CARMEN HERRERA …

SIE WURDE 106 JAHRE ALT…
am 14. februar verstarb sie in ihrer wohnung in new york.

zu ihrer langjährigen künstlerinnen ausdauer sagte sie:
„Ich mache es, weil ich es machen muss. Es ist ein Zwang, der mir auch Vergnügen bereitet“,

erst mit 89 jahren wurde sie mit ihren werken bekannt – verkaufte sie ihr 1. bild.
wie viele frauen – z. b. louise bourgeois – deren künstlerisches tun lange nicht wahrgenommen wurde,
blieben sie sich selbst und ihrem überzeugenden tun treu.

dass sie dann, nachdem sie „entdeckt“ wurde, in den canon der geldhaie geriet, war ihr vielleicht nach so vielen lebensjahren schnuppe.
„Heute befinden sich ihre Werke in Sammlungen des Museum of Modern Art in New York oder der Tate Modern in London. Bei einer Auktion verkaufte Sotheby’s 2019 das Bild „Weiß und Grün“ (1966/67) für 2,9 Millionen Dollar.“
DER STANDARD

s. wikipedia

DAS FREMDE IST NICHT FREMD…

rosadora zum

HOLOCAUST UND…


foto: rosadora

ich weiß nicht, was ich schreiben soll. so stelle ich überlegungen an, wann meine sympathie für das andere, das fremde begonnen hat.
irgendwie habe ich den verdacht, dass das schon früh in der zeit war, in der wir auf dem dorf evakuiert waren. da zog es mich in die nähe von einem wohnwagen, in dem eine zigeunerfamilie hauste. wohnen kann ich nicht sagen nach heutigen verhältnissen, denn sie waren eine große familie mit 5 kindern. später wohnten sie dann im dorfgemeinschaftshaus.
sie machten musik und waren lebendig, wie es mir doch sehr gefiel.
und obwohl mir einer der jungs eine scherbe an den kopf warf, als ich den aschenkasten auf dem misthaufen auskippte, lies ich mich nicht irritieren. wir hatten weiterhin ein prickelndes verhältnis, wie es nur unter kindern sein kann.
auch erinnere ich mich an einen juden, wie man da sagte, der ins dorf kam und stoffe anbot. das war für meine mutter ein segen, denn sie nähte alle sachen für uns und so mußte sie 113einmal weniger aus altem zeugs , das z. t. aus abgelegten armeeklamotten bestand, kleider für uns nähen. sie hat sie dann auch noch bestickt und mit knöpfchen verziert – wer weiß, wo sie die derzeit erstehen konnte. aus kopfschützern von soldaten, die diese nicht mehr brauchten, nähte sie unterhosen, die höllisch kratzten.

der sprung wird dann größer – der erinnerungssprung – ich muß es auch alles erst sortieren und zusammenkriegen. die erinnerung ist, dass ich einen umweg ging, um zu mir selbst zu finden.
mit 14 liess ich mich taufen – kurz gesagt – gegen den willen meines vaters, der mich bis dahin belogen hatte, dass ich zuhause getauft sei – lutherisch – er betonte es auf dem – e –
mit 17 hörte ich auf zu glauben. in der gewerkschaftsjugend sah ich – ich war vielleicht 17 – heimliche filme vom holocaust, wo menschen auf die grausamste weise umgebracht und damit eine ganze etnie – sprich juden, ausgerottet werden sollten. für mich einfach etwas menschenunmöglliches, etwas bestienhaftes und das mich schockte über alle massen. es hörte dann nicht mehr auf mit dem schocken. bis heute kann ich mich nicht beruhigen.

als ich dann verheiratet war und meine tochter emilie-rose nicht in dieser welt leben wollte, wußte ich genau weshalb sie meine abscheu gegen diese menschen in sich hineingenommen hatte.
auf einem jüdischen friedhof, genaugenommen dem jüdischen friedhof in kassel-bettenhausen, fiel mir dann zu, dass ich dachte, ich brauche kein grab für mein kind – ich kann auf jeden friedhof gehen.
dass es ein jüdischer friedhof war, war sicher kein zufall. von da an waren jüdische friedhöfe große anziehungspunkte und ich entwickelte eine zuversicht und zuneigung zu den jüdischen toten. mit der zeit wurden sie für mich immer lebendiger und ich empfand sie, die toten, als äußerst lebendig. sie sprachen mit mir und halfen mir bei wichtigen lebensfragen.
diese zeit hielt ich in einem buch fest: UNSTERBLICH IST DIE LIEBE…
„diese geschichte schwingt zwischen leben und tod, zwischen den gräbern auch. sie rührt an tiefere schichten, auch wo sie in leichteren tönen schwelgt.“
von da an interessierte ich mich für JÜDISCHE FRIEDHÖFE immer mehr und hielt die geschichte der jeweiligen gräber in bildern fest. nach dem jüdischen friedhof in kassel, der JÜDISCHE FRIEDHOF OHLSDORF und als ich für 10 jahre in die schweiz ging, entwickelte sich daraus ein riesenprojekt.

die geschichten, die irgendwie anders waren, aber dazugehörten, war die beziehung und liebesbeziehung zu dem jüdischen arzt YAAKOV BEN KANAAN, der in kassel lyrik-lesungen
veranstaltete. so auch von ROSE AUSLÄNDER, bei der er mich herauspickte aus der zuhörermenge und sagte, er habe es gleich gewußt, dass ich mit der rose bekannt sei.
mit mir gemeinsam plante er eine lesung über ELSE LASKER-SCHÜLER, einer anderen jüdischen lyrikerin.
er besuchte mich und brachte mir den gedichteband mit. aus der lesung ist nie etwas geworden. aber es entwickelte sich dann eine sehr intensive freundschaft – einen momentlang auch eine liebe.
er telefonierte jeden morgen mit mir und schrieb täglich die schönsten briefe. ich besuchte ihn in seiner klinik und er mich bei mir zuhause.
er machte ein bißchen zu viel druck. weil er herzkrank war sagte er zu mir, er hätte vielleicht nicht mehr lange zu leben. das kam nicht gut bei mir an.

er kam mir irgendwie sehr verloren auf dieser welt vor. bei einem speziergang über die dönche sagte er zu mir, „dies ist dein land“ mit einer wehmut, die mir fast das herz brach, und es tröstete ihn nicht, dass ich zu ihm sagte, dass es sein land ebenso sei wie meins und dass ein land doch niemandem gehören kann.
nach langer zeit ging er mit seiner frau ursula nach berlin. aus YAAKOV wurde JUDITH und nach jahren erhielt ich post von ihm und quicklebendig…
ursula war gestorben und er sagte: „nun bin ich wirklich ganz allein“.

ROSE AUSLÄNDER war eine von mir sehr geschätzte und umworbene jüdische lyrikerin. in düsseldorf besuchte ich sie einige male im nelly-sachs-haus.
sie hatte eine ganz persönliche betreuerin – CLAUDIA KASTER – die 15 jahre jünger war als sie selbst. die umsorgte sie tagtäglich. sie fand auch ROSES gedichte, beim aufräumen eines schrankes. die hatte sie auf kleinen teebeuteltäschchen geschrieben.
nachdem sie gestürzt war und sich den oberschenkel verletzte hatte, blieb sie einfach im bett und stand nicht wieder auf. das stimmt nicht ganz. claudia erzähle mir, dass sie doch sehr gelenkig sei und nachts über die absperrung, die sie sich erbeten hatte, kletterte. wie sonst sollten die teebeutelgedichte in den wäschekorb im schrank gekommen sein.
sie grenzte sich ab. hatte sie die fenster in ihrer wohnung zugehängt, so waren jetzt die gitter ein selbstgwählter schutz. ein ganz normales leben war nach diesen horrorerlebnissen einfach nicht möglich.
mit claudia unterhielt ich einen persönlichen schriftwechsel, in dem ich jede kleinigkeit der ROSE erfuhr. so konnte ich sie auch im nelly-sachs-haus besuchen. ich wollte eigentlich ein paar eindrucksvolle fotos machen. ein fotograf hatte sie abgelichtet mir einem haarumhang, was so lächerlich aussah und sie wirklich nicht ins rechte licht rückte, dass ich beschloß, das zu ändern. obwohl claudia mich zu ihr vor liess, kam es nicht dazu – das gebot des helmut braun galt.
rose liess mich nicht so nah an sich heran, ich meine gedanklich – da hatte ihr der HELMUT BRAUN, ihr verwalter sozusagen, schon den umgang mit menschen verboten, weil sie ein paar unberechenbare verhaltensweise hatte, die ihrem WERK hätten schaden können. von CLAUDIA KASTER wußte ich alles haarklein und genau.
von scherzer
zu ausländer
zu hecht
zu braun
als hätte sie die bedeutung der namen nicht unter naziverdacht sehen können – und im verlaufe der wiederholung nicht durchschaut.

die beiden frauen führten eine hassliebe, die sie ungeheuer intensiv auslebten. dass sie dabei die claudia kaster so sehr schikanierte, tat mir nicht nur leid, tat sie doch einfach alles für rose , sorgte so sehr dafür, dass es ihr gut ging. rose schwankte in ihren gefühlen hin und her – das war kaum auszuhalten. dass sie das auch bei ihren besucherinnen und besuchern hätte herauslassen können, befürchtete helmut braun und unterband die besuch eben einfach.

irgendwann fuhr claudia in urlaub, entgegen dem gezeeter der rose. da passierte ein mißgeschick. claudia erzählte es mir so: man hatte ihre medikamente verändert. das war mehr als fahrlässig und völlig unverständlich. was dann passierte, führte zu ihrem ende.
sie starb am 3. januar 1988.

17. januar 2022

KUNST IST LEBEN…

…SPRACHE IST KUNST

als mein vater aus dem krieg kam, war ich zehn jahre alt. wir hatten auf ihn gewartet und gewartet und gewartet – so lang kann man eigentlich gar nicht warten – und dann dies.
mäjen, din fadder is heim gekummen. und ich rannte und rannte und dann stand da dieser verwahrloste dreckige typ, den ich nicht kannte. meine enttäuschung war groß – so groß.

nachdem er sich nackt ausgezogen und in unserer zinkbadewanne geschrubbt hatte, war er das familienoberhaupt, basta.
er entpuppte sich als der große verhinderer und despot. er war furchterregend durch knallharte ansagen und verbote, war laut und gewalttätig.
hatten wir bisher versucht, die sprache der dorfbewohner zu erlernen, kam er nun und polterte sein kasseler platt. ich fuhr jedesmal zusammen, wenn sein kasernenhofton erklang.
unsere mutter sprach mit uns ihr nicht sehr ausgeprägtes hohes deutsch.

an den tag und den ort kann ich mich noch erinnern als ich beschloss, nicht so zu sprechen wie mein vater, den wir vati nannten. erstmal versuchte ich den slang meiner jungen lehrerin nachzuplappern – so etwas wie frankfurterisch. später dann entschloss ich mich, hochdeutsch zu erlernen – aber woher. in kassel wurde kein hochdeutsch gesprochen. an was ich mich orientierte, kann ich heute gar nicht mehr sagen. es war ein langsames herantasten, ein bröckchen hier, ein bröckchen da, und niemand konnte sagen, woher ich komme.

zwischenzeitlich muß es ziemlich geheimnisvoll geklungen haben. und meinen vater trieb es auf die palme, brachte ihn zur weißglut. er unterstellte mir, ich wolle etwas besseres sein. auf jedenfall wollte ich nicht in seinen tonfall einstimmen. das wurmte ihn – ja, ja, ich sollte ja ein junge sein und war nur ein mädchen. deshalb hatte er mich auch von der schule genommen mit der begründung – mädchen heiraten ja doch.

spät erst, nachdem ich alle bildungseinrichtungen genutzt hatte, die mir offen standen, studierte ich grafik design mir schwerpunkt fotografie. danach reizte ich die möglichkeiten der germanistik aus – mit schwerpunkt ästhetische kommunikation. im kurs für ausländische studierende war ich diesjenige, die die korrekte aussprache hersagen durfte. erst da wurde mir bewußt, dass ich die leiter des hochdeutschen wohl aus eigenen kräften erklettert haben mußte.

heute früh im bett, wo mich immer mal wieder lichtblicke, denkbänder, blitzschläge oder grübelmonster heimsuchen, erinnerte ich mich an einen vorfall im st. gallener kunstmuseum.

ein seminar oder vortrag
ZUR ENTWICKLUNG UND EINSCHÄTZUNG VON BILDHAFTEM

ist bildhaftes, im pc erstelltes, KUNST

ich nahm mir das wort
war stolz auf mich
vor all den schweizer/innenn zu sprechen
und gab ein statement
von dem ich selbst nicht die geringste
ahnung hatte
also
ja
die entwicklung wird dahin gehen
dass kunst aus dem pc einmal als kunst
anerkannt wird usw. usw.

danach kamen zwei weissgekleidete frauen zu mir
lobten meine aussprache und den warmen klang
meiner stimme

schweizerinnen
die kunst machten
so stellten sie sich mir vor
ganz in weiss
also alles was sie umgab war weiss
sie erzählten von ihrem zuhause
wo alles weiß war
vom tisch bis zum schrank bis zur kaffeetasse
sie waren künstlerinnen, wie sie sagten

ich habe sie nie besucht
und wohl auch kein großes interesse gezeigt

aber geschmeichelt hat es mir doch
meine klanghafte stimme gerühmt zu hören

ich wagte mich auch an lesungen heran
rose ausländer z.b.
in der schweiz und in deutschland

sprechen ist nichts selbstverständliches
wenn doch, ist es geplapper

rosadora 09.08.2020

EINHUNDERTVIER UND NOCH VIEL MEHR..

WÄRE SIE HEUTE GEWORDEN – ANNA ELISABETH meine mutter…

und als ich in einem älteren text las:

…das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
gebt mir den name, den ihr mir immer gegeben habt,
sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
gebraucht keine andere redeweise,
seid nicht feierlich oder traurig.
lacht weiterhin über das,
worüber wir gemeinsam gelacht haben…

liefen mir die tränen über mein gesicht
und ich bin sonst kein bißchen weinerlich.
wahrscheinlich, weil mir bewußt wird, wie nah ich
selbst an diesem punkt bin – und immer
weiter dorthin gelange, wo uns die vorstellungen
und die worte fehlen.

deinen geburtstag
werde ich heute mit mirko feiern.
glückwünsche zu deinem gelungenen leben…
rosadora

WINTER ISTS und…

WINTERSTRÄUßCHEN…


weinraute für einen hauch duft
und schneeball für die zarteste farbe
und ein bißchen hiervon und ein bißchen davon
zusammen wirkt es aufmunternd und hoffnungsvoll


heute ist die allee menschenleer
aber die bäume sagen es
sie schlafen nicht
sie arbeiten schon an ihrem frühjahrsdress
eben königslinden…

GEORGIA O´KEEFFE AUF GHOST RANCH…

„Ich denke mehr über morgen nach als über heute oder gestern. Ich gehöre nicht zu denen, die dem Gewesenen nachtrauern. Ich glaube, ich könnte in einem Gefängnis leben, solange ich nur ein Stück blauen Himmel sehe.
Aber das hier ist meine Welt. Was man in den Städten sieht… nun ja, da ist mir der Blick aus dem Fenster auf Salbeibeete doch lieber.“

nun ja, GHOST RANCH ist alles andere als ein gefängnis. sie ist die GROSSE WEITE WELT im besonderen, befreiend und beängstigend zugleich, und wie geschaffen für eine künstlerin mit so viel fantasie und ausdruckskraft und starkem willen.

JOHN LOENGARD
GEORGIA O´KEEFFE AUF GHOST RANCH
SCHIRMER/MOSEL
2016

…….

https://www.fondationbeyeler.ch/ausstellungen/georgia-okeeffe
in der fondation beyeler/basel schweiz
ist noch bis zum juni eine ausstellung von GEORGIA O.KEEFFE
zu sehen
beyeler ist ein wunderbar geeigneter raum unf einfach
übersichtlicher als zwischen vielen anderen bildern in großen
galerieen..

DAS NEUE JAHR…

…WO BLEIBT ES DENN NUR

mir scheint, es läuft nur langsam an
fast läuft es rückwärts, denk ich dann

und fällt gleich von der leiter
und kommt kein bisschen weiter

obs an corona liegt, das kann schon sein
das wäre aber gar nicht fein

kommt gar nicht in die puschen
denkt doch nicht gar an pfuschen

nun mach schon mal, renn etwas schneller
ich stell auf den tisch schon mal die teller

lass froh uns sein und glück verspüren
glück ist grün und froh hat düren

und die ganze welt ist bunt
das ist gesund