LEERE RÄUME…

LEERE RÄUME…
dOCUMENTA (13) fridericianum

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7. JUNI 2012

leere räume sind wunderbar
sie singen und schwingen – je nach meiner befindlichkeit
sie erwecken neugier
ich erfahre dass da nichts ist ausser mir
ich mit mir ganz alleine
eine ich-erfahrung
ich träume mich hinein in die leere des raumes
ich dehne mich in alle vier ecken und rolle mich wieder ein
ich bin in der mitte
ich bin die mitte, die mitte des raumes, die mitte von mir

ein leerer raum ist nicht leer
da sind geräusche gerüche und wind
in diesem raum ist ein windsog ein windkanal
er weht mich hinein in diesen raum und wieder hinaus in einen anderen
also noch ein leerer raum
das ist wohltuend
für einen moment entfernt von den vielen menschen
mich frei fühlen und ganz umschlossen

doch dieser raum bleibt nicht leer. er füllt sich mit besucherinnen und besuchern der d13.
in einem leeren raum weicht man sich nicht so schnell aus, eher geht man aufeinander zu.
blicke werden getauscht, worte gewechselt, gespräche entfalten sich. man begegnet sich. ich begegne catherine david. ein flüchtiger gruss. ein leerer raum wird zum raum der begegnung. ein raum wird lebendig.

der windkanal, vom künstler ryan gander, wird zum begehrten fotoort. haare flattern im wind, werden zum fotobegehrten objekt. bei den kleidern muss ich schon etwas nachhelfen. sie sind zu schwer. so stark ist der wind nun doch nicht, stellt sich als kleiner wind, als windchen heraus.

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foto gert hausmann

morgen ist die eröffnung der d13. die anzahl der presse- und fachmenschen werden sie von der anzahl her kaum übertreffen können. mir scheint – jeder ist presse.
berichtet werden wird zur genüge. fragt sich nur was.

KUNSTSANATORIUM…

SANATORIUM…
pedro reyes

http://www.pedroreyes.net/

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lauf hin oder lauf weg…
eines der spannendsten objekte ist pedro reyes SANATORIUM. in ärmeren ländern hätte es ein gutes ansehen ob seines äuseren perfekten aussehens.
hier werden kunstpatienten von kunsttherapeuten behandelt. freiwillig. wer sich da traut, wer geduld hat, eine ganze sitzung durchzuhalten und sich nicht vorkommt, wie einer dieser stoffpuppen, kunstexperiment auf kunstexperiment gestapelt.

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das sanatorium liegt am wege, also gut zu erreichen. selbst ein krankenwagen könnte heranfahren. hoffen wir, dass der ernstfall nicht eintrifft, dass es auch nicht für einen ernstfall herhalten muss.
leben und kunst, das liegt dicht beieinander. wer vermag, es auseinanderzuhalten, ist eine künstlerin, ist ein künstler, ist ein lebenskünstler…

WAR IS OVER…

WAR IS OVER…
doug ashford

na, hoffen wir es doch, wenigstens hier und für die nächsten 100 tage
es ist kein schönes bild, aber es hat mich beeindruckt

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als ich das häuschen erblicke, fällt mir dazu ein, piccopello.
klare form, klare aufteilung, klarer zugang, guter einblick – übersichtlich.
ich fotografiere von weitem, ehe ich mich heranwage und kontakte. der documentahelfer will nicht auf einem bild erscheinen – er hat seine gründe. ich akzeptiere es. immerhin macht er mir einen kontakt zum künstler, ohne dass ich bis dahin wüsste, wer er ist.

doug ashford
rosadora

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ich darf fotografieren, ich darf sogar ihn fotografieren. dazu setzt er sich auf einem stuhl dahin, wo ich es stimmig finde – vor sein haus.
ein paar worte noch. ich frage ihn nicht aus nach dem, was er da macht. das werde ich in drei tagen ja erfahren. ein bisschen zurückhaltung wenigstens muss sein.
wir tauschen unsere visitenkarten und er fragt, kannst du mir die bilder schicken. sicher kann ich das und gerne.
schöne bilder, schöne portraits, völlig ungezwungen. das gefällt mir. ich bin zufrieden und völlig glücklich über so viel entgegenkommen.
so stelle ich mir kunst vor.

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vater fotografiert sohn

http://www.dougashford.info/

zu den notizbüchern:

032: Doug Ashford, Julie Ault, Group Material: AIDS Timeline

Deutsch/Englisch 24 S., 18 Abb., 17,6 x 25 cm, Broschur € 8,– [D], CHF 11,90; E-Book € 6,49 [D]
ISBN (Print) / 978-3-7757-2881-2
ISBN (E-Book) / 978-3-7757-3061-7

1989 wurden die damaligen Mitglieder von Group Material – Doug Ashford, Julie Ault, Felix Gonzalez-Torres und Karen Ramspacher – von der MATRIX Gallery am Berkeley University Art Museum dazu eingeladen, sich mit dem Thema AIDS auseinanderzusetzen. Die Künstler trugen ihre Recherchen in einer nach Jahren strukturierten Übersicht über die Umstände zusammen, unter denen sich die Epidemie in eine nationale Krise gewandelt hatte. Untersucht wurden Ereignisse in den Bereichen Medizin, Politik und Statistik, Darstellungen von AIDS in den Medien und künstlerische Resonanzen. Die AIDS Timeline, die in diesem Notizbuch abgedruckt ist, informiert über die verbreitete Stigmatisierung von Menschen mit AIDS, dokumentiert den Einfluss, den Homophobie und Rassismus auf die Herausbildung der öffentlichen Ordnung ausüben und stellt dies in einem größeren gesellschaftspolitischen Zusammenhang. Doug Ashford (*1958) ist Künstler, Autor sowie assoziierter Professor an der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York. Julie Ault (*1957) arbeitet als Künstlerin, Kuratorin, Herausgeberin und Autorin.

WIE SOLL MAN DENN SONST ÜBERLEBEN…

BODEAUSSTELLUNG im city-point

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arnold bode
begründer der documenta

es ist, als weile er noch unter uns…

viele seiner ideen und aussagen treffen auch heute noch. zu der weiterentwicklung der documenta würde er in die hände klatschen und sagen, bravo, es hat sich etwas bewegt.
die welt ist nicht stehen geblieben, hängt nicht fest an gemachten einsichten, sondern geht weiter. die dinge E.N.T.W.I.C.K.E.L.N , auswickeln, ihnen auf die pelle rücken, ihnen auf den grund gehen und weiter WICKELN, werkeln auch und neu zusammensetzen, in andere bezüge bringen, neu schauen, um zu begreifen.
er war ein ENTWICKLER, ein macher, ein seher, vor allem ein weitseher, ein durchblicker, ein deuter. er hatte visionen.
vielleicht lag das an der zeit, die zeit nach dem krieg, der zeit des aufbaues. die liess hoffen und wünschen und setzte ungeahnte energien frei.
im gegensatz zu heute, da gehört der weltuntergang und nihilistisches denken zu den themen.

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„ich musste aus kassel etwas machen, um nicht unterzugehen…“
etwas machen, das ist der springende punkt. arnold bode stemmte die arme in die hüften und machte – der macher eben.
ich bin sicher, dass er mit der ersten documenta noch nicht wusste, was einmal daraus werden würde. er machte einfach und machte immer weiter – bis zu seinem tode 1977.

er war selbst ein künstler, nicht nur maler. seine werke verbrannten in einer bombennacht, wie die habe und der klumpatsch sehr vieler kasseläner. künstler war er in einem viel weiteren sinne, mit gespür für das, was so daneben ging bei dem wiederaufbau der stadt. er machte viele eingaben und verbesserungsvorschläge, was sich da zu bewegen hätte, um ansehnlich daher zu kommen. er hatte hatte den blick der „zweiten ordnung“, so nannte er es. ihm ging es um „visuelles begreifen“.

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unter seinen satz, „zum establishment gehört auch diese documenta nicht“, könnte er ebenso die heutige documenta stellen. carolin christoph bakargiev würde da sicher zustimmen.

„(…) und in den poetischen raum gehört die bildende kunst… all das ist dieser merkwürdige poetische raum, den ich als so merkwürdig bezeichne, weil wir das alles vergessen haben. wir reden immer von den rationalen räumen, die notwendig sind. aber der andere, dieser zweite raum, ist genauso wichtig, denn sonst können wir nicht überleben. sonst ist das leben traurig, langweilig und nicht mehr lebenswert.“
arnold bode

auch darin stimmt carolin christoph bekargiev mit arnold bode überein. auch sie möchte die menschen zum träumen bringen, ihnen diesen poetischen raum eröffnen, natürlich neben all dem anderen.

und das wird es in zukunft sein – all das andere, was sich unter dem begriff versammelt und kunst ist, oder auch nicht.
den begriff kunst zu deffinieren wird schwierig sein, nach wie vor, denn arnold bode erwähnte das schon bei der ersten documenta.

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VOM SCHROTT ZUR KUNST…

am ende der zollamts-ladestraße beim kulturbahnhof – Jede menge altmetall
Lara Favaretto baut hier das grösste kunstwerk der dOCUMENTA (13)

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vom schrott zur kunst ist es nur ein kleiner schritt – der schritt der begeisterung.
meine begeisterung umfasst 300 bilder – ich sage bilder, weil es nicht einfach fotos sind.
mein auge fischt die bilder aus dem schrotthaufen, der heute früh eine blendende beleuchtung hat – sonne und wolken. das ist eine prächtige kulisse.

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die bilder regen an zu philosophischer betrachtung. springender funke war ein SCHALTKASTEN.
in der zusammenschau von vergangenheit, gegenwart und zukunft sagte er mir NUR DIE VERBINDUNG IST UNTERBROCHEN. den kreislauf stört das weiter nicht. die dinge, die einmal in der lebens- und arbeitswelt der menschen eine verwendung hatten, bekommen in ihrer neuen gestalt etwas morbides, das auf vergehen hinweist. nichts vergeht wirklich, alles verwandelt sich nur. die verwandlung ist vorrübergehend, ist etwas, das sich ständig in bewegung befindet.
in ihren zwischenstationen kommen immer neue formen, farben und schichten an die oberfläche. so zeigt sich mir noch nie gesehenes und einmaliges, nie wiederholbares.
das licht mischt sich ein, hebt unbedeutendes hervor. überwiegend sind es formen und farben, die in der natur so nicht vorkommen, die auf vom menschen gemachtes hinweisen, die ganze geschichten enthalten, die ich mir ausdenken kann, weil ich sie nicht kenne.

aber auch einmalige gebilde zeigen sich mir. dazu fällt mir besonders viel ein, weil die fantasie durch sie nicht eingeschränkt, sondern angeregt, ja fast angefeuert wird. feuer spielte sicher eine sehr grosse rolle bei der entstehung der einmal intakten geräte, besonders denen aus blech und stahl.
zum himmel ragen sie, sind mahnmal und schöne geste gleichzeitig. mahnmale für unsere ausufernde verwendung von gütern der erde und unsere nichtschätzung und nichtachtung, aber auch gesten, die dazu neigen kunst zu werden, auffordern spielerisch damit umzugehen und unsere blicke zu schärfen.
heute morgen wurde eher mein spieltrieb und meine enorme neugier herausgefordert, auf die ich mich gerne einliess.

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was genau die beziehung zur d 13, zwischen kassel und kabul, ausmacht, ist mir noch nicht klar.
zusammenbruch und wiederaufbruch – so viel schon mal.

AUEDAMM 24…

Gareth Moore, Kanada

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es wird gehämmert gebuddelt gesägt und gebaut
siedlung oder dorf oder privatspielplatz, wer weiss das schon so genau

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zuerst finde ich den briefkasten mit der aufschrift

AUEDAMM
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HERR MOORE

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er gefällt mir ausnehmend gut
wohl aus einer lebkuchenschachtel
wie sich doch alles verwenden lässt

es erinnert mich an die räumarbeiten im haus meiner kürzlich verstorbenen mutter
was hätte sich da nicht alles in kunst zusammenstellen lassen
aber
warum ist mir das nicht eingefallen
da habe ich den klumpatsch mit 10 lastwagen abholen lassen

auch Song Dong
hat aus den übriggebliebenen dingen seiner mutter eine kunstschau bereitet
was ist bloss so interessant an dem alten zeug
ich muss sagen dass ich es liebe wie gleichsam hasse
erinnerungen sind gut
erinnerungen kann ich nicht aushalten

was Gareth Moore da zusammenwerkelt ist mir noch nicht ersichtlich
aber es wohnen wohl viele menschen auf der welt nicht besser als
in solchen unterkünfte
vielleicht das
vielleicht was ganz anderes

WUNDERBARE RÄUMLICHKEITEN…

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Teile der dOCUMENTA (13) finden an Orten außerhalb Kassels statt.
Diese Orte werden am 6. Juni bekannt gegeben.

…wunderbare Räumlichkeiten

»Auf der Bühne«
im »Belagerungszustand«
im »Zustand der Hoffnung«
»auf dem Rückzug«.

´Diese Orte bringen die Vorstellungen, die man sich für gewöhnlich über diese Bedingungen macht,
in Fluss und betonen deren kontinuierliche Verwandlung´.

SIEBEN HUEGEL – NACHGESCHAUT…

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Massimo Bartolini ´unbetitelte welle ´ (untitled wave)

die hirse ist gut im stand

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Song Dong, China
BÄUME UND PFLANZEN WACHSEN AUF MÜLL –

die huegel wachsen in die eine, wie in die andere richtung

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pflanzen, ordentlich vorgezogen, kommen ins beet

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noch einpflanzen – u. a. tomaten

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lagebesprechung am frühen morgen

die rote umrandung gefällt mir immer weniger…

WIR MACHEN HIER DIE FENSTER…

mich lockt das grasdreieck um eine eiche. echte kunst. das dreieck ist symbol für das urbild des lebens. es hat noch viele andere bedeutungen. ich nehme noch dazu – den ´kreativen intellekt´, den es für die gnostiker darstellte.
im klitzekleinen häuschen mache ich aus der tapete nocheinmal kunst – ein bild in grün/blau-tönen.
ein lastwagen wird entladen. ziemlich zerbrechliche ware.
´wir machen hier die fenster´, sagt einer von den arbeitern und ich schwöre, dass ich sie, die die arbeit machen, sehe als teil des kunstwerkes, das hier entsteht. sie sind lächelnd damit einverstanden.

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KIRKE AM WEINBERG…

KIRKE AM WEINBERG…

Künstler Adrián Villar Rojas, Argentinien

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wer denkt da nicht gleich an kirke (circe), die auf ihrer mit eichen und anderen bäumen bewachsenen insel aiaia alle besucher u. a. in schweine verwandelte.
schlange scheinen sie zu stehen, die männer, um einer nach dem anderen ihrem liebreiz zu verfallen. sie können gar nicht erwarten, sich an sie zu schmiegen und an ihrer brust zu nähren.

vielleicht ist sie nicht kirke, aber eine zauberin ist sie allemal und in den verführungskünsten scheint sie ihr nicht nachzustehen.
ob sie aus diesem knochen und damit der vergänglichkeit und dem verfall entkommen ist oder er ihre ständige behausung ist. hohl genug ist er.

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