immer mal wieder ein anderes zeigen wird ist klar
so klar wie auch wir nicht nur ein gesicht haben

GESCHICHTEN AUS DEM KOMPOSTLOCH III

FAST KOMPOSTIERT

aber nur fast
wiederspenstig stiel blatt und busch
starren sinnes die brennesseln
obwohl neue sich anschicken
das terrain zu erobern
schon oder erst jetzt

brennessel starr- und leichtsinn
beherrscherin des ortes
paradiesisch hartnäckig
sich haltend an eigenes gesetz
neugierig in neuer gier
mir blickhalt und grosse lust

nachtschattengewächs
brennessel distel und springkraut
sehne neues herbei
nicht vergessen vergangenes
verbinden mit kommendem
das neue jahr mit dem alten

wiedersehen birgt erkennen
neusehen macht neugier riesengross
hinter dem hügel weisse federn
fuchs ich sehe dich
entenpaar vertrauensvoll
in schlammpfütze

GESCHICHTEN AUS DEM KOMPOSTLOCH II…

FREMDE WESEN IM KOMPOSTLOCH

wesenstreu
dieses kompostloch
immer wieder gestalten
neue und ganz neue
am rande und auch mittendrin
schlamm überall schlamm

erst fällt ein
menschliches wesen hinein
na fast jedenfalls
und dann ein kleiner stier
im schlamm liegend
besonders süchtig

die weisse podenco-hündin
schnüffelt spürt und spurt
einen weg um den schlamm herum
ist auf der anderen seite nun
noch ehe das menschliche wesen
seine beine gerettet hat

den vom rande
am baume anlehnenden
nehme ich mit
immer wieder die nähe
zu meinem paradiesort
bezeugend

GESCHICHTEN AUS DEM KOMPOSTLOCH I…


ausdrucksvolle ergebenheit


doch ja – ich kenne dich


begrüssung mit küsschen


vertrauensvoll aus der hand

ABBRUCHARBEITEN (ZUSAMMENBRUCH UND WIEDERAUFBAU) MARLON MIDDEKE

marlon schreibt mir
er baut die hütte ab
ich also hin
wiedersehensfreude – grosse
human die weisse podenco-hündin
erstmal scheu

marlon schraubt
und schraubt und schraubt
dann klopfen und treten
biegen und brechen
ich halte die wände
sammle die schrauben

human schaut skeptisch
ist ängstlich weicht zurück
erkundet den neuen alten ort
beschnuppert dieses und jenes
ist sehr nervös und gribbelig
läuft mit rosa übern acker

nach fast zwei stunden
sie hat gesch… und gefressen
hat geschaut ist gelaufen
legt sie sich auf einen hügel
so als hätte sie
ihn endlich wiedererkannt

die hütte ist kurz und klein
erst war sie auch nicht gross
die teile am boden
wehmut aus erinnertem
gern hätte ich mit marlon
hier eine ausstellung initiiert

die mhk erlaubt es nicht
spielverderber
wir suchen einen anderen ort
neu
immer alles neu
unverzagt

ALLES BEGINNEN…

ganz zaghaft beginnt es
mit dem ende fängt das neue an
es entfaltet sich fast unmerklich und dann ist es einfach da
wie hier das springkraut
das im vergangenen jahr so riesig empor wuchs
und im blühen sich verduftete
und dann lustig seine samen in die gegend versprang
und nun ist es wieder da
ich bin neugierig ob es wachsen darf
und noch einmal ein wenig documenta-flair
hier in das kompostloch zaubert

sonst ist nichts mehr so wie es war
die wege und anhäufungen sind plattgewalzt
ein dicker querliegender baum wurde zersägt
ein anderer musste ebenfalls weichen
die zeugen für zusammengebrochene kultur gibt es nicht mehr
und die begegnungen sind vergangenheit
schade

EINSATZ GEGEN BIENENGIFTE…

https://secure.avaaz.org/de/bye_bye_bee_killers_germany/?tGiGUdb

BITTE LESEN
UND REAGIEREN

es ist wichtig, dass unsere bienen leben.
einstein sagte:
wenn die bienen sterben,
sterben wir nach vier jahren auch.

alles, was blüht und früchte tragen soll, muss bestäubt werden.
die meiste arbeit leisten die bienen.
das einsetzen von pestiziden ist gewissenlos
den bienen, anderen tieren, uns und
der gesamten umwelt gegenüber.

rosadora

zappelbiene von der seite von
danny jöckel
imker witzenhausen

er hat die bienen ins „untilled“ von pierre huyghe gebracht
und nach der dOCUMENTA 13 wieder abgeholt
es geht ihnen gut

KUNST REIHENWEISE…

ganz ohne kunst muss man hier im kompostloch auch 5 monate nach der dOCUMENTA 13 nicht auskommen. schön in reihen geordnet setzt hier der künstler oder die künstlerin dem chaos eine gewisse ordnung entgegen. nicht geschnitten, sondern gebrochen sind die
hölzchen, die sich nur dem springkraut zuordnen lassen und mit der pinkenen farbe nicht zu verkennen, dass es sich hier um ein übnerbleibsel aus pierre huyghes „untilled“ handelt.
es hat mich erfreut, meine fotobegeisterung gesteigert und ich vermute, dass das kleine höhlenbauwerk gleich nach beendigung der d13 vielleicht vom selben künstler stammen könnte.
soviel geduld und fantasie muss belohnt werden.
ich widme diese fotos und den artikel dem unbekannten künstler oder künstlerin….

IM KOMPOSTPARADIES…

KOMPOSTLOCH
PIERRE HUYGHE

nachgeschaut
nachgeschaut wie sich die veränderungen in meinem kompostloch unter dem schnee zeigen.
ich muss aufpassen, dass ich nicht im darunterlauernden matsch versinke. ich folge den tierspuren, hunde zumeist, aber auch hasen und vögel, die haben ein sicheres gespür für riskante wege.
der schnee stellt mir hier einen besonderen reiz dar. es schaut aus, als lege er schützend und beruhigend die hand über die schlafende natur. die sonne, die sich nach langem schmuddelwetter mal wieder zeigt, entlockt mir ein lächeln – und ja, so ist es gut. die temperaturen steigen fühlbar, es taut mächtig, und ich schwitze bei meinen herumkrabbeleien – auch ein zeichen von: frühling wird es nun bald.
ich kann nicht fotografieren, wie ich möchte. es ist rutschig und die gefahr zu fallen lauert, und vor allem in den matsch zu gleiten. ich liebe mein matschparadies und beobachte seine zuckungen mit grösstem interesse.

marlon, kunstgärtner und betreuer des kunstwerkes während der d13 sagt, da wirst du immer wieder hingehen. er sagt es so, als sei ich süchtig, als würde die symbiose, die ich mit dem erdloch eingegangen bin, nicht wieder irgendwann enden können.
er schlägt vor, dass ich es das ganze kommende jahr noch fotografieren müsste, damit man den unterschied sehen kann zwischen dem gestalteten werk und dem sich selbst überlassenen kompost. es ist ein guter vorschlag. ich glaube, ich werde ihn verfolgen..

marlon ist mit senior bei mir in meinem hundehaushalt. das allein ist schon spannend. senior ist einer der hunde, die zu pierre huyghes kunstwerk dazu gehörten.

und feodora, kunstgärtnerin und mehr betreuerin des „untilled“ schreibt mir aus new york und paris und von dort, wo sie sich gerade in ihren kunststudien aufhält.

andré, auch einer der kunstgärtner und betreuer während der d13 ist schweigsam. er paukt für sein abbbi, was auch sinnvoll ist.

so sind die verbindungen. verbindungen sind wichtig, damit das erarbeitete nicht einfach weg ist, ein teil von mir bleibt.

PIERRE HUYGHE – ROSWITHA HAFTMANN-PREIS 2013…

Roswitha Haftmann-Preis 2013 für Pierre Huyghe

Donnerstag, den 24. Januar 2013 um 16:16 Uhr
Europas höchstdotierter Kunstpreis geht erstmals an einen Franzosen. Der Stiftungsrat der Roswitha Haftmann-Stiftung vergibt den mit CHF 150’000.- dotierten Roswitha Haftmann- Preis an Pierre Huyghe (*1962). Die Übergabe findet am 16. Mai 2013 im Kunsthaus Zürich statt.

wie ich richtig lag mit meiner wahl
meinem empfinden für das, was auf der d13
den höhepunkt darstellte
da müssen erst die schweizer kommen…

nichts geht zuende alles geht weiter
das kunstwerk verfolge ich noch bis april 2013
dann ist es ein ganzes jahr und der kreislauf geschlossen

pierre huyghe gab ich über 2000 fotos aus meinen beobachtungen über die zeit der dOCUMENTA

es ist ein 20 minütiges interview mit rosadora, also mit mir, entstanden von den gebrüdern karl und johannes BRUNNENGRÄBER in ihrer MOMENTA100

mein buch LICHTE MOMENTE ist ab heute im buchhandel zu bekommen

den artikel zum huyghe-preis zu finden unter…
www.kultur-port.de/index.php/kunst-kultur-news/6395-roswitha-haftmann-preis-2013-fuer-pierre-huyghe.html&ct=ga&

fotos vom 14. januar 2013