HERZGESPANN…

du stolze aufrechte
du bescheidene blüherin
immer sah ich dich
nie erkannte ich dich
erst in die blüte
fiel mir ein licht
in deinen lippen
lag botschaft mir

dein anblick
lindert mir herzschmerz
gibt ruhe und gelassenheit
grosse heilerin
gewogene schlichterin
in magen und darm
fliesst beruhigt
verdauungsfluss

im gewalle der pflanzen
bist du ruhender pol
vom sonnenlicht
erhältst du
den streitbaren saft
der alles schafft
herzgespann
du gnadenreiche

SANFTES LEUCHTEN…

ERGÄNZUNG…
ich musste diese pflanze noch einmal in meinen blickpunkt rücken
sie lockte mich rief mich mit ihrem farbenspiel
eine pflanzenmalerin

ampfer
was dich herausragen lässt
über alles gras
ist deine klare blütenspitze
treibst sie
bis in die rostige röte
lässt sie dann gleiten
in blätter deiner wahl

valven und schwielen
geschützt im aufstreben

woher nimmst du
dieses rot
das unnachahmliche
dieses sanfte leuchten

wie du schöner wirst
von tag zu tag
wie du dich reihst
ins kommen und gehen
wie du mir die augen öffnest
mal wieder ganz neu

KOMPOSTGARTENAUSLESE…

klettenlabkraut
verdirbt alles
würgt jedes grün
verwächst alle sicht
mischt sich aufdringlich ein
der documentablick ist futsch

kamille
wächst auf den wegen
wo zu viele menschen gingen
die energie ist beeinträchtigt
mit der kamille erwächst heilung
der duft weht mich an

engelwurz
treibt aus
treibt blüten und samen
weiss was er tut
nur die bienen fehlen
in diesem jahr

der sehr giftige hahnenfuss
unverschämt ausgebreitet
ein grosses terrain erobert
wie er das geschafft hat
bei der d13 waren es
nur einzelne pflänzchen


riesenbärenklau
ich zweifle noch immer daran
dass es eine herkulesstaude ist
an den blättern fehlen
die giftigen zähne
er sieht ganz lammfromm aus

das giftige bilsenkraut
schon verblüht
hat krönchen aufgesetzt
sie schaukeln auf den stengeln
wie kleine prinzessinnen
den wievielten tanz

brennesseln
die steten erneuerer
heilbringende feuer
drängen und werden verdrängt
haben nicht die beste position
zur zeit

zaunwinde
die galante tänzerin schlängelt
mal helfend und ergänzend
mal würgend überwältigend
im blühen trägt sie
die absolute schönheit

gras
fliehend wie ein wasserfall
fliessend wie ein meer
kommend und gehend
niedergestreckt im fall
wogendes energiebündel

rosadora

IMMER DER NASE NACH…

immer der nase nach
und nicht irritieren lassen
der vögel gesang wird schon weniger
da ist es schwierig
die richtige richtung einzuschlagen
so sang- und klanglos
macht das leben
gar keinen spass
da wird es schon winter
mitten im sommer
und das wetter
dieser spassvogel
glaubt auch
mich foppen zu müssen
na warte
ich werds ihnen zeigen
augen zu und durch

rosadora

DIE QUALEN EINES MALTAGES…

im MALWERK BAD AROLSEN henning drescher

blumen malen
henning und galeide waren im feld und haben blumen gepflückt
mohn glockenblumen und margeriten
ein farbenfroher willkommensgruss


bärbel hat schon sooo viele mohnblumen gemalt
sie entschliesst sich für margeriten


monika mag nichts pingeliges
ihr schwebt was grossflächiges vor


martha ist entschlossen
schnappt sich die grosse mohnblume
die henning aus dem garten geopfert hat
und legt los

rosadora will sich heute dem thema stellen
obwohl sie keine blumen malen kann und mag
energie- und fantasielos hockt sie
vor ihrer leeren leinwand


allen fehlt der schwung zum beginnen
nur martha malt entschlossen

wir nören alle
monika gefällt ihr blau nicht
monika verfällt dem pingeligen
und ist unglücklich darüber
rosadora hat noch immer nicht angefangen
martha erstaunt mich mit ihrem tatendrang
überflügelt uns alle

alle malen jetzt
henning gibt hilfestellung
heute grössere als sonst


rosadora die auch noch ins malen fällt
malt ein gemeinschaftsbild mit henning


nach ihrem ersten fertigen bild
ist bärbel ganz down – sagt das wetter
will nachhause gehen


ich überrede sie zu bleiben
henning gibt ihr einen neuen malgrund
und einen anstoss für einen versuch
sie druckt und bleibt
ist am ende wieder ganz locker


monika die unglückliche
bekommt auch noch einen neuen malgrund
sie druckt nun etwas
und ist am schluss ganz glücklich


rosadora beginnt ein weiteres bild
und braucht dafür fast keinen pinsel
ist trotz fehlender energie
am ende ganz froh und glücklich


martha ist zielstrebig geblieben
zeigt weder
müdigkeit noch unlust
und hat zum schluss
eine wunderbare mohnblüte
und ist happy


die krönung ist wieder mal
galeides bewirtung
sie beglückt uns mit ihrem salat
melissentee der uns durch den tag
begleitende muntermacher
und als krönung einen eiskaffee

vor den erfolg haben die götter
die qual gesetzt

in jeder blume lauert die schlange…

MALEN IST KEINE KUNST…


rosadora
acryl 60 x 80

wenn du denkst
du malst ein bild
völlig daneben
das bild malt dich

wenn du denkst
du wählst die farben
du kannst gar nicht wählen
die farben sind einfach da

wenn du denkst
du wählst das malwerkzeug
hoppla
das wartet längst auf dich

wenn du denkst
du bestimmst die muster
ach nee
die muster fallen dich an

du denkst zu viel
du wolltest doch malen
naja
und wenn ich nicht weiss was

und wenn ich nicht weiss wie
und wenn die fantasie streikt
die energie am boden liegt
bei der hitze

nja dann solltest du vielleicht schwimmen gehn….

MARLON MIDDEKE – OUTSIDE…

ulrike petschelt hatte marlon middeke in ihre galerie eingeladen.

marlon, selbsternannter künstler, dokumentierte und erklärte mit seiner installation aus dingen, die ihn 100 tage während der dOCUMENTA 13 umgaben, seine eigene befindlichkeit. er trug vor, was ihn körperlich, seelisch und geistig bewegt hat. aus seinen tagebuchaufzeichnungen las er kurze fragmente, die er in englisch verfasst hat.

diese ausstellung ist ein versuch der verarbeitung des erlebten. auf verschiedene weisen geht marlon damit um, er schreibt, malt und zeichnet, fotografiert und filmt und spricht davon, dass dieses kapitel seines lebens eine fortsetzung finden wird.

langsam ist dieses erleben aus dem „untilled“ in ihm gewachsen. war es zuerst ein job, wie er sagt, um geld zu verdienen, entdeckte marlon bald, dass ihn die dinge um ihn herum innerlich ergriffen und bewegten und auch veränderten. er begann zu beobachten und freundete sich mit dem gedanken an, kunst zu studieren.

er erzählte auch, wie er manchmal genervt war, mal von den besucherinnen und besuchern, mal von den hunden, es regnete tagelang, und dann war es zu heiss. er führte gespräche mit den menschen und wenn es ihm zu viel wurde, zog er sich zurück an einen ort, wo diese nicht hinkamen.

er hätte noch stundenlang erzählen können und wird dies im laufe der ausstellung noch tun. zweimal in der woche wird marlon und 1 mal andré, der sein kollege war während der d13-zeit, in der galerie anwesend sein und zu weiteren gesprächen bereit.
die ausstellung ist gut gelungen und lässig aufgezogen.

die dinge aus dem „untilled“, erinnern an die zeit und berühren mich im nachhinein. fast die gesamten wände der hütte, die marlon, feeodora, andré und den hunden human und senior während der zeit eine unterkunft gaben, sind hier aufgestellt oder aufgehängt, die kleidung, die marlon trug, die utensilien, aufgereiht auf einem brett an der wand, ein eimer mit morbide zerbrechlichen stengeln des springkrautes, marlons aufzeichnungen. nur die videoaufzeichnungen bedienen sich eines fremden mediums, alles andere ist „echt“. das macht den grossen reiz für mich aus.

der stil der jungen künstler setzt sich immer mehr durch, ganz im sinne von caroliyn christov-bakargiev, die die kunst wieder dort hinholen will, wo sie hingehört, zu den menschen, frei von gewinnträchtigen geschäften, eher dem verständnis für mensch, tier und natur zugewandt. mit durchscheinenden gedanken und arbeiten den kunstraum erhellen.
eine grosse chance für die jungen künstler.
also marlon, packs an….

UND GLÜCKWUNSCH…

MARLON

JUNG UND ALT WAREN GEKOMMEN

mal, um eingelassen zu werden,
mal, um sich abzukühlen und ein schwätzchen zu halten
der 1. heisse sommertag
im vergangen jahr der beginn der d13

PIERRE HUYGHE…

Europas höchstdotierter Kunstpreis, der Roswitha-Haftmann-Preis, geht erstmals an einen Franzosen. Der Stiftungsrat der Roswitha-Haftmann-Stiftung vergibt den mit 150 000 Franken dotierten Preis dieses Jahr an Pierre Huyghe. Die Übergabe findet heute im Kunsthaus Zürich statt.

Der im Jahr 1962 in Paris geborene Pierre Huyghe fand zuletzt mit seiner Installation aus Pflanzen, Objekten und Tieren auf der dOCUMENTA 13 weltweit Beachtung.

nach einem jahr steht der kompostgarten (kompostierungsanlage der stadt kassel) in schönstem grün
nichts erinnert mehr an die d13
die psychodelischen pflanzen wurden entfernt
die bienenfrau abtransportiert und
die bienen in ihren heimatort witzenhausen zurückgeholt
die hunde human und senior wurden von ihrer gastfamilie adoptiert

die grösste fläche wird von brennnesseln bedeckt
sie dominieren und sind die heimlichen siegerinnen
in diesem frühjahr entdeckte ich bis jetzt über 25 pflanzenarten
die gräser nicht eingerechnet

der ort weiss von seiner berühmtheit nichts
er wird weiterhin für seine bestimmung existieren
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