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dann
tragen die lüfte
planetendunst
durch den morgen.
von einem anderen gestirn
niederfallen silbertropfen.
man atmet
den wechsel
der jahreszeit,
von der feuchte zum wind,
vom wind zu den wurzeln.
träume speichernd,
wirkt unter der erd
abgründiges, dumpfes
zusammen
kauert die erdkraft sich,
der gürtel
der fruchtbarkeit
schliesst
seinen ring.

pablo neruda

IM HOHEN LIED DER BÄUME…

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ganz neu, diese gegend,
ganz neu, mein blick,
ganz neu das gefühl zwischen so viel leben, soviel sterben,
beschienen von einer zärtlichen herbstsonne.
die lieder der farben,
sie beginnen im wind zu säuseln, zu singen gar.
farbsinfonie – welch wunderbare töne.
ich beginne zu schweben,
falle ins steppengras,
brombeerzangen klammern.
sonne wirft lange schatten,
in die ich mich stelle,
um gegen das licht
schauen zu können.

die blicke gleiten,
rutschen auf baumschwingen,
machen halt an markantem,
finden sich ein im hohen lied der bäume.

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GELBE STROPHEN…

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gelbe strophen

im regen losgelaufen
und festgestellt,
wie alles intensiver duftet,
die verhaltenen farben
auch ihren reiz haben,
der entschluss belohnt wird.

und wenn sich später die sonne zeigt,
wenn ein herbsttag so zuende geht,
wird einem ganz froh ums herz
und man wagt zu denken,
dass es ein erfüllter tag war.
die sonne im bunten laub,
zieht in bann.
ich wende mich noch einmal um,
lasse den tag vorbeiziehen
wie einen film, den ich mir wünschen,
aber nicht selber aussuchen konnte.

das kleine glück
in gelben strophen

MEIN HAAR WIRD GRAU…

import1

mein haar wird grau
angesichts
dass die blätter fallen und
angesichts
dass mein haar wird grau
sehe ich
dass wir sterben müssen
mitten im leben
begegnet es uns
lassen müssen wir
ganz leicht werden
noch in dieser zeit
damit einst
unsere seele steigen kann
sich hindurchschlängeln kann
auf den sternenbahnen
auf unserer reise
zur grossen mutter
der zeit
zur zeitlosen moira
die schicksal gibt
und schicksal nimmt
ganz wie ich will

rosadora

TRÄUMENDE NACHT…

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Alles schlummerte. Die Luft, warm und duftgeschwängert, war regungslos;
ab und zu durchflog sie ein Zittern, wie das Zittern des Wassers, das vom Fall eines Zweiges berührt wird.
Man fühlte ein Sehnen, eine Art Durst in dieser warmen Luft.
Ich beugte mich über den Zaun: vor mir streckte ein wilder roter Mohn aus dichtem Gras seinen schlanken Stengel hervor:
ein großer runder Tropfen nächtlichen Taus glänzte in dunklem Schimmer auf dem Grund der geöffneten Krone.
Alles umher war wie in sich selbst versunken;
alles schien hingestreckt, unbeweglich und erwartungsvoll den Blick nach oben gerichtet zu haben.
Worauf harrte diese blaue, träumende Nacht?…

Turgenjew, Iwan (1818-1883)