FRAUNHOFER BAUSTELLE – 20. MÄRZ 2020….

TAG- UND NACHTGLEICHE….

ganz unverhofft
ein leises winken
verzweigt die botschaft
äste machen sich
auf den weg

ein gedicht wollte ich schreiben, aber der beton klebte nicht nur an den wänden.
die tag- und nachtgleiche ist aber auch hier zu spüren. deutlich länger sind die tage – die tage und die nächte gleichlang. das hat mich regelrecht überfallen. die warmen vortage liessen mich schon weit, weit tiefer ins frühlingsbeginnen fühlen.
die bäume sind vorsichtig, sie lassen sich nicht täuschen. ein bißchen sonne – naja…
in diesem jahr fängt mein frühjahr auf der baustelle an – nicht im urwald, wie all die jahre. ich tröste mich damit, dass die ursache eine wetterbedingte – sturm – ist und nicht meine beine, die mir streiche spielen – mal so, mal so… die baustelle hat auf sie, meine beine und meine intension, eine besondere anziehung. naja, dazu brauchts den frühling nicht unbedingt. zwischen die aufstrebenden fraunhofer gemäuer lockt es mich immer. aber bauleiter möchte ich nicht sein, wie reinhold vermutete. das fotografieren hat schon seine besonderen reize. bilderfinderin eben…

FRAUNHOFER NEUBAU – 18. märz 2020…

S U F I A N als fotograf…

,Von mir aus ist das kein Problem, wenn Du Sufian zum Fotografen ausbildest’ schreibt reinhold, der bauleiter.
es ist eine lösung – wenn auch nicht meine. weil ich nicht aufs dach darf, wegen der gefahren, die da lauern und, naja, wegen… ich nehme die hilfe gerne an. hilfe annehmen, das ist in meiner situation auf doppelte weise sinnvoll. arbeitsteilung akzeptieren. es ist und bleibt mein projekt.
100 fotos sage ich zu sufian und…. er kommt mit weit über 100 fotos vom dach. und nicht nur das – er ist ein guter schüler – hat viel gelernt beim beschützen und mitlaufen und schauen. vor allem beim schauen. sufian hat einen aufmerksamen blick, hat gespür für dimensionen und spannungen. viele gute blickwinkel hat er erwischt, fotos gemacht, die mir gefallen. vielleicht wars ein anfang – für was auch immer…
er war auf dem dach – vielmehr auf den dächern und auf den gerüsten, hat über den rand hinausgeschaut, oft weit ins umfeld und in ziemlich kurzer zeit. allmählich wird er herausbekommen, dass man ruhe braucht, um auswählen, um speziell gucken, den blick richten und korrigieren zu können, obgleich manchmal auch etwas blitzschnell erfaßt werden muß – je nach dem…
ich bin sufian dankbar für seine spontane hilfe und hoffe, dass ihn die begeisterung und das interesse fürs fotografieren gepackt hat. und gern komme ich auf seine hilfe zurück.

FRAUNHOFER NEUBAU KASSEL – 12. MÄRZ 2020

EINE WUNDERVOLLE BEHAUPTUNG…

 

 

das ist kunst, sagte st. und zeigte auf ein schlüssel…, ja was denn… und er weitete mit dem spruch meine sicht in dem moment. ich machte ein foto und siehe – es ist kunst. und gefällt mir sogar.
mir begegnete st. zum ersten mal auf dem fraunhofer grundstück und es entspann sich ein schönes gespräch – dass die arbeiter das lob verdienen und dass es ihm wichtig ist – wie mir auch.
kunst verbessert das leben nicht, aber es kann dazu führen, dass ich über das leben neu nachdenke. politische kunst vernachlässigt diesen aspekt meistens.
das schlüsselloch kann ebenso zur kunst auserkoren werden, wie die banane an der wand des künstlers Maurizio Cattelan, der diese für 120.000 dollar auf der Art Basel Miami verkauft haben soll.
kunst ist eine ganz wundervolle behauptung…

und das? natürlich auch kunst – die ergänzung und ein bißchen auch erklärung, oder…

FRAUNHOFER BAUSTELLE – MÄRZ 2020…

DER ZAUBER DES REGENTANZES…

der regen tut einer baustelle nichts. aber so man will, zaubert er geheimnisvolle gebilde. ich stolpere drüber und kann sie nicht lassen. die regentropfen tanzen, sie zeigen sich mir in ihrem verzücken. sie sind nicht von dauer, aber mir haben sie gezeigt, was sie vermögen. sie erheitern mir den tag – ich muß über ihre akrobatik lächeln – wenigstens das…

wie auf einer orgel spielen sie die leisesten töne. wenn du willst, kannst du sie hören…

FRAUNHOFER BAUSTELLE – MÄRZ 2020…

DER KRAN IST WEG…

REGEL regelt alles – schafft sogar einen kran von ungeheurer und beeindruckender höhe in die kniee, weg vom platz. ich sah ihn schon als dauerhaftes bauelement an. er war mein liebstes fotoobjekt – er schwang sich durch die lüfte – tanzte den kränetanz – winkte mir zu. immer war er da, an seinem platz. dass er einmal nicht mehr da stehen würde, konnte ich mir gar nicht vorstellen. es ist eine große enttäuschung für mich, zumal er schon abgebaut war, als ich am mittag vorbei kam. heulen half nicht. es galt, die situation zu akzeptieren. darum geht es eigentlich immer im leben – alles wieder und immer wieder neu.

regel täuschte einen neuen kran vor, aber er war so ganz anders. starr – einfach nur starr und vielleicht stark, das ja. ich fotografierte ihn, als sei er der alte, mein kran. er konnte mich nicht beeindrucken..

so ein gewusel – und gleich ist alles vorbei…

FRAUNHOFER BAUSTELLE – FEBRUAR 2020 II…

BEWÖLKT UND BESONNT…

schöne fotos passieren einfach… blitzschnell mein blick und… da ist bewegung drin – die wolken spielen mit.

und die menschen. sie erstellen das baukunstwerk. sie wuseln bei sonne regen und wind. kommen von überall her und es klappt besser als beim turmbau zu babel. ich bewundere ihr tun. ob sie dabei immer nur freude haben, sei dahin gestellt. ich begrüße sie mit handschlag und zeige meine bewunderung durch ein lächeln. winken ist auch eine möglichkeit. gestern erklärte ich einem arbeiter das wort WINKEN. er gibt mir kund, dass er mich nicht verstehe. mit gesten und zappeln erkläre ich das wort WINKEN. winken ist eine wortlose geste, die jeder versteht.

arbeiten am bau hat viele facetten und oft haben die arbeiter die arbeiten, die sie verrichten sollen, noch nie gemacht. das stelle ich mir kompliziert vor. fotografieren hat auch viele facetten. die wahrnehmung und das sehenkönnen spielen dabei eine enorme rolle. schnell mußt du auch sein, wie bei so einem blitzfoto…

und die arbeiter beim werkeln. mal ist es warm, mal ist es kalt, heiß oder regnerisch. es gibt kein entkommen. den großen bau sieht man wachsen, die vielen kleinen arbeiten übersieht man gern. sie sind einfach schlechter zu durchschauen, geschweige denn, zu begreifen.

alle haben irgendwie neue jacken an, so scheint mir, wie ich auch, von der firma hornbach. ihre sind in china gemacht – meine in deutschland – geht doch… die ai weiwei-westenkunstaktion mit der HORNBACH wird noch viele debatten auslösen, denke ich mal…

sufian zeigt mir noch die große halle. hier wird in zukunft experimentiert, geforscht und probiert. und alles wird von oben begutachtet und besehen werden.

und die roten räume – in schw.weiß nicht zu erkennen. sie sind jetzt rot, bleiben aber nicht rot. es ist nur die farbe einer vorstreichfarbe. sehr beeindruckend und für einen bau aussergewöhnlich und freude bereitend…

rund – hoch – eckig – formen- und farbenkunde auf höchstem niveau – so frau will…

ja, ich will – und dementsprechend fällt die zahl meiner vergleichsfotos aus. alles will gesehen werden – alles auch beachtet. es gibt keine tote materie und das lässt sie mich, die materie, hier deutlich spüren. sie lockt mich, fordert mich auf und heraus. stunden könnte ich hier verbringen und meine blickwinkel ständig verändern. allein, ganz allein möchte ich stöbern und finden, ohne auch nur die geringste angst des verlorengehens. die materie weiß das auch und sie tolleriert das und mich auch. das ist ein gutes gefühl. die bilder sprechen davon………

FRAUNHOFER BAUSTELLE – 25. FEBRUAR 2020 …

…UNTER BEWÖLKTEM SONNENHIMMEL…

 höher geht es nun nicht mehr. man ist ganz oben angekommen. da hinauf geht es für mich nicht. sufian sagt, es liegt und fliegt so viel zeugs herum. da werden die gerüste  abgebaut – das ist gefährlich. fast bin ich traurig, und dann gibt es doch noch einen höhepunkt für mich.


die galerie zum steigen und sitzen, noch im entstehen, aber schon vorstellbar. in gedanken fülle ich sie mit menschen, die hier neugierig auf die bilderwand schauen. ich denke mir hier meine fotoausstellung und spule ab, wie das sein könnte. und filme – unbedingt filme…

viel luft nach oben – das ist gut. langsam eröffnet sich in mir ein bild von den noch entstehenden räumlichkeiten. und mit menschen belebt ist es für mich ein guter ort…

fortsetzung: nächste seiten

SAFETY JACKETS…

Zipped the Other Way…

Kunst für alle

Als HORNBACH mich für dieses Projekt anfragte, war ich sofort begeistert. HORNBACH ist ein Unternehmen, das einen Bezug zum täglichen Leben der Menschen hat. Die Produkte befassen sich sowohl mit den praktischen Aspekten des Lebens als auch mit den dekorativen und angenehmen.

Kunst gehört allen. Alle können Künstler sein oder haben die Möglichkeit, Kunst zu schaffen. Kunst macht die Welt vielleicht nicht zu einem besseren Ort, aber sie hat die Macht, uns zu besseren Menschen zu machen.

ai weiwei

AI WEIWEI – ROSADORA – HORNBACH

KUNST aus dem museum holen – das ist es. nicht bildchen anschaun – wie hieß der doch noch??? nicht geld und kommerz als grundlage, sondern das leben – das leben der menschen – bei mir am FRAUNHOFER die menschen am bau, die menschen, die die arbeit machen. sie geben ihr leben, sie verlassen ihre heimat, um durchzukommen mit dem bißchen geld, das sie hier verdienen, verglichen mit den kunstpreisen, die gehandelt werden.

die sicht auf die dinge muß verändert werden – unbedingt – in dieser überbordenden welt-geschichte. die menschen müssen andere werden. das ist schwer, aber es muß sein, sonst…
als ich gestern zu hornbach kam, wußten die noch gar nicht von ihrem glück, dass sie mit ihren warnschutzjacken das neue werk von AI WEIWEI ausstatten, geschweige denn, dass ich sie bei ihnen kaufen könnte. ich muß in vorleistung gehen und sie bestellen die jacken – was weiß ich wo… und in zwei, drei tagen kann ich sie mir dann abholen, oder zuschicken lassen – jenachdem.
schlechtes beginnen, schlechter eingang in das kunstprojekt. dass es sich noch ein bisschen herum spricht in kassel und auch sonst.
…THE OTHER WAY – das ist es doch…

Safety Jackets Zipped the Other Way von HORNBACH & Ai …

www.hornbach.de › aiweiwei

FRAUNHOFER BAUSTELLE KASSEL…

ZUSAMMENBRUCH und WIEDERAUFBAU…

die einmaligkeit der bilder im zusammenbruch besteht u. a. darin, dass sie nicht wiederholbar sind. der abbau des zoll- und verladebahnhofs kassel bot mir solche bilder in hülle und fülle, nicht zuletzt deshalb, weil ich fast täglich auf der baustelle war, um das ganze zu beobachten und um zu verstehen. ich verstand, dass letzte teile des vom krieg zerstörten und versehrten kassels hier niedergerissen wurden – unwiederbringlich.

in meinem film sage ich, dass in allem hässlichen auch etwas schönes zu finden ist und man es nur so ertragen kann. fotografisch gesehen setzte ich mit überdimmensionalen wolkengebilden noch ein sahnehäubchen drauf. so entstanden unwahrscheinlich schöne bilder.

diese dimension gelingt mir nun bei meinem wiederaufbauprojekt nicht. zwar schätze ich auch hier das spiel der wolken und fange sie mit ein, aber die gleiche wirkung haben sie lange nicht.

wiederaufbau – in dem ausmaß, wie ihn fraunhofer werden läßt, ist ziemlich langwierig und streckenweise auch sehr langweilig. immer bleibe ich an den scheinbar nebensächlichen dingen hängen, wie materialien – noch nie gesehenen und mich verführenden. art und farben und formen finde ich überwältigend, die den wiederaufbau in der betrachtung sehr zähflüssig gestalten.

das staunen hört nicht auf. immer neues fällt mir ins bild. eine große zerknautschte plastikplane, sich in einer noch größeren wasserlache spiegelnd – das ist für mich kunst. kunst, die überrascht, sich in meinen blicken einschmeichelt – nebeneffekte, die einfach da sind und mich erfreuen. und davon gibt es genug.

vielleicht sollte ich nach beendigung des werkes – das für mich auch ein kunstwerk ist – ein bild vom fertigen gesamtbau einstellen, um für ungeduldige den wiederaufbau zu dokumentieren.
und noch eines vom abbau, damit das ab und auf sichtbar wird.

…Kassel und seine Nachkriegsgeschichte lieferten dafür ein historisches Beispiel… sagt caroline bakargiev bei der 13. documenta.
und hier – das beispiel noch einmal sichtbar gemacht.
rosadora