GESPRÄCHE UNTERM GALGEN…

SAM DURANT
anti-denkmal gegen die todesstrafe

DSC_4466

gespräche unterm galgen gehen anders
es regnet ich stelle mich unter
eine frau prüft das holz prüft die ´verbindungen´
ich frage sind sie tischlerin
nein architektin

DSC_4496

wir kommen auf den tischlereibetrieb bode zu sprechen
der u. a. die ´federholz-stühle und -sessel´ designt hat zusammen mit arnold bode
ich erwähne es weil mein ex dort früher einmal gearbeitet hat
und dass ich meine stühle erst vor kurzem auf den sperrmüll gab
und mich heute darüber ärgere

DSC_4471

die fremde frau und ich stehen inzwischen unter einem baum – etwas ´entrückt´
aus der position sieht man die dinge anders
während wir weiterreden über todesstrafe und wie es einem
solchen menschen der weiss dass er gehängt werden soll
in diesem moment gehen mag
taxiere ich intensiv den galgenbau in struktur und form
die einsicht hat sich verändert
da durchfährt es mich und ich teile meine gedanken mit
dass ein mensch so etwas nicht bei vollem bewusstsein
ertragen kann
dass er sich wegbeamen muss sozusagen

DSC_4472

DSC_4485

der mittlere stamm weist klar nach oben
verkörpert den weg zur transzendenz
während ich gleichzeitig sehe dass der holzbau
abgesehen von den stahlträgern
schwebt
er schwebt und hat damit die verbindung zur erde
zum irdischen
verloren oder aufgegeben
das opfer ist ihnen sozusagen entkommen

den gedanken des opfers symbolisch sehen
früher waren menschenopfer in verschiedenen kulturen
eine gabe an die götter
opfer ist nicht gleich opfer
und mir wird ganz schwindlig bei den gedanken

DSC_4474

DSC_4488

die frau aus d. geht und ich bleibe
vertiefe den symbolgedanken
zwei dreiecke mit der spitze nach oben zeigend
ebenfalls die verbindung zur transzendenz
ein viereck – was erde bedeutet – durchgeixt
also die symbolik himmel und erde doppelt
vorhanden

ich atme durch
ich bin das opfer
für diesen augenblick

ENDLOS UND UNAUFHÖRLICH…

PIERRE HUYGHE
im kompost der karlsaue

wo soll denn hier die kunst sein.
es regnet, es ist matschig, doch dann sehe ich die bienenfrau.
ein satz durch den dreck und zu ihr hin.
der regen hat die bienen nicht verscheucht.
sie haben keinerlei schutz.
sie scheinen widerspenstig und stark und sich ihres tuns bewusst.

DSC_4439

DSC_4445

dass das bienensymbol mit klugheit und der göttliche ordnung der welt in verbindung gebracht wurde, gefällt mir besonders.

auf antiken grabmalen sind bienen das symbol für die unsterbliche seele.
bei den griechen wurde die „Große Mutter“ auch als bienenkönigin bezeichnet.
bei den kelten verkörperten sie geheime weisheiten, weil man dachte, sie hätten kontakt zum jenseits und sie könnten botschaften von der einen in die andere welt tragen.

DSC_4447

DSC_4450

in diesem erdloch scheint mir die bienenkönigin als der lebendigste punkt, der mittelpunkt sozusagen. sie ist umgeben von heil- wie auch von giftpflanzen. auch die bienen bringen mit ihrem honig heilsame wirkung und gleichsam den giftigen stachel. die brennessel, hüfthoch, als heilpflanze und gleichsam mit ihrem giftigen brennen hat hier einen prächtigen wuchs.

die bedeutung des sowohlalsauch wird sicht- und spürbar. das lebenhervorbringende, wie auch das lebenvernichtende in einem einzigen kreislauf.
es ist endlos und unaufhörlich.
und nicht vergessen:
am johannistag brennnesselpfannkuchen zu essen, um gegen nixen- und elfenzauber gefeit zu sein.

MANGOLD-FÄHRE…

christian philipp müller
(der russe kommt nicht mehr über die fulda)…

DSC_3727

DSC_3725

vom technischen hilfswerk sind die pontons angemietet.
christian philipp müller hat mit dem institut für ökologische agrarwirtschaft der universität kassel in witzenhausen, auf ihnen einen mangoldgarten angelegt. 60 verschiedene sorten.
wie viele projekte auf der d13 beschäftigt er sich mit fragen der landwirtschaft, des anbaus und der ernte von nahrungsmitteln. es geht um ökologische kreisläufe.

DSC_4283

DSC_4284

die besucherinnen und besucher haben ihren spass, sie überqueren den küchengraben über die pontons, obwohl ein paar meter weiter eine brücke ist. sie zupfen hier und zupfen da – probieren ist erlaubt.
was es mit dem satz – ´der russe kommt nicht mehr über die fulda´ – mit dem mangold gemeinsam hat, ist mir nicht klar geworden. aber frau muss ja nicht alles verstehen…

WIDERSPENSTIG…

SANJA IVEKOVIC
the disobedient (the revolutionaries)

1470647461-symbolisches.52

1933 kassel opernplatz
symbolisches konzentrationslager für widerspenstige staatsbürger
aus: begleitbuch – überarbeitet

was alles im nationalsozialistischen deutschland für abartige handlungen passierten, kann man sich heute kaum vorstelllen, auch wenn man davon hört und liest.
mich hat dieses bild der warnung und abschreckung sehr erschüttert.

DSC_4175

sanja ivekovic
zeigt in einem schaukasten 50 stoffesel, die sie aus privatsammlungen zusammengetragen hat.
jedem tier hat sie einen namen zugestellt von menschen, die widerstand gegen ungerechtigkeit und unterdrückung geleistet haben. die sprichwörtliche sturheit der esel trifft es sicher nicht ganz. um widerstand zu leisten bedarf es einiger wissens- und charaktereigenschaften eines menschen, um diesen leisten zu können.

schon wieder lernen junge menschen gehorsam und angepasstheit, besonders in schulen, nach dem motte „wissen ist macht“, um in eine gesellschaft hineinzuwachsen, die dieses verlangt. strebertum ist angesagt, auch wenn dies eine unsoziale haltung ist, wie auch die macht, die andere ohnmächtig sein lässt. sich störrisch gegen das verlangte zu stellen, ist gefährlich, wenn heute auch in ganz anderer weise.

DSC_4176

DSC_4177

DSC_4178

DSC_4179

DU HAST GEGLAUBT…

DENKSTEINE
horst hoheisel

DSC_3577

neben seinem aschrottbrunnen am kasseler rathaus ( in meinen vorarbeiten zur d 13 erwähnt) ist dieser
denksteine-wagen auf dem ehemaligen deportationsgleis des kasseler hauptbahnhofes (heute kulturbahnhof) abgestellt.

DSC_3575

DSC_3585

der kniefall eines fotografen machte mich darauf aufmerksam. auch nicht in seiner absicht sieht er folgerichtig aus. ein kniefall für die ermordeten juden – man sagt juden, es waren kinder dabei. eine 10 jährige aus bayreuth wickelte einen stein für ein mädchen ein, für ilse friedmann, das ebenso jung war wie sie und schrieb dazu: „Ich habe nachgedacht über dich, wie du sein könntest, was du erlebt hast. Ich wohne in der Stadt, in der du geboren wurdest, gehe in die Schule, in die auch du gegangen bist. Du lebtest dein Leben, so wie ich jetzt. ( . . .) Du hast geglaubt. Das will ich jetzt tun.“

DSC_3580

DSC_3582

DSC_3579

es ist kein d13 projekt, aber so am rande sollte es nicht unbeachtet bleiben.
ganz spontan mache ich einen kniefall…

„So trugen auf seine Anregung (horst hoheisel) hin über 1000 Menschen aus Kassel über 1000 Denk-Steine, jeder für je einen ermordeten Menschen zusammen. Jeder Stein war verschieden, sie trugen eine persönliche Widmung, entweder direkt auf den Stein geschrieben oder auf ein Blatt, das an den Stein geheftet war. Menschen stifteten ihren Stein einem ermordeten Menschen, der in ihrer Straße gewohnt hatte, oder Schülerinnen und Schüler suchten aus den Veröffentlichungen Biographien gleichaltriger Jugendlicher heraus und widmeten ihnen ihren Stein. Auf diese Weise entstand eine Denk-Stein-Sammlung, die seit einigen Jahren am ehemaligen Deportationsgleis des Kasseler Hauptbahnhofes steht. Inzwischen wurden ähnliche Aktionen in anderen Städten durchgeführt, wie etwa Berlin, München oder Bamberg“.

aus:
geschichtswerksatt bayreuth e. v.

FANTASTISCHES MUSEUM…

FIONA HALL
vom aussterben bedroht
in freier wildbahn ausgestorben

DSC_4298

DSC_4299

fiona hall hat tiere erschaffen, die als gefährdet gelten und auf der roten liste IUCN stehen. in einem MUSEUM, das die tarnung nach militärart trägt, hängen sie gespentisch an den wänden und fordern uns auf, genau zu schauen. sie sind uns vertraut, wie etwa ein geweih eines sechszehnenders an der wand eines jägers, eines lokals sogar, hier gesprenkelt verfremdet und uns ermahnend. auch der affe getarnt, die vögel, die libellen und insekten und schmetterlinge, ein kondor, ein bär – so flimmernd schön, wie in einem zaubertheater und doch voller ernst uns fragend. kreaturen, die an einem seidenen faden hängen, die fordern, schaut uns an und bedenkt, was ihr mit uns verliert.
dass wir schon längst verkleidet und getarnt umherwandeln und auf einer besonderen liste der gefährdeten stehen, mag die folgerung aus dem werk sein.

DSC_4313

DSC_4311

DSC_4301

DSC_4304

DSC_4307

DSC_4308

DSC_4309

DSC_4317

MAGIE DER STEINE…

500_COVER_DSC_5402 2

€ 26 90 *inkl. MwSt.
hardcover
MAGIE DER STEINE
die steine am lac in kassel wilhelmshöhe
Klappentext des Buches
MAGIE DER STEINE
beseelte orte

Ein beseelter Ort ist ein Ort, der in meiner Seele ein Echo erklingen lässt. Er hält mich fest mit seiner Energie.
Die Steine am Lac haben eine grosse Anziehungskraft. Immer wieder zeigen sie mir eine andere Gestalt. Die Witterung spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle, aber auch meine Bereitschaft mich verführen zu lassen.
Sie erzählen immer neue Geschichten, sie singen und klingen, oder zeigen sich auch mal eintönig.
Die Steine zeigen menschliche Mienen – sie schweigen, sind verstummt, aber auch zwei Gesichter dicht beieinander, die sich küssen.
Manchmal gähnt mich ein riesiges Maul an, ein anderes mal blitzt mich eine kolossale Zahnreihe an.
Was ich sehe und finde prägt mir eine Landschaft, geht weit über mein ästhetische Empfinden hinaus. Die Art der Steine fügt sich in die Gegend ein, aus der sie stammen.
In diesem Fall bin ich mit dieser Gegend verbunden von Kindesbeinen an.
Erst spät erkenne ich, dass sie mir etwas bedeuten.

Meine Fotos entstanden an einem einzigen Tag, wo alles im Einklang war, Stein und Mensch und Witterung.

Books on Demand
Hardcover, 64 Seiten

TRAMPELPFAD…

Natascha Sadr Haghighians
trampelpfad

die wahrnehmung von wirklichkeit soll verändert werden…
den anhang hinunter, den schutt freilegend
spontane nutzung nachahmend
tierstimmen sind zu hören
gleich den vielen in kassel gesprochenen sprachen

nichts legt sich mir frei oder dar
keine spontane nutzung
ein riesiges unwetter macht es unmöglich
nicht nur mir
andere sind gar nicht erst da
eine ´spontane´ nutzung, wo ich erst eine mauer mittels
leiter überklettern muss…..
sehr fraglich

DSC_4402

AUSSCHN.DSC_4402

500_setwidth540-d13pfad

1955
der trümmerschutt wurde am rand der schönen aussicht abgekippt und zur bundesgartenschau von den bauarbeitern in einen rosenhang verwandelt…
nun über den hang zur aue der pfad.

foto: begleitbuch
überarbeitet

TRAMPELPFADE
rosadora g. trümper tuschick

noch ist da kein pfad, schon gar kein weg.
ich gehe, gehe ins ungewisse, oft verbotene, gehe, weil ich es will, weil ich es muss.
es lockt mich, es ruft, nichtwissend was lockt, wer ruft. ich muss es erkunden, muss mir gewissheit verschaffen, warum es ruft und lockt.
ich mache mir keine vorstellung davon, gehen, trampeln ist das einzige, was ich bestimmen kann.
ich gehe, halte inne.

ich trampele durch hoches gras, stocke, falle, der pfad wird an der stelle breiter, eindrucksvoller auch, erhält deutliche konturen.
fallen irritiert, macht unklar, wohin ich weitertrampeln werde.
erst einmal muss ich aufstehen, überlege, ob ich das will, oder eine weile so verharre.
ich stehe auf.
beim aufstehn hole ich tiefer luft, schaue um mich herum, rieche die gegend und ihre ursachen.
mir fällt der satz ein, aus nichts etwas machen und nicht die resourcen der welt bemühen, in ihnen mich wohlfühlen, ohne sie zu verändern.
auf trampelpfaden bin ich hellwach, alle sinne sind aktiviert, die zuversichtlichen, wie auch die misstrauischen.
an den fallstellen schalte ich sie ab, bin nur ich, bin die ruhe selbst.
ich geh nur dort, wo noch kein pfad ist, kein trampel, kein pfad, kein weg.
ich orientiere mich nur an der umgebung, an bäumen mit ihren wetterseiten, am wind in seinen verschiedenen ausprägungen, an dem stand der sonne.
ich sehe besonderes.
es ist deshalb besonders, weil ich es wahrnehme und weil es von niemand anderem gesehen wird.
trampelpfad ist ein grobes wort für gelegte spuren.
es sind eher spuren, die ins scheinbare nichts sich schlengeln, ins unbekannte und auch ins niefürmöglichgehaltene.
die überraschungen sind oft gross, aber auch die enttäuschungen, wenn ich für schlengelspuren nicht vollkommen erwartungsfrei bin.

manchmal betrete ich vorhandene trampelpfade. oft sind es abkürzungen. abkürzungen gehen heisst zeit zu sparen. der trampelpfad wird durcheilt, durchhuscht, oft durchrannt.
in trampelpfaden verweilt man nicht, hat ein bestimmtes ziel schon vor augen. meistens weiss man, wo er hinführt. wenn ich das nicht weiss, ist er mir suspekt. oft weiche ich ab und setze ihn mit eigenen spuren fort, riskiere, mich zu verlaufen. verlaufen kann ich mich nur, wenn ich ein bestimmtes ziel habe. ob der trampelpfad zum ziel führt, ist nicht sicher. ich kann es nicht wissen, wenn ich den pfad nicht schon einmal gegangen bin.
…….

AND SO ON…

JOAN JONAS
reanimation

DSC_4327

DSC_4328

zuerst nehme ich unter einem baum eine gruppe wahr, die den worten von joan jonas lauscht. ein beeindruckendes bild. menschen nehmen sich zeit und lauschen, sitzen im grünen gras, das wetter spielt mit.

ich lasse mich von den videobildern in bann ziehen. gletscher. bilder werden (mit blut – so meine assoziation) in den schnee geschüttet, bilder, die mir tiere zeigen, die mir sagen, dass die gletscher vergehen und dass die tiere längst geschlachtet wurden und dass wir die nächsten, aber vielleicht nicht die letzten sind.

die installation mit den glitzerkugel, die im bild auch hin und wider erscheinen, geben dem ganzen etwas leichtes. im leichten ist das schwere oft versteckt oder lenkt davon ab, damit wir es überhaupt ertragen können, oder besser gar nicht sehen.

an die anderen ´schaufenster´ werde ich irgendwann noch herantreten, schon deshalb, um die aussagen der künstlerin besser zu verstehen, meine träume vervollständigen zu können. vielleicht muss ich sie aus dem träumen wachrütteln zu gunsten des gezeigten hintergrundes.

DSC_4339

a golden luster shone from him.
never in all my born days have i seen such
a fleece on any living animal.
i felt i was turning to stone.
for a long time i couldn´t tear my eyes
from this beautiful animal
the ram just stood there and gazed at me.
in the end i had the tense to run out of sight.

DSC_4335

DSC_4341

a stone if you adore a stone;
a tree trunk if you believe in a tree trunk;
and so on;

DSC_4334

i set down, then, that all history,
including the history of the world, is a fable.
everything that is subject to the laws of fable is a fable.

DSC_4346

DSC_4330

BLÄTTER AUF GRAS…

LEAVES OF GRASS
geoffrey farmer

DSC_4089

yuma und ich atmen auf – licht und leicht –
auf den ersten blick.
an gras- oder schilfhalme angeheftet hunderte von schattenspielpuppen. so auf stelztischen aufgebettet zeigen sie sich leicht und fast meine ich, dass sie schwingen.
beim näheren hinblicken, beim intinsiven schauen, verliert sich der eindruck des leichten.

DSC_4088

in mühsamer schnippelarbeit hat geoffrey farmer aus der amerikanischen zeitschrift LIFE von1935 – 1985 ausschnitte gewählt und zeigt, wie millionen von amerikanerinnen und amerikanern ihre sicht der welt aus LIFE bezogen haben.

DSC_4113

DSC_4110

DSC_4112

DSC_4114

DSC_4115

ganz harmlos scheint die darstellung nicht zu sein – mir schwinden die sinne, rutschen die beine weg von soviel geballter geschichte. ich bin zu dicht herangegangen, zu tief hinein gekrochen.
die aufsichtperson sagt, das ist ein schlechtbelüfteter raum. an einem ventilator hole ich mir abkühlung.
leicht zu nehmen ist nichts auf dieser documenta – so scheint mir…

DSC_4122