TRAMPELPFAD…

Natascha Sadr Haghighians
trampelpfad

die wahrnehmung von wirklichkeit soll verändert werden…
den anhang hinunter, den schutt freilegend
spontane nutzung nachahmend
tierstimmen sind zu hören
gleich den vielen in kassel gesprochenen sprachen

nichts legt sich mir frei oder dar
keine spontane nutzung
ein riesiges unwetter macht es unmöglich
nicht nur mir
andere sind gar nicht erst da
eine ´spontane´ nutzung, wo ich erst eine mauer mittels
leiter überklettern muss…..
sehr fraglich

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1955
der trümmerschutt wurde am rand der schönen aussicht abgekippt und zur bundesgartenschau von den bauarbeitern in einen rosenhang verwandelt…
nun über den hang zur aue der pfad.

foto: begleitbuch
überarbeitet

TRAMPELPFADE
rosadora g. trümper tuschick

noch ist da kein pfad, schon gar kein weg.
ich gehe, gehe ins ungewisse, oft verbotene, gehe, weil ich es will, weil ich es muss.
es lockt mich, es ruft, nichtwissend was lockt, wer ruft. ich muss es erkunden, muss mir gewissheit verschaffen, warum es ruft und lockt.
ich mache mir keine vorstellung davon, gehen, trampeln ist das einzige, was ich bestimmen kann.
ich gehe, halte inne.

ich trampele durch hoches gras, stocke, falle, der pfad wird an der stelle breiter, eindrucksvoller auch, erhält deutliche konturen.
fallen irritiert, macht unklar, wohin ich weitertrampeln werde.
erst einmal muss ich aufstehen, überlege, ob ich das will, oder eine weile so verharre.
ich stehe auf.
beim aufstehn hole ich tiefer luft, schaue um mich herum, rieche die gegend und ihre ursachen.
mir fällt der satz ein, aus nichts etwas machen und nicht die resourcen der welt bemühen, in ihnen mich wohlfühlen, ohne sie zu verändern.
auf trampelpfaden bin ich hellwach, alle sinne sind aktiviert, die zuversichtlichen, wie auch die misstrauischen.
an den fallstellen schalte ich sie ab, bin nur ich, bin die ruhe selbst.
ich geh nur dort, wo noch kein pfad ist, kein trampel, kein pfad, kein weg.
ich orientiere mich nur an der umgebung, an bäumen mit ihren wetterseiten, am wind in seinen verschiedenen ausprägungen, an dem stand der sonne.
ich sehe besonderes.
es ist deshalb besonders, weil ich es wahrnehme und weil es von niemand anderem gesehen wird.
trampelpfad ist ein grobes wort für gelegte spuren.
es sind eher spuren, die ins scheinbare nichts sich schlengeln, ins unbekannte und auch ins niefürmöglichgehaltene.
die überraschungen sind oft gross, aber auch die enttäuschungen, wenn ich für schlengelspuren nicht vollkommen erwartungsfrei bin.

manchmal betrete ich vorhandene trampelpfade. oft sind es abkürzungen. abkürzungen gehen heisst zeit zu sparen. der trampelpfad wird durcheilt, durchhuscht, oft durchrannt.
in trampelpfaden verweilt man nicht, hat ein bestimmtes ziel schon vor augen. meistens weiss man, wo er hinführt. wenn ich das nicht weiss, ist er mir suspekt. oft weiche ich ab und setze ihn mit eigenen spuren fort, riskiere, mich zu verlaufen. verlaufen kann ich mich nur, wenn ich ein bestimmtes ziel habe. ob der trampelpfad zum ziel führt, ist nicht sicher. ich kann es nicht wissen, wenn ich den pfad nicht schon einmal gegangen bin.
…….

One thought on “TRAMPELPFAD…

  1. Es ist wie immer spannend, bei dir zu lesen, Rosadora.
    Schade, dass der Regen der Dokumenta so zu schaffen macht.
    Nur gut, dass KünstlerInnen von sich aus flexibel und spontan sind.
    Vielleicht ergeben sich nun ganz neue, unvorhersehbare Aspekte…

    Schöne Grüsse,
    Brigitte

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