ENDLOS – UNAUFHÖRLICH…

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immer ist eine geschichte endlos
ich muss sie nur weiter verfolgen

yuma und senior sassen seinerzeit auf diesem splithügel
die dOCUMENTA begann und endete nach 100 tagen

meine geschichte ging da noch weiter
ich habe auch heute immer noch ein interesse an ihr
an der geschichte meine ich

das erste buch ist genau die zeit der dOCUMENTA 13

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das zweite dann die zeit danach bis heute
das ist eine viel längere spanne
und wie ich jetzt schon sagen kann
wird es ein drittes buch geben

endlos – unaufhörlich
war ein titel der mir zufiel
wie ich heute sehe hat er eine tiefe bedeutung

SPURENSUCHE…

die geschichte geht weiter…


SPURENSUCHE

da an diesem ort der einmal mein art-projekt war mein betätigungsfeld für über ein jahr plötzlich nichts mehr ist
spielt mein gehirn verrückt es arbeitet auf hochtouren
es reisst mir die augen auf und lässt mich dinge sehen die mich selbst verwundern

wenn etwas abgebaut wird – hier die natur – bleiben reste die in der art sich zeigen
dass sie fantastisches hervorzaubern
es sagt schau doch hin schau doch neu schau doch anders

gestern sonntag keine arbeiter im abgeräumten kompostloch nur berge von zusammengebaggertem das was nicht durch die rüttelmaschine und das sieb wollten


7 BERGE

hier einer und da einer und dort einer
und ich eierte los wie angestochen zog meine kreise
und da fiel es mir ein
es gehört zusammen
das „untilled“ – aufbau und zusammenbruch = natur
und nun
zusammenbruch und wiederaufbau = kultur

ich muss also dran bleiben bis sich das ganze rundet
bis ich sehen kann was kultur sich da so ausdenkt
und das zwischenspiel zu beobachten und in bildern festzuhalten was da wird ist meine neue aufgabe


KULTUR RÄUMT AUF

ich atme auf
es ist alles ganz einfach
es geht alles immer weiter

und ich finde sie die zwischenspielbilder
und es macht mir freude ins abstrakte zu gehen


MARLONS BRETT

als erstes ,marlons brett‘
und dann die ,sieben berge‘


BEUYESEICHE

der rest von der ,beuyseiche‘

und noch die ,spurensuche‘
und aus allem ,kultur räumt auf‘

die arbeit an meinem i mac geht zügig
ich bin wie angestochen
fantasie beflügelt
ich habe das gefühl gut gearbeitet zu haben

GESPACHTELTES WOHLBEFINDEN…

MALTAG BEI HENNING DRESCHER
im malwerk bad arolsen

leicht sieht ein bild aus oder schwer
es gefällt und gefällt nicht
die anstrengungen und bedenken
die beim malen aufkommen
kann man nicht erahnen

und wenn eine technik hinzu kommt
die erforscht und erprobt werden muss
wenigstens beim ersten mal
wo maurerkellen und kuchenschabe
und manch anderes instrument im spiel sind
scheint es einfach und überrascht immer wieder
durch seine vielen möglichkeiten

die kann frau ausprobieren aber sie muss sich entscheiden
entscheiden anzufangen – aber wie und mit was
die entscheidung für ein motiv
aber geht das bei spachteltechnik überhaupt
ist nicht der zufall im spiel und nimmt einen weit grösseren raum ein

dazu kommt das temperament der malerin
hier noch ein farbklecks

da noch ein kratzer
vorsichtig
sonst verdirbt es das bild
abwägen wann ein bild fertig ist
und ist es das je

beglückt waren letztlich alle über das
was sie zustande gebracht haben
ein nachmittag voller heiterkeit und lust
ein gespachteltes wohlbefinden

NATUR-KUNST-KOMPOSTLOCH…

mit einem dankritual verabschiede ich mich von meinem kompostloch

dank dem ort der mir so wunderbare aufschlüsse und erklärungen geschenkt hat

dank den pflanzen die mich überraschten weil ich sie in der vielzahl hier nicht erwartet hatte
ganz besonderen dank dem springkraut das mich auch heute wieder umduftet und betört

ich wage zwei blütenstiele zu entwenden und stelle sie in eine vase
meine ganze wohnung duftet und hält die erinnerung noch etwas in die länge gedehnt wach
auch in der vase
bilsenkraut fenchel sumpfknöterich und hühnerhirse
sie stehen für alle anderen im kompostloch

dank allen kräften der natur die mich ein ganzes jahr lang begleitet haben
es war das aufregendste und schönste kunstjahr in meinem leben

SCHRECKENSNACHRICHT…

nur noch kompostloch

noch klingen mir die worte von gärtner mike im ohr
das kompostloch bleibt unangetastet
da wird nichts mehr gemacht
und nun aus paris die nachricht
es ist alles abgemäht
ich kann es nicht glauben und schaue nach
es ist abgemäht
und warum

kurzsichtig würde ich das nennen
wäre die d13 nicht ein grund gewesen
diesen ort zu lassen
einfach zu lassen um zu schauen
was daraus wird
die pflanzen waren doch stille zeugen
zeugen eines prächtigen auftritts
der mit hochachtung gefeiert wurde

doch nun dies
100 tage – und keinen tag länger
so ist es vorgeschrieben…

da hatte ich ja glück
noch weitere dreihundertdreiunddreissig tage
dazugeschenkt zu bekommen
ohne dass was verändert worden wäre
und dennoch ist meine enttäuschung und trauer
riesengross

für mein kunstwerk hatte ich keine bestimmte vorstellung
wie lange es dauern sollte
und dass es mit dem abmähen nicht beendet ist
ist sicher

der poetische raum ist auch weiterhin geöffnet

EMPATHIE FÜR CHAOS…

chaotische ordnung

in dem chaos
das die natur veranstaltet
gibt es eine ordnung
die mit menschlichem verstand nicht zu fassen ist
egal was ihr zustösst
sie findet wieder heraus
findet immer wieder einen weg
ihren eigenen weg
wenn man sie lässt

indem die menschen das chaos zu ordnen versuchen
zur ihrem eigenen vorteil
stellen sie sich gegen die natur

die natur braucht die menschen nicht
aber wir brauchen die natur

in diesem jahr haben starke sonnenbestrahlung und unwetter den pflanzen im kompostloch
wo im vergangenen jahr zur gleichen zeit pierre huyghes „untilled“ platziert war
arg zugesetzt
das chaos vom vergangenen jahr war für mich ein ästhetischer augengenuss
wärend ich mich in diesem jahr auf etwas völlig anderes einspielen muss
vergleichen gilt nicht


ordnung im chaos

immer neu gucken ist die devise – besonders beim fotografieren
das verstehen beruft sich gern auf wiedererkanntes
neusehen schleppt immer diesen bestand mit sich herum
fast wollte ich gestern nicht „schon wieder“ nachschauen
was sich verändert hat
sondern nur ein paar fotos von meinem zur zeit verfolgten GRAS machen
aber dann fand ich doch wieder alles verändert vor und liess mich mit hineinziehen

so ein chaos

WAS IST DAS DENN…

die gewohnte blickrichtung verlassen
und schon ist die verwirrung gross
ich zeige anna diese neun fotos
sie rät neunmal daneben

also was ist es
das unsere sehgewohnheiten bestimmt und sogar festlegt
das genaue schauen ist es nicht
das sichannähern fehlt
das genaue hinschauen

etwas genauer betrachten heisst für mich auch
es aus nächster nähe zu besehen
um mich dann wieder entfernen zu können
mit nähe und ferne spielen
aus einem detail ein neues bild entstehen zu lassen
nichts ist wie es ist


es ist auch ganz anders

dOCUMENTA ERINNERUNGEN…

vor einem jahr befand sich hier während der 13. dOCUMENTA
am ende der zollamts-ladestrasse beim kulturbahnhof
lara favarettos kunstwerk
es begeisterte und beeindruckte mich sehr
liess mir freien lauf für meine fantasie

nun ist der platz geräumt
ein busch steht da wie zum gedenken

schon vor einem jahr packte mich die neugier auf das angrenzende gelände
ich schaue nach

zwischen alten geleisen und bohlen tut sich eine sagenhafte pflanzenwelt auf

das kleine häuschen das ich zur d13 so gerne als atelier gehabt hätte
macht mich neugierig
ich kraxele durch gebüsch und blumen und balken
es hat einen ungeheuren reiz auf mich

ich erinnere mich an das trümmerkraxeln nach dem krieg in kassel
wo mir noch immer die weidenröschen vorstellig werden
ich mag sie besonders
auch heute haben sie sich hier angesiedelt

unbewegtes und -bewirtschaftetes gelände birgt mir schätze
doch dann menschen – vater und tochter mit hund –
der scheucht einen riesenhasen auf
doch er entkommt mit zickzackhakenschlag

die sonne brennt heiss
und ich werde an einem schattentag nochmal herkommen
um die blumenartenvielfalt einzufangen
es ist wie die erweiterung meines kompostgartens in der aue

siehe auch
VOM SCHROTT ZUR KUNST…
Samstag, 2. Juni 2012
am ende der zollamts-ladestraße beim kulturbahnhof – Jede menge altmetall
Lara Favaretto baut hier das grösste kunstwerk der dOCUMENTA (13)

EIN ZIMMER IN EINEM TRAUM…

Rainer Maria Rilke

Wo ist zu diesem Innen
ein Außen? Auf welches Weh
legt man solches Linnen?
Welche Himmel spiegeln sich drinnen
in dem Binnensee
dieser offenen Rosen,
dieser sorglosen, sieh:
wie sie lose im Losen
liegen, als könnte nie
eine zitternde Hand sie verschütten.

Das dunkle Roseninnere
Sie können sich selber kaum
halten; viele ließen
sich überfüllen und fließen
über von Innenraum
in die Tage, die immer
voller und voller sich schließen,
bis der ganze Sommer ein Zimmer
wird, ein Zimmer in einem Traum.