SPURENSUCHE…

die geschichte geht weiter…


SPURENSUCHE

da an diesem ort der einmal mein art-projekt war mein betätigungsfeld für über ein jahr plötzlich nichts mehr ist
spielt mein gehirn verrückt es arbeitet auf hochtouren
es reisst mir die augen auf und lässt mich dinge sehen die mich selbst verwundern

wenn etwas abgebaut wird – hier die natur – bleiben reste die in der art sich zeigen
dass sie fantastisches hervorzaubern
es sagt schau doch hin schau doch neu schau doch anders

gestern sonntag keine arbeiter im abgeräumten kompostloch nur berge von zusammengebaggertem das was nicht durch die rüttelmaschine und das sieb wollten


7 BERGE

hier einer und da einer und dort einer
und ich eierte los wie angestochen zog meine kreise
und da fiel es mir ein
es gehört zusammen
das „untilled“ – aufbau und zusammenbruch = natur
und nun
zusammenbruch und wiederaufbau = kultur

ich muss also dran bleiben bis sich das ganze rundet
bis ich sehen kann was kultur sich da so ausdenkt
und das zwischenspiel zu beobachten und in bildern festzuhalten was da wird ist meine neue aufgabe


KULTUR RÄUMT AUF

ich atme auf
es ist alles ganz einfach
es geht alles immer weiter

und ich finde sie die zwischenspielbilder
und es macht mir freude ins abstrakte zu gehen


MARLONS BRETT

als erstes ,marlons brett‘
und dann die ,sieben berge‘


BEUYESEICHE

der rest von der ,beuyseiche‘

und noch die ,spurensuche‘
und aus allem ,kultur räumt auf‘

die arbeit an meinem i mac geht zügig
ich bin wie angestochen
fantasie beflügelt
ich habe das gefühl gut gearbeitet zu haben

HÜHNERHIRSE…

die geschichte geht so…

alles was als unkraut verschrieen ist und sich schön breit macht erhält meine besondere aufmerksamkeit
eine legende gibt es nicht zu der hühnerhirse und ich weiss auch erst seit „untilled“ dass es hühnerhirse ist

sie tauchte im kompostloch auf und marlon und ich rätselten was es sein könnte
ich schaute nach und fand heraus dass hühnerhirse einmal angebaut wurde
die jungen sprossen kann man sogar als gemüse essen
ich zupfte immer mal ein paar hirsekörnchen und probierte sie und fand dass sie nussig schmeckten
auch steckte ich ein paar samen in die tasche – wie ich von diesem und jenem samen einsacke
ich habe gar keinen garten aber der wunsch die samen auszusäen ist tief in mir
in der zwischenzeit könnte ich ganze beete damit bestücken…


juma im hirsefeld august 2013

war es im „untilled“ eine übersehbare fläche hatte sie sich in diesem jahr im halben kompostloch ausgebreitet
sie kommt spät im juli sie ist eine wärmekeimerin (habe ich auch erst herausgesucht) und sie schenkte ein wunderbares grün im sommer wo andere grüne schon nachgedunkelt sind
sie mag es feucht und das war es hier hin und wieder doch sehr

während sie in russland heute noch angebaut wird fürchtet und bekämpft man sie hier als ,lästiges unkraut‘ wie so viele andere heilkräuter ebenso


rosadora im hirsefeld august 2013

leider habe ich erst jetzt herausgefunden dass mein kater findeli das grün der hirse sehr mag
das kompostloch ist ausgeräumt aber in dem feuchteren teil treibt die hühnerhirse bereits
wieder neu
ich habe kleine büschelchen gezupft und sie in ein glas mit wasser gestellt findeli zieht es dem katzengras – das er übrigens fast durchgängig ablehnt – vor
nie würde er es fressen wenn es unkraut oder gar giftig wäre
er ist ein feinschmecker und frisst niemals das was menschen fressen
ich könnte ihn mitten auf den gedeckten tisch setzen und er würde nur kopfschüttelnd die ebene verlassen


august 2013

möge es so sein dass ich die hühnerhirse auch zwischen dem was hier einmal sein wird immer wieder entdecken kann
könnte doch sein – immerhin…

G R A S L I E D . . .

die geschichte geht so…
es sind die kompostlochgeschichten die so beginnen

also
dass gras beeindrucken und begeistern kann wusste ich bis zu dem moment wo es sich mir quer vor die füsse legte auch nicht

im „untilled“ gab es zwei wege die man wählen konnte – rechtsherum oder links vorbei
mittenhindurch ging nicht wegen der bienenfrau und weil die bienen nicht gestört werden sollten und ob der gefahr dass jemand gestochen werden könnte
viele menschen strömten durch die kompostlandschaft
es entstand vor allem in dem höher gelegenen teil ein trittfester weg

die dOCUMENTA war vorbei
ein winter verging ein frühling und fast ein sommer
als mir auf besagtem weg auffiel dass sich die kamille angesiedelt hatte
mir kam in den sinn dass es die umstrukturierung und heilende wirkung der kamille brauche um die vielen energien welche die menschen mit hereingetragen hatten
zu tilgen

die kamille wurde abgelöst vom gras
es wuchs und wuchs ging mir bis an die knie bis es sich dann einfach hinlegte und ausbreitete wie ein teppich

es ergaben sich dadurch muster und überschneidungen die mich faszinierten und ich beschloss das gras im auge zu behalten
viele fotos sind entstanden
mich interessierte wo das gras denn hin verschwinden würde

als ich entdeckte dass sich zwischen dem ausgebreiteten gras neues hervorwagte und so das alte überwuchs wurde es abgemäht
das ganze kompostloch wird mit baggern umgewendet gerüttelt und geschüttelt und die neu gewonnene erde in eine naheliegende kompostierungsanlage abtransportiert

Graslied_COVER__bearbeitet-1
bei BoD

das gras blieb mir in erinnerung und ich liess es mir in einem buch verewigen
kleine flüchtige verse begleiten das gras
so wird es heute oder morgen gebündelt und geklebt bei mir eintreffen
ein wiedersehen also

HERZGESPANN…

die geschichte geht so…

da ich keine legende im internet finde
muss ich wieder meine eigene aufzeichnen

im „untilled“ d13 fiel mir eine pflanze auf
die auf einem wunderbaren platz stand
und sich zu entfalten begann
irgendwann war sie weg
jemand hatte sie aus unwissenheit entfernt

in diesem jahr fand ich die pflanze an einem anderen ort wieder
weil sie sich zwischen den brennnesseln und anderen
üppigen pflanzen durchsetzte – buchstäblich
sie wuchs und wuchs – nahm ich mir vor zu beobachten
welch wunderwerk da heranwächst

als es sich dann später mit kleinen zartviolette lippenblütchen rings um den stengel herum schmückte die in etagen von zwei blättern getragen wurden beschloss ich nachzuschauen

wieder so eine namensüberraschung
HERZGESPANN
himmel – wer spannt da mein herz ein oder gar aus

ich war wie hypnotisiert
fand auch heraus dass es das herz beruhigt

ich hatte gerade herzknatsch
es drückte mich eine grössere forderung
da war herzberuhigendes gerade recht

ich zupfte ein paar blättchen und braute mir einen tee daraus
und noch einen
und siehe mein herz beruhigte sich und nahm den normalen schlag wieder auf
ich war ganz angetan von dieser wunderpflanze

am nächsten tag und wieder und wieder ging ich zum
HERZGESPANN und bedankte mich
beobachtete es nun noch genauer
und schenkte ihm meine ganze bewunderung

dass es sich unauffällig mit kleinen dornen oder stacheln umgibt gefällt mir allzu gut
so wird die eine oder der andere abgehalten
in unwissenheit ganze pflanzenstängel einfach abzutrennen

am unteren stängel sind die blätter herzförmig !!!
die erscheinungsform einer pflanze sagt oft schon etwas über ihre bestimmung aus

in der medizin wird sie gegen herzbeschwerden aber auch gegen alle möglichen anderen wehwehchen eingesetzt so z. b. bei magen- und darmbeschwerden

noch eine pflanze welche die hektischen menschen beruhigen kann
allein ihr gegenüber zu stehen vermag dies auszustrahlen
HERZGESPANN – meine bewunderung und hochachtung

E N G E L W U R Z . . .

auch angelica

die geschichte geht so…

in einem beet von pierre huyghes „untilled“ entdecke ich eine pflanze die mir vom namen her nicht bekannt ist
ich schaue nach
ENGELWURZ

eine pflanze die mich begeistert und ein name der mich fast umhaut E N G E L W U R Z
das muss ich mir ersteinmal bildlich klar machen
engel – himmel
wurz(el) – erde
sie verbindet irdisches und himmlisches mit ihren wirkkräften

hat man erst einmal etwas erkannt
begegnet es einem und erkennt man es immer wieder
mit ina und re die zur dOCUMENTA 13 nach kassel gekommen sind
gehen wir im ilyssia essen
ich komme gar nicht hinein in den laden
rechts und links neben dem eingang
in einem grossen blumenkübel ENGELWURZ
als würde es die arme ausbreiten
und rufen – ach da bist du ja (wieder)
ich bin so erstaunt dass es mir die sprache verschlägt

und dann weiss ich es jedesmal wieder ENGELWURZ

ein erzengel soll einem mönch zu zeiten der pest
diese pflanze verraten haben

die engelwurz – auch angelika genannt – ist eine eindrucksvolle erscheinung
wie sie wohl hier in das kompostloch gekommen ist
sie überragt mich bei weitem – ich muss zu ihr aufschauen und tue dies mit grosser neugier und aufmerksamkeit
sie hat eine eindrückliche sprache die meine seele stärkt und lockt mich bei jedem besuch alle paar tage zu sich hin
lebenskraft vermag sie zu erneuern
ihre ausstrahlung überwältigt mich
wie sie zum licht will und selbst diese lichte ausstrahlung schenkt
ihre samen hält sie wie mit fingern weitgespreizt gegen die sonne
ich lege ein paar von den samen auf meine zunge und lasse sie wirken
sie öffnet mein herz schenkt mir zuversicht und freude
engelwurz wärmt meine seele

sie braucht drei jahre um ihre blüte und grösse in voll zu erleben
die dann ihr innewohnenden kräfte erzählt sie uns in vollem rausch und ich gerate mitten hinein

ihre dreigeteilten blätter ordnen sie der zahl drei zu
drei ist eine alte heilige zahl

„Sie war das Symbol der dreifaltigen Göttin in ihrer Gestalt des jungen Mädchens, der reifen Frau und der Greisin. Symbol der drei Phasen des Lebens von Wachstum, Tod und Wiedergeburt. Eine Trinität, die untrennbar miteinander verbunden ist. Und vielleicht weist uns die Angelika darauf hin uns dem Lebensfluss hinzugeben, die Phasen des Werdens, Wachsens und Vergehens anzunehmen. Ihre Kraft, so wird berichtet, schützt in Zeiten von Krisen und Veränderung und begleitet und stärkt uns in Transformationsprozessen.“

siehe auch
http://www.heilpflanzenkunde.blogspot.de/

JAPANISCHER STAUDENKNÖTERICH..

die geschichte geht so…

feodora – eine der hüter/innen des „untilled“ von pierre huyghe auf der dOCUMENTA 13
setzte vor den eingang zu ihrem schutzort eine pflanze
von der sie nicht wusste wie sie hiess und was sie von ihr erwarten könnte

die pflanze wuchs schnell – sie zeigte grosse blätter
und als die dOCUMENTA zuende war und feodora längst auf und davon
erkannte ich sie
es war ein japanischer staudenknöterich
sie durfte wachsen – noch über das jahr hin und ich sah sie blühen

im nächsten frühjahr hatten sich in ihrem gegenüber zahlreiche pflanzen ausgebreitet
sie bildeten fast einen kleinen wall vor dem springkrauthügel
doch irgendwann war der einfach weg…

um den wassertrog herum gab es kleine ausläufer
einen kleinen davon nahm ich und das nötige erdreich – zwei hände voll –
mit nachhause und setzte ihn – erstmal – in einen viel zu kleinen blumentopf
er benahm sich manierlich
nicht wie üblich 10 bis 30 zentimeter pro tag brachte er hervor
sondern 3 neue blätter – findeli frass in ihn 3 löchlein und fand ihn für unwiderstehlich aber ungeniessbar –
die eingeschränkten platzverhältnisse weisen dem knöterich wohl in die schranken
ich rechne es ihm hoch an und denke mir
er will mir einen gefallen tun und mich nicht überfordern

heute habe ich ihn in einen grösseren topf umgesiedelt
und nach der abräumaktion im kompostloch
wo nichts aber auch nichts zurückbleibt von pflanzen und erde
ist er mir ein erinnern
und ich bilde mir ein
dass er mich anschmunzelt
tut er auch…
fragt sich nur wie lange

S P R I N G K R A U T . . .

„Kein Weltfrieden ohne Frieden mit der Natur!“
dalai lama

indisches springkraut
oder das kraut das springen kann

es überwucherte mich
aber da war es schon zu spät
mit seinem duft becircte es mich
und schickte mir leichtlockere träume

zuerst waren sie kalt
wie sie nur sein können
wenn sie der himalaya ausduftet
dann wurden sie feucht oder sogar nass
und england liess grüssen

doch nun – bei uns angekommen –
zaubern sie warme bis heisse bilder
sie beginnen zu singen und zu tanzen
die hummeln und bienen
fallen herein auf den ton
dafür bekommen sie nahrung
noch über den sommer hinaus
das springkraut
lässt sie im hochgenuss schwelgen

es kam zu uns
den hektischen menschen
beruhigende schwingungen zu schenken
doch die menschen fühlen sich bedroht
wie sie sich von allem fremden
und unerklärbaren abwenden
ersteinmal möchte ich sagen

eine chance in den fremdlingen zu erkennen
dazu bedarf es wohl eines längeren zeitraumes

der zeitraum – der raum der zeit – wird knapp
halten wir hände und füsse still
und schliessen wir frieden mit der natur
lassen wir ihr raum
lassen wir ihr zeit
diese menschenunmögliche

GÖTTERPFLANZE BILSENKRAUT…

im kompostloch und schon bei „untilled“ von pierre huyghe auf der dOCUMENTA 13
war es das BILSENKRAUT
das mich anraunte – mich ansang sozusagen – mit seinem urmantra
jede pflanze hat ihr eigenes lied – ihre eigentümliche urschwingung
eine eigene klanggestalt

„Wenn sich der geistige Archetypus der Pflanzenart in der diesseitigen Dimension physisch verkörpert, zerteilt sich seine Schwingung und zersplittert in dieses oder jenes Fragment.“

ich weiss nicht was mich lockte
die schwingung rührt mich in meiner seele an

wolf-dieter storl schreibt noch in seinem buch
GÖTTERPFLANZE BILSENKRAUT
„Es steckt eine gewaltige Vermehrungskraft in dieser Pionierpflanze. In den rund 50 Früchten, die eine mittelgroße Pflanze hervorbringt, entwickeln sich bis zu 10.000 Samen, und diese behalten ihre Keimfähigkeit in tiefen, luftabgeschlossenen Erdschichten mehrere hundert Jahre lang. Der dänische Medizinhistoriker Jens Lind fand Bilsenkrautsamen bei der Ausgrabung einer Burgruine, die vermutlich 800 Jahre in Samenruhe verharrt hatten (HANSEN 1983:45).

ich habe einen enormen respekt vor dieser grazilen pflanze
die der erde entrinnt und zum himmel hinauf will
bis die blütenpracht dieses drängen aufhält
so wird sie nicht ganz so übermütig
sie ist eine wunderbare erscheinung
und schön wie sie sich gibt

wie kleine vögelchen aufgereiht sitzen die samenkapseln auf den stengeln
der sonne zugewandt damit sie reifen

bilsenkraut ist die heilige pflanze des belenos (gott des lichts)
und der blumengöttin

sie kann das gefühl erzeugen dass man fliegt und bei unsachgemässem gebrauch durch vergiftung töten

es gibt einige legenden so auch die
dass die zauberin kirke die gefährten des
odysseus mit ihrem gesang anlockte und ihnen bilsenkraut ins essen mischte
worauf diese sich in schweine verwandelten

diese geschichte hat mich schon immer amüsiert
doch dass kirke sich des bilsenkrautes bediente war mir unbekannt

einige samen habe ich eingeheimst
was ich damit anstellen werde weiss ich noch nicht
vielleicht hole ich sie nach 1000 jahren wieder aus meinem versteck…

PLATT GEMACHT…

platt gemacht ist hier nun bald alles
heute kam der riesenbagger und hat alles niedergemacht

dass er den robinienhang wegkriegen würde
habe ich nicht gedacht
umgeschuppst und beiseite gezerrt
ich habe mich so geschämt vor sie hin zu treten
ein wenig geblüht hatte schon die eine oder andere
und samenschoten herausgebracht
wie abgeschlachtet lagen sie da
die wurzeln wie gespreizte zehen in die luft gestreckt

ein holler gleich daneben
der war voller holunderbeeren – fast reife
keine rücksicht – alles musste weg

der beuysbaum an die seite gezerrt
zum schreddern
keine beachtung mehr
die männer wissen nicht einmal seine bedeutung

auf die erdhaufen bin ich noch geklettert
aber es war nicht das gleiche wie zwischen den
pflanzen herumzuschlängeln zu d13-zeiten
am liebsten hätte ich mich wie eine decke darüber gebreitet
und geschrieen – jetzt reichts
aber da war schon alles vergeblich

ich kann gar nicht begreifen
wie man all die pflanzen plötzlich so rückhaltlos
vernichten kann
und damit sie ja keine chance haben
nochmal aufzukeimen
wird die erde erhitzt um die keime abzutöten
abgetötet…
keine chance für ein wiedererscheinen
keine aussicht auf wiederbegegnung