KLEINE DINGE…

„Der Tanz war sehr frenetisch, lebendig, rasselnd, scheppernd, walzend, gewunden in Schlangenlinien und dauerte eine lange Zeit.“

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ein bisschen müde geworden von dem aufregenden tanz durch die ausstellungen, nehme ich die schnellen drehungen heraus und auch den wirbel im kopf. ich bin nicht mehr in der zeit, lasse mich herausfallen, die KLEINEN DINGE schmeicheln sich bei mir ein. mein blick focusiert sie. in shinro othakes werk lese ich wie in einem bilderbuch. die freude kommt aus geheimen ecken, blinselt mir zu, entlockt mir ein lächeln, ich kann mich nicht entziehen. die kräftigen töne wechseln sich ab mit sanften, leisen und geheimnisvollen.

ein transparentes blassblaues tuch tänzelt zum himmel, spielt sein leichtes spiel mit dem wind. die weissen umrisse eines hauses ohne fenster und türen auf klatschmohnrot schreit zum himmel und zu mir. fangnetze kuscheln verknotet, werfen schatten, lassen sich fallen, umgarnen eine leuchte, werden zum schleier.

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von der anstrengung kontakt aufzunehmen mit den KLEINEN DINGEN ruhe ich aus auf einem baumstamm, atme wunderbar duftende sommerluft.

ZWISCHEN VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT…

JULIO GONZÁLES
homme gothique 1937
téte plate 1930
danseuse à la marguerite 1937

fridericianum
72 nr. 74

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ein leerer raum – wie es scheint. GANDERS ´leichte brise´ umweht mich. sie beflügelt mich, doch eindrücklicher ist mir diese leere, vor der ich stehe, die mich aufnimmt, die mich verschluckt.

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die trauerarbeit, mit JULIO GONZÁLES werk wieder erinnert, welche die documenta in der kunst- und kulturgeschichte nach den weltweiten zerstörungen durch den zweiten weltkrieg, insbesondere kassels, und während des wiederaufbaus, leistet, nehme ich mit seinen skupturen, die schon auf der II. documenta 1959 gezeigt wurden, in diesem moment wahr.
ein leerer raum, der nicht leer ist, der geschichtlich wie politisch bedeutsam ist, in dem sich vergangenheit, gegenwart und zukunft ausbreiten.

dass er mit GERTRUDE STEIN befreundet war, macht mir JULIO GONZÁLES besonders sympathisch, schätze ich doch GERTRUDE STEINS selbstbewusstsein (ich bin ein genie) und ihre werke in ihrer sehr eigenwilligen art.
GONZÁLES werke werden in ihrer zerbrechlichkeit erwähnt, als ´zeichnen im raum´ beschrieben, als skelettartiger kubismus.

ich liebe diesen ´leeren raum´, in den GONZÁLES skulpturen einen platz gefunden haben. eine unaufdringliche art des erinnerns. sie wirken wie erscheinungen in dem licht- und schattenspiel der fenster.

DAS FOTO (fotografin unbekannt)
rechts daneben
II. documenta 1959
aus dem nachlass von arnold bode

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ich erkenne mich in der frau. die mode: von einem petticoat leicht wippender rock, viel zu grosse tasche (heute müsste sie diese an der garderobe abgeben), barfüssig. damals war ich 20 jahre. sie scheint an den skulpturen vorbei zu huschen. ich denke, dass ich es ebenso tat. an die skulpturen kann ich mich nicht erinnern.
das licht- schattenspiel auch hier einfliessen zu lassen macht mir grosse freude.

IMMER WIEDER, IMMER WIEDER…

THOMAS BAYRLE
sieben automotoren

documentahalle
182 nr. 25

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in gebete verwandelter lärm. er kommt von den sieben mortoren von thomas bayerle.
das murmeln der gebetsworte ist schwer zu verstehen und wenn man sich bemüht sie zu verstehen, um den inhalt zu erfassen, ist es verwirrend und die frage, was solls, greift ein. gebete haben oft etwas mechanisches, besonders die rosenkranzgebete, mit denen ich mich nicht auskenne.

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die einen neigen dazu ehrfürchtig in die knie zu gehen, dazu scheinen gebete nun mal zu zwingen, der andere kommt täglich hier vorbei, dieser raum wurde ihm zum gebetsraum,
wieder ein anderer hat die hände in den hosentaschen, und – ist´s ehrfurchtslos, oder was.

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martin heidegger stellt einen interessanten bezug zwischen dem wesen der technik und dem wesen der kunst her.
wolfgang püschel hat mich darauf aufmerksam gemacht und ich danke dafür.

aus:
Die Technik und die Kehre
Martin Heidegger / 1950

Weil das Wesen der Technik nichts Technisches ist, darum muß
die wesentliche Besinnung auf die Technik und die entscheidende
Auseinandersetzung mit ihr in einem Bereich geschehen,
der einerseits mit dem Wesen der Technik verwandt
und andererseits von ihm doch grundverschieden ist.

Ein solcher Bereich ist die Kunst.

Freilich nur dann, wenn die künstlerische Besinnung
ihrerseits sich der Konstellation der Wahrheit nicht verschließt,
nach der wir fragen.
Also fragend bezeugen wir den Notstand,
daß wir das Wesende der Technik vor lauter Technik noch nicht erfahren,
daß wir das Wesende der Kunst vor lauter Ästhetik nicht mehr bewahren.
Je fragender wir jedoch das Wesen der Technik bedenken,
um so geheimnisvoller wird das Wesen der Kunst.
Je mehr wir uns der Gefahr nähern,
um so heller beginnen die Wege ins Rettende zu leuchten,
um so fragender werden wir.
Denn das Fragen ist die Frömmigkeit des Denkens.

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wir fragen weiter
bis wir das wesende der technik hinter der technik erfahren können
wir fragen weiter
bis wir das wesende der kunst nicht mehr in der ästhetik suchen
mögen die wege ins rettende zu leuchten beginnen

EINES NACH DEM ANDEREN…

360 gemälde
YAN LEI

documentahalle
192 nr. 188

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gegen die schnelllebigkeit der zeit
an einem bild im internet hängengeblieben
es herausgefischt und auf eine eigene leinwand übertragen
360 bilder ein jahr im chinesischen kalender
an wänden decke und regalen
ersteinmal

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nun
eines nach dem anderen wird entfernt
in einer autofabrik monochrom übermalt
und wieder gehängt

die quellen versiegelt
für die ewigkeit unzugänglich gemacht

eine prozesshafte geste
nachhaltig zu verfolgen

CHAOTISCHE GEISTESVERFASSUNG…

JULIE MEHRETU
arbeitsskizzen

documentahalle
186 nr. 113

´die malerei hält mich am laufen, und indem ich mich ins malen verliere, wird eine sprache erfunden´. julie mehretu

alles schaue ich mehrmals an.
mit meinem ersten blick haben sich noch keine hintergrundinformationen verwischt.
ich lasse meiner fantasie freien lauf.

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an julie mehretus kompositionen laufe ich erstmal vorbei. kein lockruf, kein aufhänger, nur grosse bekritzelte flächen.

dann wage ich mich ganz nah heran, entdecke wunderbare architektur, grossartige bauten, fenster an fenster, balkone, rundbögen, lampen – es hört gar nicht auf.
ich suche ein gebäude, in das ich einziehen möchte und finde keines. zu viel auswahl, zu vieles, das mich anspricht.

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doch dann die stürzenden strichelungen, wie bomben, wie blitze. farbige striche wie flugrichtungen. aus einem fenster stürzendes feuer. besetzte gebiete in gelb. häuser stehen kopf. keine unversehrten gebiete. von meinem vorhaben komme ich schnell wieder ab.

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julie mehretu hat diese bilder eigens für die d13 geschaffen im hinblick auf architektur als medium der sozialgeschichte am beispiel revolutionärer plätze. hier haben sich 2011 menschen versammelt, die sich für andere regierungsformen und politische veränderungen einsetzen.

in der documentahalle haben sie einen vortrefflichen platz, mit laufweite und präzise beleuchtet von dem licht, das durch die langgestreckte fensterseite fällt.
die bänke laden mich zum wiederholten male zum sitzen und schauen ein. aus dem abstand heraus verliert sich die bedrohlichkeit, sie verwandelt sich in ein mich besänftigendes kunstwerk.

ENDLOS UND UNAUFHÖRLICH II

PIERRE HUYGHES
untilled

karlsaue
262 nr. 83

„Lebendige Wesen und leblose Dinge, gemacht und nicht gemacht“,
lautete der Arbeitstitel des Werks, das das Nebeneinander von menschlichen und nicht-menschlichen „Produzenten“, von dem die Chefkuratorin spricht, sehr direkt umsetzt. Als Idylle ist das nicht notwendig zu lesen – spätestens das gefärbte Hundefell erzählt schließlich auch von Übergriff und Machtausübung zwischen den Spezies.

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human, die ich yuma nenne, und senior, der kleine welpe, sind die lichtblicke in der kompostlandschaft. sie werben nicht, sie locken nicht, sie sind einfach da.
yuma ist zu dünn, wie ich finde, aber ein dicker podenco wäre auch nicht das wahre – also, so dazwischen. andré sagt, der tierarzt meint, sie sei gesund.
senor ist bald kein welpe mehr, er wächst und wächst.
an das pinkene bein habe ich mich inzwischen gewöhnt, ein hingucker eben, obwohl ich anfangs auch dachte, das kann man einem tier nicht antun. es kratzt an seiner würde.

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die pflanzen, die teils heilende, teils giftige auswirkungen haben für mensch und tier, gedeihen hier prächtig. kompost ist die allerbeste voraussetzung für wachsen und blühen. und das indische springkraut, das dominierende, wird bald die ganze halde mit ihrem duft umströmen.

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für mich gibt es viel zu tun hier. die pflanzenarten habe ich notiert und fotografiert. die vielzahl überrascht mich. ich turne durch die anlage zwischen den hohen, mich längst überwuchernden gewächsen hindurch. der duft und geruch der heute nassen umgebung betören mich.

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teilweise urwaldähnliche bedingungen. knorrige baumteile grüssen mich, ich sage hallo und freue mich. das ist offensichtlich – eine frau sagt zu mir, sie strahlen aber, sie sehen so glücklich aus. das bin ich auch in den momenten, wo mich natur umgibt und mich reichlich beschenkt mit immer neuen erkenntnissen.

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die gestapelten steine, die erdanhäufungen, die querliegende bank, das alles reizt mich, meinen gestalterischen blick einzusetzen, aus den an- und zuordnungen durch mein schauen ein neues bild entstehen zu lassen.

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auch die wasserpfützen mit entengrütze haben meine aufmerksamkeit. die sonne spiegelt sich in ihnen, bringt licht ins bild.

zwischen all dem kraxle ich herum und ich fühle mich in meine kindheit versetzt, wo wir auf einem dorf evakuiert waren und ich die grosse freiheit meines lebens erlebte – in angrenzenden wiesen und feldern im matsch zu suhlen – da zogen wir vorsichtshalber die schuhe aus, in tiefen bächen beim schwimmenlernen fast ertrunken – niemand gab uns anweisungen od. hilfestellungen.

auch hier gibt niemand anweisungen, wenn frau sich nicht ganz daneben benimmt, wie ich es einmal tat und der bienenfrau zu nahe rückte, um gute fotos zu machen…

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hier 100 tage beobachten zu können, wie aus dem nichts kleine pflanzen und aus den kleinen pflanzen grosse werden und ich denke, dass ich auch das welken und sterben miterleben werde, denn das gelände ist ja nach der d13 noch zugängig, ist spannend.

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die prozesse hier gehen ohne jegliche choreografie. die natur hat ihre eigenen gesetze, ihre eigene ästhetik. das gesetz heisst verwandlung in immer neue daseinformen. eine pflanze vermehrt sich, wird wieder pflanze, bis sie es einmal nicht mehr wird, bis der übergang für uns nicht mehr nachvollziehbar ist und sie aus dem kreislauf doch nicht herausfällt.

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KRAFTVOLL UND VERGÄNGLICH…

ADRIÁN VILLAR ROJAS
return the world

die natur in vollem wachstum und adrián villar rojas zerbrechliche und auf vergänglichkeit angelegte figurenwelt geben einen starken kontrast – das kommen und das gehen. es existiert nebeneinander. während uns das kommende begrüsst, verabschiedet sich das gehende. das ist ein zwiespalt, den ich kaum aushalten kann, oder ist es trost, dass das was kommt auch wieder vergeht.

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EIN STEINMÄNDLI – schweizer wanderwegverzierer

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ich entdecke zuerst die kleineren figuren im gras, festgezurrt, als könnten sie sonst entlaufen, umgeben von sommerblumen. sie sollen meine aufmerksamkeit haben, ebenso wie die grossen gestalten. die stehlen ihnen die schau, für einen moment drehe ich den spiess um. sie sind die wegweiser und vorbereiter, sie sind aus dem gleichen stoff gemacht, holz, stein und zement, mit ungebranntem ton überzogen.

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dann trete ich in den kreis, oder durch den kreis, es öffnen sich fenster, ich sehe alles in einem bestimmten rahmen, zwei habe ich zur auswahl.

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ein hohler knochen liegt im weg, gross, porös. ich muss mich bücken, wenn ich durch das knochenrohrguckloch schauen will. es rundet die dinge ab, die ich sehen kann.

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dann springt mir eine abgemerkelte, noch im sprung begriffene, ballerina, nein, nicht in die arme, aber ins blickfeld. ein hundetier klammert an ihr. während die ballerina sich windet und klagt, ist das tier ganz ruhig.

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der typ mit den staksebeinchen hockt und sinnt wohl, vielleicht, wie er dem ganzen abhilfe schaffen kann, wie er selbst entkommen kann.

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das elend hört nicht auf. der am bodenliegende hat züge eines gefallenen soldaten. gerade wollte er noch die schuhe wechseln, oder gehören die zu der ihm naheliegenden frau, da hat es ihn erwischt, die kanone, die zeit, das leben. das konnte er sich wohl selbst noch an seinen drei fingern abzählen…

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das rad der zeit dreht sich und nagt an allem.

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dass neues leben aus einem ei entspringt könnte man meinen. noch kann ich überlegen, ob der säugling schläft oder ruhig eingeschlafen ist, wie man sagt, wenn eine/r aus dem leben geht.

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das häuschen der babajaga – mit etwas fantasie. ohne die wäre ich hier aufgeworfen. keiner kanns erklären, nicht was es soll und nicht was es tut.

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nun spring, spring durch den kreis, tauch ein und finde wieder zurück.

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das schwein erwähnen alle, wie es säugt am busen der frau, als wäre das so abwegig.
ich beschrieb sie schon in einem früheren artikel als kirke oder circe, die die männer in schweine verwandelt hat für ein ganzes jahr…
auch an ihr nagt schon der regen und die zeit.

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dann beginnt etwas ganz anderes. aufgeregtes glockengeläut – gesang, abschied oder alarm…
es ist ein magischer ort, voller bilder und symbole. sie haben einen vielsagenden ort in der riesigen säulenpassage, die oberhalb eine strasse zum seniorenheim führt, unterhalb des sepulkralmuseums, das von tod spricht und von sterben und dem ganzen eine deutliche zuschrift gibt.

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die grafitti an der hinteren wand geben dem blick eine richtung und dem ganzen eine wendung in eine moderne zeit.

alte grabsteine liegen herum, die noch gar nicht so alt sind, und die glocken scheinen ein erwecken einzuläuten.

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zwei junge menschen am ende und neben dem gang scheinen entkommen zu wollen mit einem boot. geradezu durch die grüne wiese ins blaue hinein und ins ungewisse scheint der junge mann noch zu zögern und oder hat er etwas ganz anderes im sinne und könnte er so die menschheit retten, und und und…

ich gehe die terassen wieder hinunter und schaue nun von oben herab und so ganz anders…

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HISTORISCHER WEINBERG…

HENSCHELGARTEN

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man würde palmen aufstellen zum empfang, doch hier sind es kletten, so zauberhaft schön und grün, wie sonst nie mehr im jahr. das alte tor gewährleistet einen würdigen eintritt.
das unerwartete nimmt mir die luft. ich bleibe stehn und schaue, gehe tiefer in den garten hinein und tiefer, kletten sind es nun und hohe brennnesseln, grösser als ich. grösser als ich, so geht es mir durch den kopf, ist jegliche natur, grösser als ein mensch es sein kann.

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langsam steige ich die treppen empor, es duftet nach paradies. sogar eine hummel brummt an mir vorbei, nur die schmetterlinge vermisse ich, dann wäre das paradies vollkommen. aber so schnell paradiest es sich nicht.
an der wand ranken weinreben. ob sie dem berg den namen gegeben haben – weinberg.
das zarte gelb und weiss der schafsgarbe und kamille, ein zartes violett von weissichnicht sitzen im grün durch das ich weiter steige.
das moderne neue schmiedeeiserne geländer ist ein schöner kontrast zu dem weiter oben am himmel sich zeigenden geländer, das von alter schmiedekunst spricht und neben dem effekt, die menschen vor abrutsch und – sturz zu schützen, das auge erfreuen.
dazwischen sind die balken von adrián villar rojas gefangen.

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eine stiege höher vor altem kalksteingemäuer aufrechtstehende königskerzen in ihrem strahlenden sonnengelb. das geländer scheint neu und dem alten nachempfunden. die form des kreises wiederholt sich im werk adrian villar rojas.
im renovierten rondell scheint das herz der ausstellung zu liegen, die schlagadern abgetrennt, also dem verfall anheim gegeben.
dieses rondell mit einzigartigem blick über die südstadt würde ich mir anders wünschen – mit kleinen tischen und stühlen, die zu einem kaffee einladen.

dann die kunstetagen. auch hier sorgfältig umgegangen mit dem, was wächst und kunst einen natürlichen rahmen gibt.

die renovierung des henschelgartens ist gut gelungen und besser, als ich je gedacht habe. eine bereicherung für die kasseler bevölkerung auch nach der documenta.

von der kunst berichte ich an derer stelle.
s. www.rosadora.de

RECHT AUF FREIE REDE…

CRITICAL ART ENSEMBLE
offener raum

hauptbahnhof
338 nr. 42

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es hat sich noch nicht herumgesprochen, dass hier, ziemlich abseits, ein ´offener raum´ zur verfügung steht, wo jede/r seine kunst zeigen, eine freie rede halten, eine vorstellung darbieten kann. es wird keine einladung ausgesprochen, keine finanzielle unterstützung gegeben. es wird damit verdeutlicht, dass dies eine beteiligung ´zweiter klasse´ darstellt.

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der raum ist mit einer beton barriere abgegrenzt (oder geschützt – vor was auch immer). die betonplatten tragen die aufschrift WINNING HEARTS AND MINDS.
das gewinnen von herzen und meinungen kommt nicht so recht in gang. aber vielleicht ist auch das absicht..

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´free speech zones´ sind in amerika eigens dafür eingerichtet, dass bürgerinnen und bürger ihr recht auf freie rede ausüben können.
vielleicht habe ich noch den mut dazu, mit meinem klimmbimm anzurücken und eine schöne lesung mit bildern zu veranstalten.
wer macht mir mut???
es ist ja ungewöhnlich bei uns, einfach so etwas veranstalten zu können. ich würde denken, ich müsste mich dazu irgendwo anmelden und es kundtun…
ist wohl nicht so, oder

ICH BIN KUNST…

ROSADORA G. TRÜMPER TUSCHICK
kulturbahnhof
326 nr. 1313

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es ist eine kunst in unaufgeräumten pflanzenwucherplätzen so etwas wie ein bild zu entdecken. ich bin auf der suche, es findet mich – das bild. es ist ein blick ins ungemütliche. doch dann leuchtet etwas auf, sagt, nimm mich. ich nähere mich ihm, vielleicht bin ich auch schon zu nah, wähle einen passenden ausschnitt für diesen schreihals und drücke meinen auslöser. gut gewählt. eine gelungene kreation nach rosadoraart. art wird daraus erst, wenn eine andere/r in dem bild etwas sieht, das nur sie/er sieht.

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das ist überhaupt das wichtigste, um etwas kunst zu nennen, dass ein bild, ein objekt, aus verschiedenen blickwinkeln angesehen, in verschiedenste richtungen gedeutet werden kann. das machwerk des künstlers ist sein ding.
in eine volle absicht gedrängt ist es nicht mehr seines, es geht in die welt und soll etwas und ich soll dann auch etwas damit anfangen können. das ist ziemlich schwierig und oft nicht nachzuvollziehen. ich kann mir einen eigenen schubs geben aufgrund der anregung und es in eine richtung wenden, die dann aber auch ganz falsch sein kann. das ethält kunst auch – dass sie falsch oder gar nicht verstanden wird. oft verstehe ich dinge nicht gleich, aber später, nachdem eine weile, oder gar jahre, vergangen sind, leuchtet mir etwas auf zu dem thema. das ist dann ein ahaerlebnis und sagt mir, dass ich geduld haben muss mit mir und der kunst.

der kunstbegriff hat sich enorm verändert, von der schönen kunst zur verändernden kunst.
sie will die welt verändern, ein mitspracherecht haben. dazu braucht es eine grosse anzahl von künstlerinnen und künstlern, über die ganze welt verteilt.
dass viele sich hier in kassel einfinden, müsste uns eine ehre sein, denn sie machen für 100 tage unsere stadt zum kunstmittelpunkt.

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ich will mit meiner kunst den menschen das sehen, das genaue hinsehen, vermitteln. das lässt sich auf allen gebieten einsetzen und ist grundlage für weltwahrnehmung.

ich sehe kunst
ich höre kunst
ich fühle kunst
ich rieche kunst
ich erfinde kunst
ich bin kunst
mit allen meinen sinnen