K U N S T . . .

‚entspricht dem geschmack und der denkungsart ihrer zeit…’

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‚mir haben immer die bilder am meisten gefallen, die zum denken auffordern; es beweist, dass sie einen inhalt haben. ich weiss gar wohl, dass dieses eine kontroverse ist, aber dem satz, dass ein kunstwerk sich selbst erklären solle, kann ich nicht beitreten. es geht auch nicht an, ihn allgemein zu machen; das widerlegt sich schon aus einer besichtigung der galerien, und die gefeiersten werke raffaels, um mit dem namen den widerspruch zum schweigen zu bringen, widersprechen dem. …
überhaupt hat die bildende kunst ihre eigenen gesetze und die lassen sich nicht generalisieren. dass etwas vortrefflich ist, hängt an tausend dingen, die sich nicht völlig deutlich machen lassen. man muss das organ dafür haben. im ganzen kann man sagen, alles was wahrhaft schön ist, ist auch künstlerisch verwertbar. …
nicht zu vergessen: jede zeit stellt im allgemeinen das ihrem geschmack – auch ihrer denkungsart – entsprechende dar. die gegenwartige gibt der pöpelmalerei den vorzug, das ist freilich traurig genug; wohin kommt man aber, wenn man die götter vertreibt? so haben sie uns denn auch mit recht verlassen.’

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aus:
MÄRCHENFRAU UND MALERDICHTER
briefwechsel
zwischen
malwida von meysenbug und
ludwig sigismund ruhl
s. 69

kassel, 29. mai 1880

wie zu lebenszeiten der malwida von meysenbug und ludwig sigismund ruhl stehen die begriffe und einordnungen dessen, was kunst ist, immer noch nicht fest – werden sich nie einordnen lassen. mit der zeit ändert sich die kunst und also auch die begreiflichkeit. Das ist ja das schöne an der kunst – am leben – das es ist wie es ist und auch ganz anders.

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‚ich habe mich in ihr herrliches bild wie in einen tiefen frühlingshimmel versenkt.?
Eichendorff

Diese hingabe haben wir verloren. Nichts ist uns heilig, alles haben wir verspielt. Die götter haben uns verlassen und nun ist das dringlichste unserer zeit, nach einem ersatz zu suchen.

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