HINAUS – HINAUS…

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es streitet die sonne mit dem schnee.
am ende des winters hat sie eine schlechte lage,
die weisse pracht. sie gerät ins rutschen, ins laufen,
verschwindet zuletzt. ist nicht mehr das, was sie war.
der temperaturwechsel bringt einen farbwechsel in gang.
das grün löst das weiss ab und schmückt sich bald mit
allerlei fremden farben, worauf wir in diesem jahr, nach diesem langen, langen winter besonders gespannt warten.
gestern feierte die sonne grosse triumphe. auch, dass sie mich hinaus
lockte, kann sie sich hoch anrechnen. die wärme ist eine der grössten freundinnen der menschen. erst einmal erwärmt, geht alles irgendwie leichter und schneller.
wie einen schnitt habe ich es empfunden, dieses abgelöste von kalten tagen.
ich spüre erleichterung und dass nun alles wird, wie es soll.
das schauen hat eine ganz andere qualität. vor allem das licht bringt die erneuerung, das neue sehen – mal wieder… ich kann gar nicht genug davon kriegen – so ausgehungert. am ende bin ich dann satt, wie nach einer neukreierten mahlzeit, von der man zu viel isst. müde und zufrieden bewege ich mich wieder nach drinnen, ganz sicher, dass es nun mehr solcher lichttage geben wird.

CLARA HAT’S…

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clara hat’s…

kinder in die politik
sie haben die besseren ideen
die alten
so verkalkt wie sie sind
sollten
in die zweite reihe treten
anstatt zu treten
nach rechts und links
um ihre positionen zu retten

clara hat’s
es liegt in ihrer hand
das ist eine gute perspektive
hören wir ihr doch zu

GEMACH, GEMACH…

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indische göttin der gemächlichkeit…
sie sprang mich an, obwohl sie dazu keinen finger rührte, geschweige denn abzuheben gedachte. dieser schlafwachzustand, der uns westeuropäerinnen so abgeht. immer müssen wir wuseln und herumtun, wenn nicht dies, so müssen wir zumindest denken.
immer immer rumort es in meinem kopf, will ich dies und jenes begreifen, will ich das eine mit dem anderen verknüpfen, um zu verstehen.
selbst wenn ich sitze und nichts tue, was nicht so selten passiert, hockt mir diese aufforderung im nacken, tu doch was, heb doch endlich ab, beginn zu fliegen, wenigstens in deinen gedanken.

nun soll sie mich beruhigen mit ihrer gemächlichkeit und der ausgestrahlten ruhe.

LEICHTE SICHTWEISEN…

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merkschwere fantasiebilder…

‚Keines ihrer Augen will das andere begleiten, stellen Sie sich vor, Sie hätten dieses Leiden!’
jelinek

leiden am leiden, vermeiden begleiten, rechtsaug und linksaug, obenaug und untenaug, niemals begleiten, niemals mittig. niemals die mitte sehen, mitte sein nicht. verschwindende mitte.
augenfälligkeiten gekonnte, nicht selbstverständliche. sichtweisen leichte, nur unter grösster anstrengung. leiden vermeiden. leichtigkeit schwierigst erzwungen, leichtes ansehen gekonnt vermieden. unbeschwertester blick in die ferne. kontrollvermeidung rechts links. die ferne verwitscht auf einen punkt. scheinbar sich begleitende augen in gezieltes blicken. leiden wegen des leidens. merkschwere fantasiebilder anpeilend. rückversichernder blick ins nichts. verstohlenes lächeln mit geschlossenen augen. grossartige brillenschau. offensichtlicher sehgewinn am leiden vorbei.

I M B O L C . . .

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es ist schon früher hell am morgen und länger hell am abend. dass das licht zunimmt, ist deutlich spürbar. die energien regen sich. etwas zu beginnen fällt merkbar leichter.

das lichtfest, welches die kelten als imbolc feierten mit der lichtgöttin brigid, wird auch heute und immer wieder mehr begangen. die christen nennen es mariä-lichtmess und ich frage mich, warum sie denn die alten feste abgewandelt feiern, obwohl sie alles was vor ihnen war als ‚heidnisch’ benennen…

heute gehe ich hinaus und rüttele die bäume wach und scherze mit den samen, die sich schon in der erde regen. dass in diesem jahr besondere vorsicht geboten ist übermütig zu sein, wissen sie wohl selbst. die schneeglöckchen waren im vergangenen jahr längst mit ihren köpfchen im lockenden licht.

dass mehr licht auch immer mehr schatten bedeutet, davon wissen die leichten seelen, die mit depressionen sich plagen, ein lied zu singen. das licht leuchtet auch noch die letzten ecken aus. das, was bedrückt, ist in dieser zeit wahrnehmbarer als in den anderen jahreszeiten.

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die liebenden finden sich.

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die maulwürfe bauen neue wohnungen für ihre nachkommen.

FLÄCHEN NEU FÜLLEN . . .

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‚…wie dich das grosse einatmen
überkommt mit einemmal
mischst du die farben
füllst du die flächen
an nichts dich haltend neu…’

BRIGITTE FUCHS
in DAS BLAUE VOM HIMMEL ODER ICH LEBE JETZT
glendyn verlag – aarau 1993

als lägen unsere tätigkeiten nebeneinander – du gestern, ich heute. dabei sind jahre dazwischen und die aufforderung ‚flächen neu zu füllen’ unabhängig voneinander. 1993 – 2009 – was bedeuten jahre?
alles erfüllt sich zu seiner zeit.

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MUSCHEL AUS EIS…

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die natur – die grosse staunenmacherin…
die muschel als gewaltiger geborgenheitstraum – sich vorstellen, ein bad zu nehmen in einer riesenmuschel, sich von kosmischen kräften gestärkt und beborgen fühlen…
die muschel aus eis hält nicht im geringsten davon ab, solches zu empfinden. das gesehene bild schwingt sich auf zum rang eines erlebten bildes. die kraft der einbildung ist die grösste kraft, mit der wir uns umgeben, uns unsere eigenenbilder, unsere eigene welt schaffen können.

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das eis gibt hier noch eine besondere inspiration – vielleicht vom ganz heissen ins ganz kalte einzutauchen und so belebt das leben als ein fest zu gestalten.

diese eismuschel hatte einen so grossen sog, eine solche anziehungskraft, dass mir schon an der löwenburg ein ehepaar die stelle beschrieb, die ich unbedingt aufsuchen müsse und später gaben mir noch andere menschen den hinweis.
ein ‚kleines wunder’ gemessen an den grossen vorkommnissen in der natur, und eine kleine völkerwanderung dorthin…

W I N T E R . . .

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‚…kürzlich träumte mir, ich flöge über eine runde, zarte eisfläche, die dünn und durchsichtig war wie fensterscheiben und sich auf- und niederbog wie gläserne wellen. unter dem eise wuchsen frühlingsblumen. wie von einem genius gehoben schwebte ich hin und her und war über die ungezwungene bewegung glücklich. in der mitte des sees war eine insel, auf der ein tempel stand, der sich als wirtshaus entpuppte. ich ging hinein, bestellte kaffee und kuchen und ass und trank und rauchte hierauf eine zigarette.
als ich wieder hinausging und die übung fortsetzte, brach der spiegel, und ich sank in die tiefe zu den blumen, die mich freundlich aufnahmen…’

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als ich heute auf dem lac über die eisflächen schlitterte, lag ein kleiner junge auf den knien und wischte mit seinen handschuhen das eis blank. ‚was siehst du denn da?’ fragte ich ihn. ‚einen eingefrorenen goldfisch’. er stellte sich mir als ein schmales weidenblättchen dar.

doch hätte ich nicht innegehalten, wären mir auch die ‚frühlingsblumen’ nicht aufgefallen und die sind mir aufgefallen, weil ich zuvor diese textstelle von robert walser gelesen hatte. alles fügt sich zusammen…

EIN WINTERMÄRCHEN…

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schnee und sonne mögen sich – es muss nur kalt genug sein.

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im winter mag ich die sonne ganz besonders. sie ist die einzige, die es schafft mich mich mit ihren wärmenden strahlen hinaus zu locken. der schnee macht aus dem hellen licht blendlicht. für die augen ist es schön und anstrengend gleichermassen. die gegend so verkleidet zu sehen, ist immer wieder ein überraschender anblick. der schnee knirscht unter den schuhen. dem wind halte ich mein gesicht entgegen. ich zwinkere der sonne entgegen. an die kälte habe ich mich längst gewöhnt, ausserdem bin ich pudelwarm angezogen.

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der orangerie steht die weisse pracht gut und lässt sie in ihrem gelb strahlen.

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die mondin am tag – wer passt auf wen auf?
die rauhnächte sind vorbei, nun beginnt eine neue zeit.